Inka Grings stellt die Weltstars in den Schatten
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1999 beim ZDF-Torwandschiessen:Inka Grings stellt die Weltstars in den Schatten

Fussball-Ikone Grings jetzt FCZ-Trainerin
Mit Wein intus zur Torwand-Legende

Mit ihrer unfassbaren Torquote stellte Inka Grings (42) sogar Lewandowski in den Schatten. Hier erklärt die deutsche Fussball-Legende, weshalb sie sich auf die Aufgabe bei den FCZ-Frauen freut und warum sie ein Profiteam im Männerfussball trainieren will.
Publiziert: 16.02.2021 um 01:43 Uhr
Michael Wegmann

BLICK: Inka Grings, als Sie im Sommer 2017 das Traineramt bei den Frauen des MSV Duisburg niederlegten, wollten Sie sich im Männerfussball etablieren und haben eine Rückkehr in den Frauenfussball ausgeschlossen. Warum haben Sie nun als Trainerin bei den FCZ-Frauen unterschrieben?
Inka Grings: Weil mich die FCZ-Geschäftsführerin Marion Daube während einer Woche penetrant genervt hat (lacht). Nein, im Ernst: Ich hatte von 2011 bis 2013 eine super Zeit beim FCZ und tolle und engagierte Menschen wie Heliane und Ancillo Canepa kennengelernt. Es hat damals alles gepasst: der Klub, die Kolleginnen, die Stadt. Der FCZ ist eine Herzensangelegenheit. Ich freue mich mega auf die Aufgabe und dass ich etwas zurückgeben kann. Auf dem Platz stehen und arbeiten, das ist, was ich möchte. Und übrigens ist es nicht ganz korrekt: Ich habe nie gesagt, dass ich eine Rückkehr in den Frauenfussball ausschliessen würde. Ich schätze den Frauenfussball unheimlich. Er hat mich dahin gebracht, wo ich bin. Ich meinte lediglich, dass mein Weg ein anderer ist.

Bis letzten Sommer waren Sie Trainerin der Männer des SV Straelen in der Regionalliga West. Die bisher erste und einzige Frau in Deutschlands vierthöchster Männer-Liga. Warum haben Sie den Klub trotz weiterlaufendem Vertrag verlassen?
Es hat unglaublich Spass gemacht, mit den Jungs in der Oberliga zu arbeiten. Wir haben eine tolle Saison gespielt, hatten am Ende 19 Punkten Vorsprung. Das war für mich nochmals die Bestätigung, dass ich wirklich dahin will und auch höher. Weil wir uns in Sachen Kaderplanung jedoch nicht einig waren, habe ich meinen Vertrag trotz Corona gekündigt.

Nach Ihrer Vertragsauflösung haben Sie «Sport BILD» gesagt, dass Ihnen die Oberliga nicht reichen würde und dass es Ihr Ziel sei, Bundesliga-Trainerin im Männerbereich zu werden. Wollen Sie noch immer die erste Trainerin der Bundesliga werden?
Ich muss nicht die erste sein. Ich komme aus dem Profi-Bereich und strebe immer nach dem Besten! Natürlich will ich da so hoch wie möglich arbeiten. Ich habe alle Ausbildungen hinter mir, habe selber unfassbar tolle Jahre auf höchstem Niveau spielen dürfen. Das will ich als Trainerin auch erreichen.

Die ehemalige Weltklasse-Stürmerin Inka Grings (42) ist zurück in Zürich.
Foto: TOTO MARTI
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Weshalb ist der Männerfussball Ihr Ziel?
Der Frauenfussball ist toll, seine Entwicklung in den letzten Jahren gut: Technisch, taktisch ist bei den Frauen alles da. Einsatzbereitschaft und Wille sind fast noch grösser. Ich dachte schon paarmal in den Trainings: «Mädel, hör auf zu rennen! Bald bist du auf der Autobahn…» (lacht). Wer die Spiele an der Frauen-WM 2019 gesehen hat und immer noch der Meinung ist, dass es sich nicht um Fussball handeln würde und dass die Frauen hinter dem Herd besser aufgehoben wären, dem ist nicht mehr zu helfen. Der grosse Unterschied zu den Männern ist aber das Tempo, die Dynamik. Und das reizt mich.

Wollen Sie der testosteronlastigen Fussballwelt zeigen, was Frauen draufhaben?
Nein, das ist nicht mein Ansporn. Ein leidiges Thema, welches vielleicht noch jahrelang anhalten wird. Es hat mich nie interessiert. Für mich ist Fussball schlicht und einfach Fussball und hat nichts mit dem Geschlecht zu tun. Ich mach mir darüber keine Gedanken. Aber dass Gleichstellung und Gleichberechtigung noch immer grosse Themen sind, ist ja klar. Ich persönlich halte nichts von Geschlechterkämpfen. Ich bin Inka Grings, Fussballtrainerin. Und ich kenne den Fussball mit all seinen Facetten, ich habe schon so vieles erlebt: Ich war an der Fussball-Spitze, war Buhfrau, habe vor 100’000 Fans gespielt, wurde suspendiert und gefeiert.

