«Der Traktor ist mein Ferrari»
Ex-FCL-Star Jantscher ist jetzt Obstbauer

Seine Teamkollegen fahren teure Schlitten. Er fährt Traktor und trägt Gummistiefel. Ex-Luzern-Star Jakob Jantscher (32) ist Obstbauer aus Leidenschaft und träumt von einem eigenen Hofladen.
Publiziert: 12.03.2021 um 20:06 Uhr
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Aktualisiert: 07.04.2021 um 17:52 Uhr
Marco Pescio

Beruflich versteht er es, als Offensivkraft richtig Tempo zu machen, gegnerischen Verteidigern zu enteilen – und überhaupt: nicht lange zu fackeln. Sechs Tore für Sturm Graz in bislang 19 Liga-Spielen belegen das! Privat? Tuckert er mit 5 km/h gemächlich durchs Steirer Hinterland. Auf seinem roten Traktor.

Jakob Jantscher, österreichischer Nationalspieler und einst Luzerner Fan-Liebling, hat seine zweite Berufung gefunden. Vor drei Jahren hat er einen Strich unter seine Europa-Tournee gezogen. Nach Stationen bei Dynamo Moskau, Eredivisie-Klub Nijmegen, dem FCL und Rizespor in der Türkei ist er zurückgekehrt. Zu seiner alten Liebe Sturm Graz, bei der seine Karriere ihre Anfänge nahm.

Der Hauptgrund, weshalb er im besten Fussballeralter – mit damals 29 – die deutlich lukrativere Ausland-Tour abbricht: Er hat sich mit seiner Frau Andrada und den beiden gemeinsamen Kindern einen anderen Traum erfüllt.

Mit Sturm Graz ist er auf Europacup-Kurs – daneben schaltet Jakob Jantscher in der Natur ab. Auf seiner eigenen Plantage.
Foto: Sebastian Reiser für 11Freunde Magazin
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Die Familie kauft von einem älteren Herrn eine Obstwirtschaft samt historischem Gebäudestand ab. Wo? In Gnaning. Nur wenige Autominuten von seinem Heimatdörfchen in der Steiermark entfernt.

«Mein Sohn ist ein riesiger Traktor-Fan»

«Wir hatten schon lange nach solch einer Möglichkeit gesucht», sagt Jantscher, mittlerweile 32 und Obstbauer aus Leidenschaft. 3000 Bäume stehen auf seiner Plantage, die so gross ist wie etwa acht Fussballfelder. Die meisten tragen Birnen, der Rest Äpfel.

Das Wissen, das es dazu braucht, hat er sich dank der Hilfe seines Schwiegervaters, der sich in der Landwirtschaft auskennt, angeeignet. Und auch bei den Nachbarn darf er hin und wieder über die Schultern schauen.

Immer, wenn es sein Fussballeralltag zulässt, ist er hier zu finden. Zwischen den Hügeln, Bäumchen und den beiden Fischteichen, die ebenfalls zu seinem Grundstück gehören. Entweder er stapft zu Fuss durch den Matsch – oder er sitzt eben in seinem «Ferrari», dem kleinen Traktor, von dem insbesondere auch sein Sohn «ein riesiger Fan» sei, während das Töchterchen gerne am Wasser verweile, «um die Fische zu füttern».

Hier, zirka 20 Minuten entfernt von der Grazer Merkur Arena, in der Jantscher diese Saison als regelmässiger Skorer derart überzeugt, dass er auch als Kandidat fürs österreichische EM-Kader gehandelt wird, findet er «ein bissl den Ausgleich».

Auf der Plantage entsteht gerade sein neues Daheim, im Landhaus-Stil, wie von ihm und seiner Andrada schon lange erträumt. Geplant ist auch ein Hofladen, in dem er seine eigenen Produkte verkaufen möchte: Birnenschnaps, Essig, Most, Apfelsaft.

Hoffen mit dem FCL

Der Corona-Lockdown komme ihm diesbezüglich ein Stück weit entgegen: «Bei den Leuten hat ein Umdenken stattgefunden, sie greifen mehr auf regionale, frische Ware zurück, weil viel öfter zu Hause gekocht wird.» Und überhaupt habe die nahe Natur den Lockdown erträglicher gemacht.

Daneben hält er wie jeder via soziale Medien den Kontakt zu seinem Umfeld. Auch in die Schweiz. Etwa mit FCL-Keeper David Zibung (37) oder mit Landsmann Louis Schaub (26), den er im letzten Sommer den Innerschweizern empfohlen hatte: «Ich verfolge den FCL nach wie vor sehr genau – und hoffe, dass er seine Aufholjagd wie bis anhin fortsetzt.»

Er sagts und verabschiedet sich wieder auf seine Plantage: «Ich versuche, täglich vorbeizuschauen. Ab Sommer sowieso, wenn wir ins neue Haus einziehen.»

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