Barnetta trotzt den Kritikern
«Was andere sagen, ist mir egal»

Keiner verkörpert den FC St. Gallen besser als Tranquillo Barnetta (32). Seit bald einem Jahr ist er nun zurück. Dass nicht alles perfekt war, weiss er selbst.
Publiziert: 17.11.2017 um 15:13 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 11:50 Uhr
Michael Schifferle

Seit 54 Jahren hängt das Herz von Sylvia Fuhrimann am FC St. Gallen. Am Montag tritt die Kleinaktionärin an der Generalversammlung des Klubs ans Rednerpult. Sie rügt die Klubführung, scheint den Tränen nah. Dann sagt sie: «Aber hinter der Mannschaft stehe ich, volle Pulle! Den Tranquillo sah ich ja bereits vor 15 Jahren.»
Es sind Momente, die «dem Tranquillo» guttun, die zeigen, wie sehr es richtig war, im Winter zum FC St. Gallen zurückzukehren, «heimzukommen», wie er es angekündigt hatte. Er sagt: «Ich habe mein Versprechen gehalten. Aber nicht nur für die Fans, auch für mich.»
Nah an der Familie sein, spontan mit Kumpels mittagzuessen, zu jassen – das kann er nun wieder, nach mehr als zwölf Jahren in der Fremde, in Hannover, Leverkusen, Gelsenkirchen, Frankfurt und Philadelphia. Barnetta: «Ein Luxus.»
Störend ist höchstens, dass er über Probleme Auskunft geben muss, für die er nichts kann. Für die Funktionärskrise, die den Klub ergriffen hat. «Wir können nur erfolgreich spielen, Ergebnisse liefern. Gut ist sicher, wenn neue, unbelastete Leute hinzukommen. Das schafft Vertrauen.» Leute wie der noch zu bestimmende Sportchef.
Die, die ihn holten, sind weg: Präsident Dölf Früh, Sportchef Christian Stübi und Trainer Joe Zinnbauer. «Das lässt dich nicht kalt», sagt Barnetta. Gerade im Fall von Früh, «der so viel für den Klub geleistet hat». Auch über Zinnbauer verliert Barnetta kein schlechtes Wort. Er sagt jedoch auch: «Manchmal sind Trainerwechsel nötig.»
Unter Giorgio Contini läufts. Vierter sind die Espen, zwei Punkte hinter dem FC Basel.
Barnettas Rolle? Dass sein Zenit überschritten sei, andere mehr am Aufschwung beteiligt sind, wie Kritiker behaupten? Barnettas Teamkollegen widersprechen unisono, betonen seinen Wert.
Und Contini sagt: «Einige Leute glauben, er müsse wie vor 15 Jahren die Aussenbahn rauf- und runterrennen, Flanken schlagen und die auch noch selber im Sechzehner verwerten.» Die Zeiten von Flügelwirbel Barnetta sind vorbei. Er spielt zentral, meist hinter der Spitze. Contini: «Da ist er unheimlich wichtig, mit seiner Präsenz, seinen Anweisungen.» Barnetta sagt: «Natürlich bin ich nicht der grosse Goalgetter, hätte ich vielleicht auch öfter mal etwas Entscheidendes probieren können. Aber meine Rolle ist nicht mehr so spektakulär wie einst, sondern taktischer.»
Wenn jemand seine Rolle falsch interpretiert und glaubt, er sei nur noch Ersatzspieler, weil er wie zuletzt in Luzern 90 Minuten auf der Bank sitzt? Dessen Problem. «Was andere sagen, ist mir egal.»
Er hat erlebt, wie Frankfurt-Fans die Spieler auf dem Trainingsplatz in die Pflicht nahmen. Derbys mit Schalke gegen Dortmund. «Wir wussten: Wenn wir verlieren, ist Feuer im Dach.» Barnetta ist mit sich im Reinen. Er hatte seine grosse Zeit.
Zu seinen 75 Länderspielen kommt wohl keines mehr hinzu. Dass Vladimir Petkovic ihn im Frühjahr 2015 nicht aufbot, obwohl er damals bei Schalke Stammspieler war, und er dies aus noch dem Internet erfuhr – das ärgerte ihn. Barnetta damals: «So etwas habe ich in elf Jahren Nati noch nie erlebt.»
Ein definitiver Rücktritt ist jedoch auch kein Thema. «Warum auch? Ich war ja eh nicht mehr dabei.»
Nun will er die St. Galler glücklich machen. Sylvia Fuhrimann würde es ihm danken.

«Ich habe mein Versprechen gehalten. Aber nicht nur für die Fans, auch für mich», sagt Tranquillo Barnetta.
Foto: Marc Schumacher/freshfocus
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