FCB-Zbinden spricht Klartext
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Koller-Frage, Cabral, Geldzoff:FCB-Zbinden spricht Klartext

Koller-Frage, Cabral, Geldzoff
FCB-Sportchef Ruedi Zbinden spricht Klartext

Ruedi Zbinden (61) ist seit 1982 beim FCB. Der Sportdirektor über den Rekordverlust, die Koller-Frage. Und weshalb Cabral wohl beim FC Basel bleiben wird.
Publiziert: 28.06.2020 um 12:11 Uhr
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Aktualisiert: 28.06.2020 um 14:10 Uhr
Stefan Kreis

Ruedi Zbinden, der FCB schreibt 19 Millionen Verlust und die Fans fordern den Rücktritt der Bosse. Steckt der Klub gerade in der grössten Krise seiner Geschichte?
Nein, ich habe schon ganz andere Zeiten erlebt. In den 90er-Jahren als wir in der NLB spielten und wir Monate lang keinen Lohn bekommen haben zum Beispiel. Es gab damals Profis, die konnten ihre Miete nicht mehr bezahlen. Nach den Spielen haben wir bei den Fans mit einem grossen Tuch die Runde gemacht und Geld gesammelt.

Nun siehts finanziell aber ebenfalls düster aus. Präsident Bernhard Burgener sagt, dass der Klub ohne Einnahmen noch bis im Herbst liquide sei.
Die Corona-Krise hat auch den FCB hart getroffen, das ist richtig. Ohne Einnahmen überlebt kein Unternehmen und auch kein Fussballclub. Aber so schlimm wie damals in der NLB ist es noch nicht.

Hauptgrund für die finanzielle Misere sind die Kosten. Der FCB hat im Geschäftsjahr 2019 knapp 50 Millionen für Personal ausgegeben.
Als ich 1996 als Junioren-Trainer angefangen und nebenbei meine Diplome gemacht habe, habe ich das für für 1500 Franken gemacht und bin nebenbei noch arbeiten gegangen. Das ist natürlich kein Vergleich mehr zu heute. Der Fussball hat sich seither enorm professionalisiert, jetzt haben die Vereine schon im Nachwuchs Profi-Trainer engagiert. Es ist auf eine Art auch unheimlich, wie sich das Ganze entwickelt hat in den letzten 25 Jahren. Mit dem sportlichen Erfolg sind auch die Aufwände gestiegen. Nun müssen wir das Ganze aber optimieren, weil es für Schweizer Klubs immer schwieriger wird, in die Champions League zu kommen.

FCB-Sportchef Ruedi Zbinden nimmt Stellung zur aktuellen Lage der Basler
Foto: TOTO MARTI
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Mit optimieren meinen Sie sparen.
Es ist logisch, dass in Zukunft Veränderungen, auch bei den Gehältern, vorgenommen werden müssen, ja.

Apropos Gehälter. Wie haben Sie den Lohnzoff zwischen der Führung und den Spielern erlebt?
Das ist unglücklich gelaufen und im ersten Moment habe ich gedacht, dass etwas kaputt gegangen ist. Aber die ganze Sache hat die Mannschaft zusammengeschweisst. Und es ist auch nichts hängen geblieben hinterher zwischen den Spielern und der Führung. Man hat sich ausgesprochen und sich die Hand, äh den Ellbogen, gegeben (lacht).

Haben Sie selbst auch auf Lohn verzichtet?
Natürlich. Ich bin schon so lange beim FCB und haben diesem Klub so viel zu verdanken, da ist es selbstverständlich, dass ich auf einen Grossteil meines Gehalts verzichtet habe. Und zwar ohne das mich jemand darum gebeten hätte.

Als Sie letzten Sommer angefragt wurden, ob Sie Sportdirektor werden wollen, haben Sie den Job abgelehnt. Bereuen Sie, dass Sie sich haben überreden lassen?
Ich habe gewusst, was auf mich zukommt. Als Sportchef bist du jeden Tag gefordert. Nicht nur auf dem Transfermarkt. Nach Niederlagen beispielsweise musst du schauen, wo ein Feuer auszubrechen droht, wo du vielleicht schlichten musst. Es ist ein sehr intensiver Job, aber ich bereue nichts, nein. Weil ich es für den FCB mache und mithelfen will, dass wir erfolgreich sind.

Sportlich läufts seit der Übernahme durch Bernhard Burgener nicht mehr rund.
Keiner kann erwarten, dass der FCB 50 Mal in Folge Meister wird. Wir sind zweimal Zweiter geworden, haben den Cup geholt, haben im ersten Jahr die beste CL-Kampagne der Clubgeschichte gespielt und haben jetzt gute Chancen, uns für den Viertelfinal der Europa League zu qualifizieren. So schlecht, wie das teilweise dargestellt wird, ist das nun auch wieder nicht.

