Die verrückte Karriere von Vaduz-Goalie Büchel
Vor zwei Jahren Elektroinstallateur – heute Super League!

Von der Baustelle ins Profileben nach England. Und vom Wembley wieder zurück auf den harten Boden der Amateur-Realität in Thalwil. Benjamin Büchels Karriere ist ein Auf und Ab – mit 31 spielt er nun erstmals im Schweizer Oberhaus.
Publiziert: 04.10.2020 um 13:19 Uhr
Marco Pescio

Die Ecke hat er richtig antizipiert. Blitzschnell geht er zu Boden – und krallt sich den Schuss von St. Gallens Jordi Quintilla! Es läuft die 94. Minute im Rheinpark-Stadion. Und Benjamin Büchel (31) sorgt mit seiner Parade dafür, dass der Espen-Captain erstmals in der Super League einen Penalty verschiesst.

Doch richtig freuen kann sich die Vaduzer Nummer eins nicht. Sekunden später ist Abpfiff, die Liechtensteiner verlieren 0:1. Null Lohn für eine erneut ansprechende Leistung, nachdem der Aufsteiger zum Auftakt schon mit einem 2:2 in Basel hat aufhorchen lassen.

Einige Tage danach hat sich Büchels Ärger gelegt. Er weiss genau, wie nahe Erfolg und Misserfolg beieinanderliegen. Das hat ihm sein Werdegang auf die harte Tour beigebracht. Auch deshalb streicht er jetzt lieber die positiven Dinge hervor: «Wir sind ein hungriges Team, das immer alles reinhaut. Ich traue uns absolut zu, dass wir die Klasse halten werden.» Hungrig? Das ist auch Büchel mit seinen 31 Jahren noch. Wie viele seiner jüngeren Vaduzer Teamkollegen spielt auch er erstmals in seiner Karriere in der Super League.

Kein Lohn für den gehaltenen Penalty gegen St. Gallen: Büchels FC Vaduz verliert am Ende mit 0:1.
Foto: Marc Schumacher/freshfocus
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Ein Traum, der noch vor zwei Jahren kaum mehr erreichbar schien. Aber alles der Reihe nach: Büchel wächst in der Liechtensteiner Gemeinde Ruggell auf, spielt erst für die landesweite Nachwuchsauswahl, später für 1.-Ligist USV Eschen/Mauren. Mit 19 gibt er gegen die Slowakei sein Debüt im Nationalteam. Wie manch anderer Liechtensteiner Internationaler geht der Keeper aber noch einem anderen Beruf nach. Der junge Beni arbeitet nebenbei als Elektroinstallateur – und zwar bis ins Alter von 22 Jahren.

«In England wartet niemand auf den kleinen Liechtensteiner Torhüter»

Dann will er endlich den Sprung ins Profileben forcieren. Was folgt, ist eine verrückte Odyssee durch Englands untere Ligen. Der damalige Drittligist Bournemouth holt den 1,87 Meter grossen Goalie auf die Insel. Torhüter-Trainer Neill Moss, heute noch immer in derselben Funktion, hält grosse Stücke auf ihn. Büchel trainiert in Bournemouth, spielt am Wochenende aber bei einem Leihklub in der Provinz. Erst bei Dorchester, dann bei Poole, Havant & Waterlooville und Welling. Trotz Förderer Moss vermag er sich in Bournemouth, das rasch in die 2. Liga aufsteigt, nicht durchzusetzen.

«Es hat mir gut getan, mal aus der Komfortzone von zu Hause auszubrechen. In England wartet niemand auf den kleinen Liechtensteiner Torhüter. Das hat mein Durchsetzungsvermögen geschärft», so Büchel. Erst bei Oxford United, im vierten England-Jahr, schlägt seine Stunde. Er ist endlich Stammkeeper, steigt mit «The U’s» in die dritthöchste Liga auf – und spielt im Cup-Final der League One und League Two. Im legendären Londoner Wembley. Vor 60 000 Zuschauern. Nur das Resultat stimmt nicht. 2:3 gegen Barnsley.

Bitter für Büchel: Mit dem Aufstieg ist auch sein Platz als Nummer eins wieder weg. Erst noch gefeierter Aufstiegsheld, dann wieder nur Reservist...

2017 beschliesst er mit Freundin Patrizia (30), einer Italienerin, die er in Oxford kennengelernt hat, in die Schweiz zu ziehen. Die Karriere will er nicht aufgeben, doch die Klubsuche gestaltet sich zunächst zäh. So zäh, dass Büchel auf seinen alten Beruf zurückgreifen muss. Ein Jahr lang arbeitet er wieder als Elektroinstallateur – und steht daneben in der 1. Liga beim FC Thalwil zwischen den Pfosten. Bis der FC Vaduz anklopft, mit dem der mittlerweile 30-fache Internationale in seiner zweiten Saison in die Super League aufsteigt.

Einst im Wembley, dann zurück auf dem Bau und nun am Sonntag im Wankdorf, fürs Duell mit Meister YB. «Eine aussergewöhnliche Geschichte», meint auch Büchel schmunzelnd, «aber ich würde rückblickend nicht viel daran ändern.»

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Lugano
FC Lugano
6
4
13
2
Servette FC
Servette FC
6
-3
12
3
FC Zürich
FC Zürich
5
6
11
4
FC Luzern
FC Luzern
6
4
11
5
FC Basel
FC Basel
6
9
10
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
5
5
10
7
FC Sion
FC Sion
6
4
10
8
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
6
-4
5
9
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
6
-4
4
10
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
6
-7
4
11
FC Winterthur
FC Winterthur
6
-7
4
12
BSC Young Boys
BSC Young Boys
6
-7
3
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