Aratore und Shaq waren einst auf Augenhöhe
«Wir waren zu klein – also mussten wir auf die Flügel»

Marco Aratore (26) ist St. Gallens Mann der Stunde. Talent hatte der Basler immer. Nur ans Verteidigen musste er sich erst gewöhnen.
Publiziert: 19.09.2017 um 23:38 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:24 Uhr
Michael Schifferle

Lange sind sie ein Duo, klein an Statur, gross an Talent, Jahrgang 1991 beide. Ein Gespann, das jede Hürde im FCB-Nachwuchs locker nimmt. Erst im Angriff, später auf den Aussenbahnen. «Im Angriff wurde es von der U18 an zu eng für uns – wir waren zu klein», sagt Marco Aratore und lächelt. «Also wurden wir zur Flügelzange.»

Wir? Das sind er und Xherdan Shaqiri, der heutige Nati-Star. Aratore überragt seinen früheren Kumpel heute mit 1,77 m  um acht Zentimeter.

Sportlich sind sie lange auf Augenhöhe. Meistertitel und Cupsiege – gewöhnlich für die Hochbegabten. Im Mittelfeld führt Taulant Xhaka die Regie.

Ballfertig: Aratore beherrscht die Kugel – mit der Hand und mit dem Fuss.
Foto: Herve Le Cunff
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2009 dürfen Aratore und Shaq ins Trainingslager der ersten Mannschaft – als Jüngste. Trainer Thorsten Fink preist Aratore als «Riesentalent», der darf im Europacup und im Schweizer Cup ran. Für den FCB, den Klub, dem er als Achtjähriger beitrat. Den Klub, für den schwärmen muss, wer gleich neben dem Rankhof aufwächst. Er sagt: «FCB – das hast du einfach drin.»

Peter Knäbel, damals Basler Nachwuchschef, später beim Verband und Sportchef beim Hamburger SV, erinnert sich: «Shaqiri, Xhaka, Aratore – das war damals dieselbe Talent-Kategorie.»

Dann kommt der Bruch. Nach einer Achillessehnenentzündung und schwindenden Einsätzen geht Aratore im Frühjahr 2010 leihweise zu Thun. Zu «Taktikfuchs» Murat Yakin.

Im Mai selben Jahres lädt ihn der FCB auf zwar noch auf den Barfi-Balkon ein – als Double­sieger fühlt sich Aratore nicht. «Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich so richtig dazugehöre – schliesslich hatte ich in der Liga nicht gespielt.»

Näher kommt er dem Eins des FCB jedoch nicht mehr. Nach einem weiteren Leihwechsel nach Aarau teilt ihm FCB-Sport­direktor Georg Heitz das Ende seiner FCB-Zeit mit. Aratore glaubte, sich mit 13 Toren und 12 Assists in 15 Spielen in der  U21 nochmals aufgedrängt zu haben. «Das war ein Schlag», sagt er. Shaq, die andere Hälfte der Flügel­zange, ist da schon bei den Bayern.

Was hinderte Aratore am Durchbruch – Verletzungen, gnadenlos gute Konkurrenz? Bestimmt auch. Knäbel: «Letztlich hat es einfach nicht ganz gereicht – andere waren im entscheidenden Moment einfach weiter als er.»

Aratore ist fähig zu Selbst­kritik. «Ich habe lange vom Talent gelebt, war vielleicht etwas zu locker.» Der totale Biss, die letzte Hingabe – sie waren bei anderen ausgeprägter. An Aratores Charakter zweifelt jedoch keiner. Knäbel: «Ein hoch­anständiger junger Mann.»

Einer, der auch keine Mühe hat, seinen Kumpels die ganz grosse Bühne zu gönnen. Was nicht heisst, dass er anfangs nicht zu beissen hatte, wenn er sie am TV sah, in der Allianz-Arena, im Old Trafford.

«Familienmensch»: Papa Aratore mit Damiano (2).
Foto: Keystone

Das private Glück hilft, gelassen zu sein. Seit 2014 ist er mit Sabrina verheiratet, seit der Schule kennen sie sich. Elia-­Leandro (4) und Damiano (2) machen sie zu stolzen Eltern. Sein Chef, Espen-Coach Giorgio Contini, sagt: «Ara ist ein totaler Familienmensch, ge­erdet. Er passt hervorragend in die Ostschweiz.» Aratore selbst fühlt sich längst als Espe.

Bescheidenheit hätten ihn seine Eltern gelehrt. Dazu passt, dass Aratore als 16-Jähriger bereits Angebote aus Italien und England erhält – er fiel bei einem Vierländerturnier auf. Der Vater besteht darauf, dass
er seine Lehre macht.

Aratore ist auch einer, der sich fürs Team zerreisst, keine Dünkel kennt. Bezeichnend, was Ex-GC-Profi Roland Schwegler sagt, der soeben mit Linth im Cup auf die St. Galler traf. «Aratore interessiert nicht, gegen wen und mit wem er spielt, er gibt immer Vollgas.»

Nur Defensivarbeit – sie leistet er lange nicht allzu gerne. Und Gründe, dies zu ändern, sieht er vorerst nicht. Wieso auch? Die FCB-Junioren kennen fast nur eine Richtung: nach vorne! Erst unter Jeff Saibene, der ihn 2014 von Winterthur zu St. Gallen holt, macht es «klick», wie Aratore sagt. Heisst: Er verteidigt auch diszi­pliniert.

Unter Joe Zinnbauer muss er dies vermehrt. Der setzt auf ein 3–5-2, wo Aratore die ganze Aussenbahn besetzen muss. Contini wählt meist ein 4-2–3–1 mit dem Basler auf dem linken Flügel.  «So ist er mehr im Strafraum, mehr im Abschluss.» Fünf Pflichtspieltore, eines mehr als in der ganzen letzten Saison, belegen den Wert der Massnahme.

Auch am Mittwoch? Den FCB sieht er neutral. «International drücke ich ihm die Daumen.»

Am Ehrgeiz, den Baslern zu zeigen, was er kann, ändert dies aber nichts.

Verfolgen Sie die Partie zwischen St. Gallen und Basel ab 20.00 Uhr live auf BLICK.

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