Die WM-Bühne gehört den Frauen
Weg mit dem sambischen Sex-Coach

Die WM in Neuseeland und Australien ist lanciert. Im Newsletter Steilpass von Patrick Mäder gibt das Verhalten des Sambia-Trainers und dass kaum Frauen auf dem Trainerstuhl sitzen zu reden.
Publiziert: 20.07.2023 um 16:30 Uhr
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Patrick MäderAutor Blick Sport

Vorhang auf für die Fussball-WM 2023! Eine wunderbare Bühne für die Spielerinnen, um ihr Können zu zeigen und Werbung in eigener Sache zu machen. Wir werden in den nächsten vier Wochen vielen grossartigen Persönlichkeiten begegnen – auf dem Rasen und daneben, denn die WM ist auch ein Highlight und ein Schaufenster für die Trainerinnen.

Doch da beginnt schon die Irritation: Bei 20 von insgesamt 32 Teams stehen Männer als Cheftrainer an der Seitenlinie. Das deutet immer noch auf Mansplaining im Fussball hin. Und unter diesen Männern gibt es offenbar lusche Figuren wie der Sambier Bruce Mwape. Der 63-Jährige soll Geschlechtsverkehr mit seinen Spielerinnen haben, wann immer er Lust dazu hat. Und die Spielerinnen müssen sich das gefallen lassen, weil ihnen Strafen angedroht werden, sollten sie etwas verraten. Jetzt wird zwar gegen Mwape ermittelt, weil es heftige anonyme Vorwürfe gibt, aber während der WM steht er trotzdem als sambischer Luschen-Zampano an der Seitenlinie. Die Fifa spricht inzwischen von «angeblichen Vorfällen».

Schade, dass die männlichen Trainer auch an dieser WM in der Überzahl sind. Über Typen wie Hervé Renard (54), dem Coach der Französinnen, habe ich an dieser Stelle bereits während der WM in Katar geschrieben. Als der smarte Mittfünfziger als Cheftrainer mit den Saudis sensationell den späteren Weltmeister Argentinien besiegte.

Die WM in Down Under ist in vollem Gang, die ersten Spiele waren spannend und aufregend.
Foto: Getty Images
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Die Trainerinnen müssen im Fokus stehen

Wichtiger sind jedoch die Frauen. Inka Grings zum Beispiel, welche die Schweiz zu WM-Ehren coachen möchte. Die 44-jährige Deutsche, selbst zweifache Europameisterin als Spielerin, weiss um die Signalwirkung dieses Grossevents hinsichtlich der EM 2025 in der Schweiz und der Zukunft dieses Sports allgemein. Grossevents wie WM, EM oder Olympia kreieren Rollenbilder für die kommenden Generationen. Es braucht Mythen, Heldinnenstorys, geschichtsträchtige Spiele, gelebte Rivalitäten, um dem Frauenfussball die Dimension zu verleihen, welche er anstrebt.

Zum Auftakt stellen wir Beverly Priestman (37) vor. Die junge Frau, geboren in Consett südwestlich von Newcastle, ist bereits bei Olympia 2021 in Tokio aufgefallen. Damals sorgte der Weg der Kanadierinnen bis in den Final für grosses Staunen. Sie setzten sich gegen Top-Teams wie Grossbritannien, Japan, Brasilien und die USA durch und standen gegen die favorisierten Schwedinnen im Endspiel, das schliesslich im Penaltyschiessen entschieden wurde. Wegen der Pandemie hatte das Spiel zwar keine Zuschauer, aber die Spannung kompensierte, was fehlte.

Denn mehr Drama geht in einem Elfmeter-Krimi nicht. Kanada verschoss drei der ersten vier Penaltys, stand mehrmals vor dem Abgrund und siegte wundersam doch noch. Die 35-jährige Trainerin sprintete über den Platz, die Arme in der Luft, den grössten Erfolg ihrer jungen Karriere feiernd. Im Siegerinterview brach sie aber nicht in Tränen aus, weil sie das Glück nicht fassen konnte. Stattdessen sagte «Bev» Priestman, sie hätten es vielleicht auch besser machen können.

Und später fügte sie bereits die neue Zielsetzung an. Es werde zwar schwierig, noch mehr sportlichen Ruhm zu erlangen und der WM-Berg werde höher als alle anderen zuvor, «aber ich möchte keine Trainerin sein, die nur einmal gewinnt. Ich möchte alles gewinnen.» Beeindruckende Worte für eine Jungtrainerin.

Nach der Degradierung gehts nach Kanada

Nach der WM 2019, bei der sie als Assistentin von Cheftrainer Phil Neville (46) erfolgreich mithalf, die Engländerinnen in den WM-Halbfinal zu coachen, wurde der englische Verband umstrukturiert und Priestman in den Nachwuchs abgeschoben, quasi ins Off geschickt. Sie rutschte in eine Orientierungskrise, fühlte sich «ganz unten», ihrer beruflichen Träume und Ziele beraubt, verlor aber nicht den Glauben an die eigenen Fähigkeiten und sammelte sich neu, zielgerichteter als je zuvor.

Dann kam der Anruf aus Kanada und sie erhielt 2020 die Chance, Cheftrainerin zu werden, was sie immer sein wollte. Es war der Start zu einem bemerkenswerten Steilflug. Die riesige Skepsis, mit der die Engländerin in Übersee empfangen wurde, schlug mit dem sensationellen Olympiaerfolg in pure Begeisterung um. In Australien und Neuseeland gehören die Kanadierinnen nun zu den Mitfavoritinnen im Kampf um den WM-Titel.

Den nächsten Steilpass kriegst Du am kommenden Donnerstag. Dann hat die Nati bereits zwei WM-Gruppenspiele absolviert und die Super League ihren Saisonstart hinter sich.

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