Rapperswil-Präsident Delli Colli schlägt Alarm
«So haben wir keine Chancen zum Überleben!»

Rocco Delli Colli, der Präsident von Rapperswil-Jona, schlägt nach dem zweiten Lockdown Alarm. Und er kann nicht verstehen, weshalb der Verband kein Schutzkonzept ausgearbeitet hat.
Publiziert: 30.10.2020 um 17:02 Uhr
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Aktualisiert: 01.11.2020 um 12:41 Uhr
Michael Wegmann

BLICK: Rocco Delli Colli, die Promotion League wurde erneut wegen Covid-19 unterbrochen. Verstehen Sie diesen Entscheid?
Rocco Delli Colli: Wir dürfen uns jetzt nicht mit irgendwelchen Schuldzuweisungen gegenseitig kaputtmachen. Die Fallzahlen sind beängstigend und die Gesundheit geht natürlich vor. Aber ich bin der Meinung, dass es in der Promotion League nie hätte soweit kommen dürfen.

Sie haben schon im Mai den Schweizerischen Fussballverband und die 1. Liga kritisiert, weil die Meisterschaft abgebrochen wurde, andererseits der FC Rapperswil-Jona das Cupspiel gegen Sion dennoch bestreiten musste…
… Es geht mir nicht um mich oder um den FC Rapperswil-Jona. Ich bin nicht Einzelkämpfer Rocco Delli Colli auf einer Mission. Es geht mir um die Sache. Die Teams in der Promotion League müssen diverse professionelle Anforderungen erfüllen. Wenn es dann aber drauf ankommt, werden wir wie Amateure behandelt. Das kann doch nicht sein! Die Strukturen müssen verändert werden.

Können Sie ein bisschen konkreter werden?
Die Promotion League ist eine wichtige Ausbildungsliga für Schiedsrichter, Trainer und Spieler. Die Liga ist national, das heisst, dass die Klubs für die Spiele durch die ganze Schweiz reisen. Von Bellinzona bis Sion. In dieser Liga spielen die Reserveteams von Basel, Sion und dem FCZ. Alle Teams müssen professionelle Strukturen bieten. Wir zum Beispiel haben einen professionellen Trainer, Assistenztrainer, Physiotherapeuten, Athletiktrainer, Goalietrainer. Zusätzlich haben wir noch acht Hundertprozent-Stellen im Nachwuchs. Unsere erste Mannschaft trainiert siebenmal die Woche.

Der Spielbetrieb der Promotion League ist wegen Covid-19 wieder unterbrochen worden.
Foto: freshfocus
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Wie viele Profifussballer spielen bei Rapperswil?
Knapp 20 von ihnen sind keine Amateure. Und wir sind nicht allein. Über die Hälfte der rund 300 Fussballer in der Promotion League sind Profis. Es werden rund 15 Mio. Franken an Salären in dieser Liga ausbezahlt.

Wie viel verdient ein Fussballprofi bei Ihnen im Schnitt?
Zwischen 500 für die jungen Studenten und 3000 Franken netto. Sie sehen: Aus sportlicher wie auch aus wirtschaftlicher Sicht ist die Promotion League keine Amateurliga. Trotzdem werden wir behandelt wie die grössten Amateure.

Was haben Sie erwartet?
Dass der Verband in den letzten Monaten für die Promotion League ein strengeres Schutzkonzept ausgearbeitet hätte, analog der Super League und der Challenge League. Dann hätten auch wir die restlichen vier, fünf Runden vernünftig fertig spielen können. Für dieses Jahr ist es nun zu spät. Aber es braucht ein Konzept. Dieser Virus wird nicht einfach so verschwinden. Der Fussball muss wohl oder übel mit ihm leben lernen und nicht alle drei Monate wieder unterbrochen werden. Der SFV muss dazu seine Strukturen anpassen – das Dreikammersystem mit Amateurliga, 1. Liga und SFL ist veraltet. Wir brauchen einen starken SFV und parallel eine Profistruktur.

Was bedeutet dieser Unterbruch für Ihren Klub?
Vor allem Ungewissheit. Es ist wieder ein Lockdown. Zurzeit habe ich keine Ahnung, wie es weitergeht und viele Fragen. Unter anderem: Was meinen unsere Sponsoren? Unsere Gönner? Unsere Donatoren? Seit Januar konnten wir wegen Corona unseren Teil der Vereinbarungen nicht mehr erfüllen. Wie lange haben sie noch Geduld? Und entscheidend: Gibts wieder eine Ausnahmeregelung, dass man auch für unbefristete Arbeitsverträge Kurzarbeit beantragen kann. Falls dies nicht so sein sollte, hätten solche Vereine wie wir keine Chance zum Überleben.

Die Spieler könnten weder arbeiten noch Kurzarbeit beziehen…
… So ist es. Um Unterstützung zu bekommen, müssten die Fussballer ihren Vertrag freiwillig auflösen und stempeln gehen. Das macht keiner.

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