Vielleicht geht in der Super League eine Türe auf? FCZ-Chefin Heliane Canepa hat kürzlich im SonntagsBlick gesagt, dass irgendwann eine Frau die FCZ-Profis trainieren würde.
Jetzt bin ich mit Herz und Seele Trainerin der FCZ-Frauen. Ich werde alles geben und wohl schon bald heiser sein. Ich will einen guten Job machen und über meine Leistungen beurteilt werden, dann schauen wir weiter. Den Weg, den der FCZ nun in der Academy einschlägt, überzeugt mich. Und dass Massimo Rizzo nun Cheftrainer ist, halte ich für sehr bedacht, clever und richtig!

Es steht viel Arbeit an. Als Sie noch für den FCZ stürmten, hat man jeden Gegner platt gemacht. Jetzt liegt man elf Punkte hinter der Spitze.
Ich musste dreimal auf die Tabelle schauen, weil ich dachte, ich hätte mich verlesen. Das ist schon viel, wir haben immerhin ein Spiel weniger als Servette. Aber das ist doch spannend. Wir geben alles. Ich bin überzeugt, dass ich dem Team helfen kann, taktisch und mental.

Mit einigen Ihrer Spielerinnen haben Sie noch gespielt. Könnte dies zum Problem werden?
Nein, das denke ich nicht. Hätte ich letzte Saison noch mitgespielt, vielleicht eher. Aber ich war ja lange weg. Mir wurde gesagt, dass sich meine ehemaligen Mitspielerinnen über meine Rückkehr gefreut haben.

Für den FCZ trafen Sie in 31 Partien 55 Mal. In 271 Spielen für Duisburg waren es 353 Treffer, Sie halten den Torrekord der Bundesliga, wurden zweimal EM-Torschützenkönigin. Warum haben Sie immer und überall getroffen?
Wenn ich das wüsste! Der Torinstinkt wurde mir anscheinend in die Wiege gelegt. Allerdings gehört nicht nur Glück dazu, sondern auch viel harte Arbeit! Nach schlechten Trainingseinheiten habe ich immer die Torhüterin gebeten, sich nochmal ins Tor zu stellen. Dann habe ich so lange geschossen, bis ich ein gutes Gefühl hatte.

Sie haben sogar mit geschlossenen Augen Tore erzielt?
(Lacht) Ja, das war in der Saison 2000, als ich den Torrekord von 38 Treffern aufgestellt habe. Meine Teamkollegin flankt und mir geht im selben Moment der Zopf auf. Ich stehe so da und richte meine Haare, da fliegt mir der Ball an den Kopf und geht ins Tor. Meine damaligen Teamkolleginnen ziehen mich immer noch mit diesem Jahrhunderttor auf.

2019 haben Sie beim legendären Torwandschiessen im ZDF-Sportstudio fünf der sechs Versuche versenkt. Das schaffte während 20 Jahren niemand mehr.
Das war ein top Tag. Erst wurden wir in die «Hall of Fame» des deutschen Fussballs aufgenommen. Am Nachmittag hat man mich gefragt, ob ich Bock hätte, beim legendären Torwandschiessen mitzumachen. Klar, sagte ich zu. Sie müssen wissen, ich war drei-, viermal zu Gast in der Sendung gewesen und habe dabei nie schiessen dürfen. Am Abend beim Nachtessen habe ich kurzfristig meinen Auftritt vergessen und ein, zwei Gläser Wein getrunken. Aber vielleicht hat das ja geholfen.

Rekordhalter seit 58 Jahren ZDF-Torwandschiessen

5 Treffer: Günter Netzer, Rudi Völler, Günter Hermann, Reinhard Saftig, Matthias Becker, Rolf Finger, Frank Pagelsdorf, Frank Rost und Inka Grings.

4 Treffer: u.a. Franz Beckenbauer, Oliver Kahn, Lewis Hamilton.

0 Treffer: u.a. Marco van Basten, Eusebio.

5 Treffer: Günter Netzer, Rudi Völler, Günter Hermann, Reinhard Saftig, Matthias Becker, Rolf Finger, Frank Pagelsdorf, Frank Rost und Inka Grings.

4 Treffer: u.a. Franz Beckenbauer, Oliver Kahn, Lewis Hamilton.

0 Treffer: u.a. Marco van Basten, Eusebio.

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War's so einfach?
Nein. Ich durfte erst viermal probieren, dabei habe ich das doofe Loch nie getroffen. Als es dann zählte, dachte ich: «Inka, jetzt ja nicht alle vermasseln! Sonst machst du dich zum Gespött.» Dann hat es ganz gut geklappt.

Ganz gut geklappt? Weltstars wie van Basten oder Eusebio haben keinen einzigen versenkt.
Ja. Auch andere Spitzenfussballer hatten Mühe.

Haben Sie immer geliefert, wenn es drauf ankam?
Hmm.. Ja, eigentlich schon.

Also, viel Spass bei der Aufholjagd mit den FCZ Frauen. Wenns mit dem Toreschiessen nicht klappt, können Sie sich ja vorne reinstellen?
Das ginge vielleicht gerade noch – ohne Defensivaufgaben. Aber es braucht mich nicht: Wir haben genug Qualität.

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