Heute letztes Mal Pontaise
Sonnenstiche, Hirntumor und 12 Tore

Vor 66 Jahren hätte die Schweiz an der Heim-WM gegen Österreich in den Halbfinal einziehen können. Doch die Nati vergab ein 3:0 und schied mit einem 5:7 aus. Es ist die torreichste WM-Partie der Geschichte. Heute wird auf der Pontaise zum letzten Mal gekickt.
Publiziert: 07.11.2020 um 14:15 Uhr
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Aktualisiert: 07.11.2020 um 18:33 Uhr

Welches ist das denkwürdigste WM-Spiel der Schweizer Nationalmannschafts-Historie? Die Barrage gegen die Türkei vor 15 Jahren? Das 1:0 gegen Weltmeister Spanien an der WM 2010 in Südafrika? Das 4:1 gegen Rumänien 1994 in den USA oder das 2:1 gegen Serbien an der letzten Endrunde in Russland?

Erfahrenere Semester nennen den WM-Viertelfinal 1954, und das aus gutem Grund. Die folgenden Zeilen handeln von neun Toren in einer halben Stunde, einem Goalie mit Sonnenstich und einem torkelnden Verteidiger, vom torreichsten WM-Spiel und dem Schweizer Aus gegen Österreich durch ein 5:7.

Goalie mit Postur eines Ringers

Es ist der 26. Juni 1954, der WM-Viertelfinaltag für die Schweiz. Mit wenig Kredit und einem dicken Fragezeichen hinter der Abwehr ins Heimturnier gestartet, hat die Schweiz in der Gruppe mit England, Italien und Belgien dank zwei Siegen über Italien – einer davon im Entscheidungsspiel – den 2. Platz und damit die Viertelfinals erreicht. Die anfängliche Skepsis ist einem gesunden Selbstvertrauen gewichen.

26. Juni 1954 im Stade Olympique de la Pontaise in Lausanne.
Foto: Keystone
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Das erste Duell mit Italien hat Nationaltrainer Karl Rappan gezeigt, dass sich die Schweiz nicht hinter einer Defensivtaktik verstecken muss. André Neury überzeugt als umsichtiger Abwehrchef, der Sturm um Regisseur Roger Vonlanthen, «Goldfüsschen» Seppe Hügi, Robert Ballaman und Jacky Fatton genügt höchsten Ansprüchen.

Das Kollektiv harmoniert im Vorwärtsgang mit gutem Zusammenspiel und viel Zug aufs gegnerische Tor. Eugène Parlier, der Goalie mit der Postur eines Ringers und den Pranken eines Bären, gehört zu den Sympathieträgern des Teams und hält in den Gruppenspielen, was es zu halten gibt.

Ferngesteuerter Österreich-Goalie

Nun heisst der Gegner im Viertelfinal Österreich – und nicht einer der Turnierfavoriten Brasilien, Ungarn oder Uruguay. Österreich gilt als überwindbare Hürde. Es ist die Chance auf den Halbfinal-Einzug. Ort des Geschehens ist das frisch renovierte Stade Olympique auf der Lausanner Pontaise. Oder wie die «NZZ» damals im Matchbericht schreiben sollte: «Um 18 Uhr eröffnete der schottische Schiedsrichter Faultless in Gegenwart einer Zuschauermenge, die das prächtigste, wenn auch nicht grösste Stadion der Schweiz beinahe füllte, den Kampf der beiden Mannschaften.» 37'000 Zuschauer sind da. Es ist heiss, sehr heiss. Die Temperatur kratzt an der 40-Grad-Marke, die Luft ist feucht.

