Nati-Trainer Vladimir Petkovic jammert wieder über Medien
«Die Kritik ist lächerlich!»

In einem Interview lässt der Schweizer Nationaltrainer Vladimir Petkovic (56) seinem Frust freien Lauf. Frust über Medien und fehlende Anerkennung.
Publiziert: 26.10.2019 um 08:59 Uhr
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Aktualisiert: 26.10.2019 um 09:53 Uhr

«Ich bin ich. Ein unkonventioneller Trainer, der mit unkonventionellen Methoden von ganz unten nach ganz oben gekommen ist», sagt Vladimir Petkovic auf die Frage, wer er denn sei. Im Interview mit Titeln des «Tamedia»-Verlags spricht sich Petkovic den Frust von der Seele.

«Ich spüre Wut in meinem Bauch», erklärt der Trainer, der seit fünf Jahren und sieben Monaten an der Seitenlinie der Schweizer Nati steht. «Aber ich kann damit umgehen», so Petkovic.

Und weiter: «Ich werde von gewissen Medien immer wieder infrage gestellt. Wenn ich aber in der Schweiz unterwegs bin, ist das Gegenteil der Fall. Da schätzen mich die Leute sehr, da habe ich nie ein negatives Wort gehört.» Mit gewissen Medien meint Petkovic auch die Boulevard-Medien: «Ja, vor allem. Aber auch andere versuchen, Einfluss zu nehmen.»

Nati-Trainer Vladimir Petkovic ist «wütend».
Foto: TOTO MARTI
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«Ich wehre mich»

Petkovic fühlt sich ungerecht behandelt von der Schweizer Medienlandschaft: «Es ist einfacher, Vertrauen zu geben, wenn ich Vertrauen spüre. Doch das ist nicht immer passiert und führte dazu, dass ich eine gewisse Distanz gegenüber Journalisten wahren muss, bei denen ich negative Gefühle spüre.»

Diese negativen Gefühle führt Petkovic aus: «Es geht um Vorbehalte mir gegenüber. Ich habe immer wieder probiert zu verstehen, warum gewisse Schweizer Medien so kritisch sind. Heute versuche ich das nicht mehr. Heute nehme ich halt manchmal einen Stein aus meinem Rucksack und werfe ihn zurück, ich wehre mich. Mir ist bewusst: Negative Berichterstattung bringt mehr Publizität, Polemik steigert die Auflage.»

Ob denn der Hang zur Polemik in der Schweiz besonders ausgeprägt sei, wird der Nati-Coach gefragt. «Nicht unbedingt», so Petkovic. «Ich möchte das nicht verallgemeinern. Aber früher bei YB war es meine Dreierkette in der Abwehr, über die jahrelang geschrieben wurde – heute ist dieses System weltweit in Mode. Manche Dinge, die sich positiv entwickeln, sieht man vielleicht erst, wenn ich weg bin. Und in den letzten Jahren gingen die einen oder anderen Journalisten systematisch vor, um meine Arbeit immer wieder zu kritisieren. Ich denke, dass ich manchmal falsch verstanden worden bin.»

«Fall Shaqiri war eine Kampagne gegen mich»

Über die Kommunikationspanne im Fall Shaqiri sagt Petkovic: «Was war nicht gut bei Shaqiri?» Man habe erst verkündet, dass Shaqiri auf eine Nati-Aufgebot verzichte, dann aber den Fall erst Tage danach erklärt. Petkovic: «In dieser Medienmitteilung ging es um die Nationalmannschaft und alle ihre Spieler …» 

Aber Shaqiri sei doch der prominenteste Schweizer Fussballer. Darauf entgegnet Petkovic: «Ja, und ich sagte unter anderem, einige Dinge hätten sich nicht so gut entwickelt, deshalb brauche Shaqiri Erholung. Ich empfand die Berichterstattung in diesem Fall als eine Kampagne gegen mich, denn ich bin ja ständig im Austausch mit allen Spielern. Letztlich kommuniziere ich nicht, um populär zu sein, sondern dann, wenn alles mit allen involvierten Personen besprochen worden ist. Und ich war ja dann bei Shaqiri, er ist und bleibt ein sehr wertvoller Spieler für uns.»

