Mysteriöser MeToo-Fall in der Frauen-Nati
Was passierte wirklich an der WM in Neuseeland?

Ende September schmeisst der Schweizerische Fussballverband einen Mitarbeiter fristlos raus. Jetzt zeigen Blick-Recherchen: Der Fall wirft viele Fragen auf. Auch wegen einem Videobeweis aus Neuseeland. Hat sich der Fall wirklich so zugetragen?
Publiziert: 16.11.2023 um 21:29 Uhr
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Aktualisiert: 16.11.2023 um 22:21 Uhr

«MeToo-Fall bei der Frauen-Nati – SFV entlässt Mitarbeiter fristlos», titelt der Blick am 14. Oktober. Der Schweizerische Fussballverband (SFV) hat zuvor auf Anfrage bestätigt, dass er sich von einem Mitarbeiter getrennt hat, «nachdem der Verband Ende September von einem Vorfall innerhalb des Frauen-Nationalteams in Kenntnis gesetzt wurde». Doch jetzt stellt sich nach Blick-Recherchen die Frage: Hat sich der Vorfall wirklich so zugetragen? Hat der Verband überstürzt gehandelt? Hatte er nach dem Kuss-Skandal bei Weltmeister Spanien Angst vor einem Shitstorm? Und hat er einen Mitarbeiter gefeuert, der sich nichts hat zuschulden kommen lassen?

Rückblick: Nach dem Out im WM-Achtelfinal gegen Spanien (1:5) begibt sich der Schweizer Tross am Tag darauf, dem 6. August, auf die Heimreise aus Neuseeland. Auf dieser soll es zum Übergriff gekommen sein: W. L.* soll in der Sicherheitskontrolle am Flughafen Auckland einer Spielerin mit zwei Fingern in den Hintern gekniffen haben. Der SFV spricht öffentlich von einem «nicht tolerierbarem Verstoss gegen die Grundwerte des SFV». Der Fall wurde der Swiss Sport Integrity (SSI) gemeldet, diese hat Abklärungen eingeleitet, wie sie gegenüber Blick bestätigt.

Ist es wirklich so zu dem Übergriff gekommen?

Die SSI-Untersuchung ist noch längst nicht abgeschlossen, gefeuert wurde der Beschuldigte trotzdem. Beim fristlos Entlassenen handelt es sich um W. L., der lange für den SFV auf Mandatsbasis gearbeitet hat. Blick hat mit ihm gesprochen und Einsicht in verschiedene Schreiben und Protokolle erhalten. Darunter ein Schreiben der Polizei in Neuseeland, das zur eingangs erwähnten Frage führt: Ist es wirklich so zu dem Übergriff gekommen, wie es der SFV darstellt?

Für die Frauen-Nati war an der WM in Neuseeland nach dem Achtelfinal Schluss. Auf der Heimreise kams zu einem mysteriösen Vorfall, der den Verband bis heute beschäftigt. (Symbolbild)
Foto: freshfocus
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Die neuseeländische Polizei hat auf Initiative von W. L. die Überwachungsvideos am Flughafen Auckland ausgewertet und protokolliert. Dabei habe sich herausgestellt, so ein hochrangiger Mitarbeiter der NZ Police, dass sich die Anschuldigungen des vermeintlichen Opfers und anderer Spielerinnen so nicht zugetragen haben können. Weil sich W. L. und das angebliche Opfer vom Betreten bis zum Verlassen des Sicherheitsbereichs am Flughafen Auckland zu keinem Zeitpunkt am gleichen Ort aufgehalten haben. Es sei «keine Interaktion zwischen dem Mann und irgendeiner Spielerin» zu beobachten. Heisst: Laut den Videoaufnahmen, die der neuseeländischen Polizei vorliegen, kann W. L. die Spielerin bei der Sicherheitskontrolle nicht in den Hintern gekniffen haben.

Während Wochen passierte nichts

Neben dem Schreiben der Polizei gibt es weitere Hinweise auf Ungereimtheiten. Was vor allem auffällt: Obwohl sich der Vorfall am 6. August abgespielt haben soll, erfährt W. L. erst sechs Wochen später von den Vorwürfen gegen seine Person. Und wird dann innerhalb weniger Tage fristlos entlassen – im Rahmen des ersten Zusammenzugs der Frauen-Nati nach dem WM-Out.