Den Schweizern scheint die Hitze wenig anzuhaben, ganz im Gegensatz zu Österreichs Schlussmann Kurt Schmied, der einen Sonnenstich erleidet und nicht ausgewechselt werden kann; das Reglement lässt es nicht zu. Innert drei Minuten schiessen Hügi und Ballaman die Schweiz bis zur 19. Minute vermeintlich vorentscheidend mit 3:0 in Führung. Die «NZZ» tags darauf: «Oben noch hatte der deutsche Kollege zu unserer Linken seiner Bewunderung für die Leistung der Schweizer und seinem Mitleid für die «armen Österreicher» Ausdruck gegeben.»

Für die Österreicher scheint die Situation ausweglos. Damit Schmied halbwegs mitbekommt, was sich vor ihm tut, platziert Teamchef Walter Nausch den Masseur hinter dem Tor. Mit seinen Kommandos steuert dieser Schmied quasi fern. Bei Unterbrüchen kühlt er den Goalie mit nassen Tüchern.

Nati-Captain mit Hirntumor

Doch auch «Gégène» Parlier ist bei diesen Bedingungen nicht auf der Höhe des Geschehens, bei Weitschüssen offenbart er grosse Unsicherheiten. Noch orientierungsloser irrt Captain Roger Bocquet über den Platz. Der Verteidiger hat einen Ellbogenschlag kassiert und leidet an einem Sonnenstich. Wie sich später herausstellt, hat er einen Hirntumor (den er überlebt). Bis zur 27. Minute erzielen auch die Österreicher drei Tore in drei Minuten und in den folgenden fünf Minuten zwei weitere. Ballamans 4:5 in der 39. Minute bedeutet nur darum das Halbzeitresultat, weil Österreichs Angreifer Alfred Körner in der 42. Minute einen von Bocquet verschuldeten Penalty verschiesst. Neun Tore in einer Halbzeit, auch das ist eine WM-Rekordmarke.

Nach dem Seitenwechsel erhöhen die Gäste auf 6:4. Kurz darauf verkürzt Hügi noch einmal, das 7:5 durch Erich Probst in Minute 77 bringt dann aber die Entscheidung. «Die Schweiz geht mit wehenden Fahnen unter», schreibt die «NZZ». Statt die Schweiz ist Österreich der Überraschungs-Halbfinalist. In den Halbfinals gehen die platten Österreicher gegen den späteren Weltmeister Deutschland mit einem 1:6 unter. Sie gewinnen aber das Spiel um Platz 3 gegen Uruguay (3:1) und feiern einen Erfolg, der auch für die Schweiz in Reichweite gelegen wäre. (SDA/leo)

Heute letztes Spiel auf der Pontaise

Am Samstagabend soll die grosse Abschiedsvorstellung steigen für Lausanne-Sport auf der Pontaise. Im Heimspiel gegen Lugano spielt der Klub ein letztes Mal vor dem Umzug ins nigelnagelneue Stade de la Tuilière im altehrwürdigen Rund. 1954 für die Fussball-WM in der Schweiz wurde das Stade Olympique de la Pontaise, wie das Stadion offiziell heisst, eröffnet. Heute fasst es noch 15'786 Plätze. In Kürze soll es renoviert werden, damit die Athletissima, das Lausanner Leichtathletik-Meeting, bis 2026 im Rahmen der Diamond League gesichert ist. Zudem findet 2025 das Eidgenössische Turnfest hier statt. (leo)

Am Samstagabend soll die grosse Abschiedsvorstellung steigen für Lausanne-Sport auf der Pontaise. Im Heimspiel gegen Lugano spielt der Klub ein letztes Mal vor dem Umzug ins nigelnagelneue Stade de la Tuilière im altehrwürdigen Rund. 1954 für die Fussball-WM in der Schweiz wurde das Stade Olympique de la Pontaise, wie das Stadion offiziell heisst, eröffnet. Heute fasst es noch 15'786 Plätze. In Kürze soll es renoviert werden, damit die Athletissima, das Lausanner Leichtathletik-Meeting, bis 2026 im Rahmen der Diamond League gesichert ist. Zudem findet 2025 das Eidgenössische Turnfest hier statt. (leo)

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