Andorra-Legende Lima verrät
«Ich habe ein Weltmeister-Trikot der Schweiz!»

36 Jahre alt. 102 Spiele und 10 Tore für den Zwergenstaat. Im Interview spricht Andorra-Legende Ildefonso Lima vor dem Heimspiel gegen die Schweiz (Montag, 20.45 Uhr) über die Kunst des Verlierens und das Schicksal einer Hobby-Truppe.
Publiziert: 09.10.2016 um 13:42 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 13:30 Uhr
Interview: Sandro Inguscio

Muss man als Andorraner eigentlich lernen, wie es ist zu verlieren, oder ist das nach zwölf Jahren ohne Sieg schon eine Selbstverständlichkeit?
Ildefonso Lima: (lacht) In Andorra muss man sicher keinem Jungen beibringen, dass es viele Niederlagen gibt. Ein Fussballer spielt in unserem Land bereits in den Nachwuchsteams gegen grosse Nationen, die Unterschiede sind da schon riesig. Dass die in den A-Nationalteams nicht kleiner werden, weiss wohl jeder.

Wie lernt man das Verlieren? Oder besser gesagt, den richtigen Umgang mit der Niederlage?
Eine intelligente Person weiss doch, dass wir bei knapp 80 000 Einwohner keine Chance haben gegen Nationen, die aus einer Millionen-Population Spieler rekrutieren können. Niederlagen sind für uns keine Neuigkeit, sondern unsere Realität. Wir verlieren oft und qualifizieren uns nicht für die EM oder WM. Würden wir die Spiele gerne gewinnen und an die WM fahren? Natürlich! Die Hoffnung gibt es immer, aber man ist sich bewusst, dass es die grösste Sensation in der Fussballgeschichte wäre.

Jeder Sportler orientiert sich normalerweise nur am Sieg. Wie lernt man also so zu denken, wie Sie?
Indem man lernt sich an den kleinen Dingen des Spiels zu erfreuen. Du kennst deine Teamkameraden, du weisst, dass du in einer Hobby-Truppe bist, die am Abend trainiert, um dann gegen Superstars anzutreten. Wir haben keinen Messi und keinen Ronaldo. Wir haben wenige Profis und dafür viele Studenten und Banker im Team. Also hat man gegen die Kleinen die Hoffnung auf einen Erfolg und versucht, die Grossen so sehr wie möglich leiden zu lassen. Den Gegner in Schwierigkeiten zu bringen, ist für uns ein Erfolg. Und schauen Sie sich dabei unsere Resultate an: Wir gehen selten unter. Dabei wäre eine 0:10- oder eine 0:20-Pleite im Verhältnis zu den Möglichkeiten unserer Gegner viel realistischer.

Andorras Lima (rechts) im Spiel gegen Portugal (0:6).
Foto: Getty
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Ist der Stolz, für sein Land auflaufen zu dürfen, da der grösste Antrieb?
Natürlich! Verlieren wir oft? Ja. Und? Wir sind nun mal, wer wir sind. Wir sind Andorraner und stolz darauf. Ich bin stolz darauf, den Namen Andorras in die Welt hinaustragen zu dürfen. Ich hatte schon das Glück, gegen den damals amtierenden Weltmeister Brasilien und Frankreich spielen zu können. Gegen Stars zu spielen ist für mich mittlerweile schon fast normal. Und das dank meines Heimatlandes. Ich hätte diese Möglichkeit vielleicht nie gehabt, wäre ich kein Andorraner.

Eine Hobby-Truppe im Kampf gegen Superstars. Diese Vorstellung gefällt dem kleinen Mann in der Regel.
Bei uns können nur ganz wenige wie ich vom Fussball leben. Jeder arbeitet und vertritt nebenbei unser Land auf dem Platz. Wir haben kein schönes Trainingscamp, unser Stadion ist nicht spektakulär, wir haben keine Statussymbole. Aber glauben Sie mir, wir sind so viel näher bei den Leuten. Der kleine Mann kann sich mit uns sicher besser identifizieren als mit einem Fussball-Millionär.

Entsprechend wird ein 0:0 gegen Finnland mit Hannu Tihinen und Sami Hyypiä damals 2005 wie ein Grosserfolg gefeiert?
Moment. Das war noch eine andere Zeit. Damals hatten wir noch einige Spieler, die im Ausland in besseren Ligen spielten. Wir spielten damals unsere beste Qualifikation. Es schien, als wachse da etwas heran. Heute sieht es wieder anders aus.

Andorra ist Zweitletzter in Europa, die Nummer 203 der Welt.
San Marino hat uns überholt, weil ihnen das Remis 2014 gegen Estland die nötigen Punkte eingebracht hat. Wenn wir jetzt irgendwie einen Punkt ergattern können, kann es schon wieder anders aussehen. Das ist unsere Realität. Wenn wir da unten stehen, dann haben wir es auch verdient.