Trotzdem wurde der Ende Saison auslaufende Vertrag von Marcel Koller noch nicht verlängert. Muss er den FCB im August verlassen?
Ich werde jeden Trainer bis zum letzten Tag stützen. Weil das Vertrauen entscheidend ist. Die Spieler spüren schnell, wenn zwischen Sportchef und Trainer etwas nicht stimmt. Das nützen sie dann schnell als Ausrede, wenn’s auf dem Platz mal nicht läuft.

Sie stützen Koller öffentlich, FCB-intern gibts aber kritische Stimmen, die den Vertrag lieber heute als morgen auflösen würden.
Klar ist, dass man über das Dossier Koller reden muss, dies machen wir aber intern und nicht in der Öffentlichkeit. Marcel Koller hat einen Vertrag bis Ende Saison mit einer Option auf Verlängerung.

Kollers Vertrag verlängert sich nur, wenn er Meister wird. Heisst das, dass Sie sich bereits mit möglichen Nachfolgekandidaten beschäftigen?
Ja. Weil alles andere unprofessionell wäre. Wir müssen vorbereitet sein – gerade in dieser speziellen Zeit, wo es kaum eine Pause zwischen der alten und der neuen Saison geben wird. Es ist für uns allgemein wichtig auch generell Trainer zu scouten. Damit wir wissen, wie sie coachen, welches System sie spielen, welche Philosophie sie vertreten. Wir holen uns Infos rein. Haben eine Liste.

Eigentlich kann sich der FCB den wohl teuersten Trainer-Staff seit Christian Gross in der aktuell prekären finanziellen Situation ja gar nicht leisten.
Wenn ein Marcel Koller kommt mit seinem Leistungsausweis, mit seinen Erfolgen, dann hat er seinen Preis. Und wenn man so einen Trainer will, dann verhandelt man und dann unterschreibt man den Vertrag und dann muss man auch dazu stehen.

Warum wird beim FCB in den vergangenen Jahren praktisch jeder Coach in Frage gestellt?
Vielleicht deshalb, weil die Leute neben dem sportlichen Erfolg auch gleichzeitig den Spektakel-Fussball sehen wollen, der gerade «in» ist. Man schaut Liverpool im TV und sieht diesen tollen Fussball und will das hier in Basel auch.

Bernhard Burgener träumt von Red-Bull-Fussball. Marcel Koller scheint aber nicht der richtige Trainer für dieses schnelle Umschaltspiel zu sein.
Du musst auch die Spieler dazu haben. Natürlich könnte Marcel Koller sagen, ich spiele jetzt wie Liverpool oder Red Bull. Aber wenn er zweimal hintereinander verliert, dann nützt das auch nicht viel. Er muss schauen, dass er mit dem vorhandenen Material das Beste macht und Erfolg hat. Die richtige Mischung ist entscheidend.

Entscheidet der Trainer mit, welche Spieler verpflichtet werden?
In den vergangenen Jahren seit Christian Gross hatten wir beim FCB immer dieselbe Strategie. Wir vom Klub schaffen die Spieler ran, wir entscheiden zusammen in der technischen Kommission. Und dann holen wir den Trainer, der unserer Meinung nach aus dem vorhandenen Material das Beste machen wird.

Sie haben dem FCB in all den Jahren unzählige Millionen beschert. Wer war ihr Top-Transfer?
Christian Gimenez war enorm wichtig für die Entwicklung des Klubs. Weil er uns mit seinen Toren zum ersten Meistertitel nach 30 Jahren geschossen hat. Und wir in der Champions League die ersten magische Nächte erlebt haben.

Und wer der grösste Flop?
Ich bezeichne keinen ehemaligen Spieler als «Flop». Aber Cesar Carignano war ein Spieler, der sich nie richtig wohl gefühlt hat in der Schweiz, weil er weit weg von der Familie war. Zudem war er oft verletzt. Aber als ich ihn damals zum ersten Mal habe spielen sehen, wusste ich, dass wir den holen müssen. Der war eine Riesenmaschine, ein Panzer. Ähnlich wie jetzt Cabral.

Können Sie Cabral in Basel halten?
Es geht vorwärts und wir hoffen, dass wir das hinkriegen. Die Zeit läuft, aber wir sind guter Dinge.

Wäre es für Palmeiras nicht besser, wenn Cabral die Saison in Basel beendet?
Ja, weil Brasilien wegen Corona in einer riesigen Krise steckt. Für ihn und seine Marktwertentwicklung wäre es zudem gut, wenn er die Saison bei uns beendet. Schliesslich spielen wir im August noch in der Europa League.

Es heisst, der Cabral-Deal sei für den FC Basel nicht unbedingt vorteilhaft. Ist er zu teuer?
Im Sommer vor einem Jahr standen wir unter Druck, weil wir Ajeti an West Ham verloren haben und Ricky van Wolfswinkel mit einer Kopfverletzung ausgefallen ist. Wir sind aber wie gesagt auf einem guten Weg, die Gespräche mit Palmeiras sind konstruktiv.

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