Dazwischen haben mehrere Sitzungen mit Führungskräften des SFV stattgefunden. Es ging um die Nachbearbeitung der WM und die Pläne für die Zukunft. Der vermeintliche Zwischenfall am Flughafen Auckland war gemäss W. L. in keiner dieser Sitzungen nur schon im Ansatz ein Thema. Doch dann: Am 20. September, am Abend nach dem öffentlichen Training der Frauen-Nati in St. Gallen, ruft SFV-Generalsekretär Robert Breiter W. L. an und befiehlt ihm, sofort seine Sachen zu packen und das Hotel zu verlassen. Begründet wird W. L. die Massnahme nicht. Teamintern wird die Version verbreitet, W. L. habe aus privaten Gründen den Zusammenzug sofort verlassen müssen.

Vier Tage später wird W. L. vom Verband mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen konfrontiert. Sie stammen von mehreren Spielerinnen – deren Namen W. L. bis heute nicht mitgeteilt wurden – und gehen über den angeblichen Po-Griff hinaus. Blick liegen die Protokolle vor. Darin schreibt das vermeintliche Opfer, dass ihr W. L. von hinten in den Po gekniffen habe. Drei Teamkolleginnen, denen das Opfer den Vorfall anvertraut hat, erheben weitere Vorwürfe. Diese sind nicht körperlicher Natur, sondern betreffen das Verhalten im Allgemeinen während des Aufenthalts in Neuseeland. Laut den Protokollen hat sich der vermeintliche Vorfall an der Sicherheitskontrolle am Flughafen Auckland abgespielt.

Wer wusste wann was?

Weiter geht hervor, dass der Vorfall spätestens bei der Zwischenlandung in Dubai der Teammanagerin Caroline Abbé gemeldet wurde. «Wir hatten erwartet, dass sie das ausführlich weiterleitet und es angemessene Konsequenzen geben würde, was leider nicht passierte», schreibt eine Spielerin. Wann genau der Vorfall den Verantwortlichen des SFV weitergeleitet wurde, ist nicht klar. Delegations-Leiterin Marion Daube sagte gegenüber der NZZ, dass sie sich nicht genau erinnern kann, wann sie informiert worden sei. Nach Blick-Informationen ist der Fall nach der Zusammenkunft der Spielerinnen im September an die Chefetage gemeldet worden.

Nach dem Erhalt der schriftlich, aber anonym verfassten Vorwürfe der Spielerinnen muss W. L. innerhalb von gut 24 Stunden schriftlich beim Verband Stellung nehmen, was er auch tut. W. L. widerspricht den Vorwürfen vehement. Trotzdem erhält er keine 24 Stunden später die fristlose Kündigung. In dieser steht: «Sehr geehrter W. L. Wir kündigen Ihnen hiermit per sofort und fristlos aus wichtigen Gründen. Besten Dank für Ihre Kenntnisnahme.» Unterschrieben ist das Kündigungsschreiben von Präsident Dominique Blanc und Generalsekretär Robert Breiter.

«Ich fiel aus allen Wolken», sagt W. L. zu Blick. Er sei sich keiner Schuld bewusst und werde die Kündigung anfechten. «Wenn ich einen Fehler gemacht hätte, würde ich dazu stehen.» Gerade er sei es gewesen, der andere, jüngere Staff-Mitglieder während der Reise nach Neuseeland immer wieder darauf hingewiesen habe, trotz aller Kollegialität die Distanz zu den Spielerinnen zu wahren. Als Beispiel nennt er das Umarmen bei der Begrüssung. «Ich bin in diesem Punkt Alte Schule und gebe den Leuten immer nur die Hand.»

Wurde W. L. blossgestellt?

Gut drei Monate sind seit dem Vorfall vergangen, bald zwei Monate seit der fristlosen Kündigung. Die anfängliche Wut sei der Enttäuschung gewichen, sagt W. L. «Es ist einfach nur traurig.» Vom SFV ist er enttäuscht, auch weil keiner der Verantwortlichen seit Bekanntwerden der Vorwürfe «auch nur eine Minute mit mir gesprochen hat». Dafür hätten viele Staff-Mitglieder und langjährige Mitarbeiter nach seinem Befinden gefragt. Rachegefühle verspüre er trotzdem keine.

Hinzu kommt: Gemäss W. L. sei er vom SFV intern blossgestellt worden. Mehrere hundert Leute hätten kurz nach der ausgesprochenen Kündigung in einem internen Schreiben per E-Mail unter Namensnennung vom Fall und der fristlosen Kündigung erfahren. «Korrigieren kann man nichts mehr. Ich habe den Schaden», sagt W. L.

*Name bekannt

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