Ist dieser Punkt gegen die Schweiz möglich?
Hoffnung gibt es immer. Aber wie gesagt, jede intelligente Person weiss, dass wir mit unseren Möglichkeiten auch gegen die Schweiz verlieren.

Was halten Sie denn von unserer Nati?
Die Qualität der einzelnen Spieler ist gut, aber es muss noch ein Team daraus werden. Irgendetwas fehlte der Schweiz an der EM. Es liegt jetzt am Coach aus der vorhandenen Qualität etwas zu formen.

Gibt es einen Spieler in unseren Reihen, der Ihnen besonders gefällt?
Mehmedi, Xhaka, Behrami... ich kenne sie alle. Alle haben ihre Qualität, deshalb spielen die Schweizer Spieler ja auch bei Topklubs.

Hofft man in Andorra, dass ein Talent wie Embolo einmal dort geboren wird?
Stellen Sie sich das vor: Einer wie Breel Embolo würde in Andorra auf die Welt kommen! Dazu vielleicht noch ein Xhaka. Zwei Spieler dieses Kalibers und uns würden einige Überraschungen mehr gelingen. Aber bitte nicht zu viele solche Spieler, sonst würde ich plötzlich nicht mehr spielen (lacht laut)!

Wäre das so schlimm? Sie absolvieren gegen die Schweiz Ihr 102. Spiel für Andorra! Sind Rekord-Nationalspieler und mit zehn Treffern Rekord-Torschütze. Haben Sie noch nicht genug?
Ach, ich will jetzt mal noch diese Qualifikation spielen und dann schaue ich weiter. Meine Karriere war lang und hat mich auch einige Haare gekostet (lacht). Wäre ich in der Schweizer Nati, hätte ich schon lange aufgehört. Aber ich muss den Jungen hier noch viel zeigen, damit sie von meinen Erfahrungen profitieren können.

Zumindest in der Schweiz haben Sie ja schon gespielt. In Bellinzona in der Super League. Wie kam das?
Ich wollte in meiner Karriere immer so viel sehen wie möglich. Deshalb brach ich damals auch mein Architektur-Studium ab, setzte auf die Karte Fussball und ging nach Griechenland. Später war ich in Mexiko, Spanien, Italien. Als ich dann bei Triestina war, ergab sich 2009 die Möglichkeit zu Bellinzona zu wechseln. Die wollte ich wahrnehmen, auch wenn ich schon 30 Jahre alt war.

Ihre Erinnerungen an die Zeit im Tessin?
Wir spielten zwar in der Super League, doch es war hart. Bellinzona hatte als Klub mit seiner Infrastruktur und den Strukturen des Vereins nichts in der höchsten Liga verloren. Sie waren nicht bereit dafür. Und entsprechend endete es 2011, wie es enden musste – mit dem Abstieg.

Wie haben Sie Ihren damaligen Trainer Marco Schällibaum in Erinnerung?
Jeder, der Trainer wird, wird etwas verrückt. Das ist einfach so. Das ist bei ihm nicht anders. Aber da erzähle ich Ihnen wohl nichts, das Sie nicht schon über Schällibaum wussten (lacht).

Keine guten Erinnerungen an die Schweiz also...
Ich habe super Erinnerungen an die Schweiz. Es ist ein wunderbares Land. Die Schweiz sollte ein Vorbild für ganz Europa sein. Es würde Europa besser gehen, wenn es mehr Länder wie die Schweiz gäbe. Und sowieso, während meiner Zeit in Bellinzona wurde unsere erste Tochter Carme geboren. Zur Welt kam sie zwar in Spanien, aber wir lebten danach noch sechs Monate in der Schweiz. Während ich zum Beispiel nie mehr nach Mexiko zurückkehren werde, komme ich immer wieder gerne in die Schweiz. Meine Frau ist als Bankerin auch oft bei euch. Entsprechend ist es für mich jetzt auch speziell, erstmals noch gegen die Schweiz spielen zu dürfen.

Dann fehlt Ihnen unser Shirt in Ihrer Trikot-Sammlung also noch?
Nein! Ich habe sogar ein Weltmeister-Trikot der Schweiz! Mein damaliger Mitspieler Igor Mijatovic gab mir eines nachdem er mit der U17 die WM 2009 gewonnen hatte. Das hängt jetzt in meinem kleinen Museum zu Hause. Dort hängen Trikots von Andrij Schewtschenko, Fernando Torres, Gareth Bale, Wayne Rooney oder Thierry Henry. Und: Während meiner Zeit in der Schweiz habe ich auch ein Trikot von jedem Super-Ligisten gesammelt. Sie alle sind Erinnerungen, die für immer bleiben. Erinnerungen, an meine lange Reise in der grossen Fussballwelt.

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