«Dass ich zu wenig reise, ist lächerlich»

Ob er Versäumnisse aufgearbeitet habe, als er auch Stephan Lichtsteiner und Roman Bürki besucht habe? «Überhaupt nicht», so Petkovic. «Ich habe die Situation bewertet und entsprechend reagiert. Aber: Ich war schon früher bei Lichtsteiner, ich war schon früher bei Shaqiri, ich war überall. Die Kritik, dass ich zu wenig reise, ist lächerlich.» Auch, dass der neue Nati-Direktor Pierluigi Tami von ihm verlangt habe, dass er die drei Spieler besuche, verneint Petkovic vehement: «Es war alles abgesprochen. Ich halte das für ganz normale Vorgänge. Und: Wann ich zu einem Spieler fahre, das entscheide ich.»

Von Kommunikationspannen bezüglich Lichtsteiner will der Nati-Trainer nichts wissen. «Überhaupt nicht. Es war zwischen uns von der ersten Minute an alles klar. Ich habe ihm wie allen anderen gesagt: In der Nations League will ich jungen Spielern eine Chance geben – und so war es dann auch. Ich sehe keinen Grund, daraus eine Polemik zu entwickeln. Sie können von allem einen Eindruck bekommen, auch doppelte oder dreifache Eindrücke. Wichtig sind aber die Fakten.»

Manchmal sensibel und dünnhäutig, mache er auch mehrfach den Eindruck, die Medien-Berichterstattung sei ihm egal. Wo denn die Wahrheit liege, wird Petkovic gefragt. «Ich bin ein Mensch. Mit Emotionen, mit Gefühlen. Doch zum Glück kann ich das sehr gut kontrollieren und lerne jeden Tag dazu. Und wenn ich immer wieder lese, meine Kommunikation sei ein Problem, dann entgegne ich: Ich bekomme viel positives Feedback dafür», so Petkovics Antwort.

«Nati ist wie meine Familie»

Ob er mit diesem Interview in die Offensive gehe, weil er erkannt habe, dass er aktiver informieren müsse, wird Petkovic gefragt. Der Coach: «Warum? Erzählen Sie immer allen, was Sie mit Ihrer Frau oder den Kindern gemacht haben?» Es gehe hier aber um die Schweizer Nati. Petkovic: «Und diese ist wie meine Familie. Was innerhalb des Teams passiert, bleibt dort. Auch wenn es Sie noch so interessiert. Ich bin überzeugt, dass die Leute das verstehen.»

Nach der WM etwa flammte Kritik auf, weil es keine Medienkonferenz gab. Auch die Trennung von Valon Behrami endete im Streit. Petkovic entgegnet: «Wir wollten die Medienkonferenz wenige Tage später in Lugano nachholen, die Geschichte entwickelte eine eigene Dynamik. Wir hätten nicht so lange warten dürfen. Im Nachhinein ist alles einfacher zu beurteilen. Und ich warf keinen Spieler raus, das war keine endgültige Entscheidung, ich wollte jüngere Fussballer testen. Dieser Plan war klar formuliert.»

Dafür, dass ihm seit dem WM-Out in Russland die Lockerheit fehle, er streng wirke und so seinem öffentlichen Ansehen schade, nennt Petkovic den Grund: «Das hängt damit zusammen, dass so negativ berichtet wird.»

«Ich arbeite nicht für die Medien»

Es helfe ihm doch, wenn er sich regelmässig erklären und nicht rar machen würde. Petkovic: «Haben Sie darüber nachgedacht, was der Grund ist? Der Doppeladler, die Polemiken, die Unruhen im Fussballverband … Es gibt Momente, in denen ich mit Ihnen nicht über Fussball reden könnte, sondern über alles andere. Und ich arbeite nicht für die Medien.» Und mit lauter Stimme fährt er fort: «Ich arbeite für den Verband, für den Schweizer Fussball, für meine Spieler. Für mich ist wichtig, dass ich dort verstanden werde.»

Ob es denn nach bald sechs Jahren Zeit sei für einen Trainerwechsel in der Nati? Petkovic sieht das nicht so: «In einem Club kann ein Trainer normalerweise nicht über einen solch langen Zeitraum arbeiten. In einer Auswahl ist es anders. Wir haben mit der Schweiz einen Generationenwechsel hinter uns, es ist vieles frisch, wir passen sehr gut zusammen. Mir ist aber auch klar: Als Trainer weisst du nie, was morgen ist. Zuerst entscheidet der Totomat, wie sicher meine Position ist. Danach folgt das Verhältnis zu meinen Spielern. Ist das Leben innerhalb der Gruppe gestört, naht das Ende. Eine solche Situation sehe ich aber nicht.»

«Probiere, Journalisten zu trainieren»

Zu Gerüchten über einen Serie-A-Job, eine Rückkehr in den Klubfussball, sagt Petkovic: «Ein Trainer muss jeden Tag bereit sein, seinen Hut auf den Kopf zu setzen und den Koffer in die Hand zu nehmen. Ein Trainer muss aber ebenso bereit sein, an einem Ort für 100 Jahre zu planen.»

Lob von seinen Spielern indes ist das, was Petkovic schätzt: «Das macht mich glücklich. Ich spüre die Anerkennung meiner Spieler jeden Tag, wenn ich mit ihnen zusammen bin. Normalerweise sind 11 oder 14 Spieler zufrieden, die anderen unzufrieden, daran muss ich als Trainer immer arbeiten. Nun aber probiere ich, auch euch Journalisten zu trainieren, um von dieser Seite ebenfalls Anerkennung zu erhalten.»

Warum er denn dabei plötzlich lache und ganz anders wirke als an einer Pressekonferenz: «Gegenfrage: Stellen Sie Ihre Fragen mit einem Lachen, wenn die Schweiz verloren hat? Nach dem Spiel wird, bildlich gesprochen, manchmal die Pistole auf mich gerichtet und geschossen. Meine erste Reaktion ist dann, mir so schnell wie möglich eine Schutzweste überzuziehen. Ich sage mir in diesen Momenten: Aufpassen, Vlado! Lachen kann ich in solchen Momenten nicht.»

«Gehe nicht auf alle einen Schritt zu»

Der Grund für dieses Interview sei aber schon auch, dass er spüre, dass er einen Schritt nach vorne machen müsse gegenüber den Medien: «Ja. Aber ich gehe nicht auf alle einen Schritt zu, weil ich einige Sachen nicht mitmache, zum Beispiel, wenn es um mein Privatleben geht. In diesen Fällen werde ich stur bleiben. Will mir jemand wehtun, soll er es machen. Ich werde nicht darauf reagieren, sondern versuchen, einfach darüber hinwegzufliegen. Ich bin kein Mensch, der Konflikte sucht. Entscheidend ist die Arbeit mit der Mannschaft, dieses Verhältnis muss passen.»

Warum ihn denn die Spieler mögen, so die Frage. Petkovic lacht: «Vielleicht, weil ich keine Ahnung von Fussball habe, weil ich nicht kommunikativ bin, weil ich ständig misstrauisch bin, weil ich nie lache.»

Dass er ein misstrauischer Mensch sei, habe er jedoch selber einmal über sich gesagt. «Aber man kann mir das doch nicht zehn Jahre lang nachtragen! Ein Mensch verändert sich, er befindet sich in einem ständigen Prozess. Ich möchte aus mir einen besseren, gemütlicheren, lockereren Menschen machen.» Das sei «natürlich» harte Arbeit. Aber, so Petkovic: «Ich möchte mich nicht zwanghaft verändern, es soll spontan sein, ich muss die Veränderung spüren. Spüre ich keine Lockerheit, will ich auch keine Lockerheit vorspielen. Fühle ich mich nach einem verlorenen Spiel nicht gut, fehlt es mir auch am Tag danach noch an positiven Gedanken, dann führe ich keine Gespräche mit den Spielern, dann mache ich keine Videoanalyse. In solchen Momenten warte ich lieber noch einen Tag, bis ich mit positiven Gedanken auftreten und positive Gedanken weitergeben kann.»

«Fussball ist ein eigenartiges Geschäft»

Seine Errungenschaft als Schweizer Nati-Trainer? «Ich habe probiert, ein Selbstverständnis aufzubauen. Eine Mentalität, dass wir in jedes Spiel gehen, um zu dominieren und um zu gewinnen. Ich glaube, das ist mir auch deshalb gelungen, weil wir Spieler haben, die genau das mögen und es genauso wollen.»

Ob ihm denn die Kritik besonders weh tue, weil seine Mannschaft unterhaltsamen Fussball spiele? Petkovic: «Auch ich ärgere mich, wenn wir gegen Dänemark ein 3:0 verspielen, wenn wir in Portugal stark sind und trotzdem verlieren, weil der Gegner mit Cristiano Ronaldo spielt. Ich verstehe auch, wenn wir für schwächere Leistungen oder späte Gegentore kritisiert werden. Ich erwarte aber eine faire Einschätzung.»

Würde er denn gerne Nati-Trainer bleiben, so die letzte Frage an Petkovic: «Mir geht es gut mit diesem Team, mit diesen Spielern. Ich sage aber auch: Fussball ist ein eigenartiges Geschäft. Ein Trainer lebt heute und morgen. Was übermorgen passiert, lassen wir offen.» (red)

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