Kalt, nass und grau. Das ist Leverkusen an diesem frühen Freitagmorgen. Während die Schornsteine am Ufer des Rheins unaufhörlich Dampf ausstossen, verkündet ein Lichtstreifen am Horizont den Tagesanbruch. Noch stärker strahlt hoch über dem Chemiepark das gigantische Bayer-Kreuz – mit einem Durchmesser von 70 Metern dominiert die grösste Leuchtreklame der Welt die düstere Szenerie.
Bayer ist Leverkusen. Eine Stadt, die nur dank des berühmten Apothekers und Chemieunternehmers Carl Leverkus vor dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist und bis heute den über 160'000 Einwohnern ein Zuhause und viele Arbeitsplätze bietet. Wobei die Wirtschaftskrise mittlerweile auch den Weltkonzern erfasst hat. Tausende Stellen werden hier in den kommenden Monaten gestrichen– Bayer löst sich wie ein Aspirin in Einzelteile auf.
Die alten Dämonen von Bayer Leverkusen
Wer Glück hat, ist in einer der ausgegliederten Sparten angestellt. Einer von ihnen ist Rene Kitgen, seit 38 Jahren schuftet er im Chemiepark im Schichtbetrieb. Solange er denken kann, ist er Fan von Bayer04 – der Werkself des Weltkonzerns mit reicher Geschichte. «Der Fussball hat hier in Leverkusen einen sehr hohen Stellenwert», sagt Kitgen und erinnert sich an die legendären Jahre vor und nach dem Millennium, als Leverkusen viermal Vizemeister wurde.
Unvergessen bleibt das Jahr 2002 als Bayer04 nicht nur die Meisterschaft vergeigte, sondern auch noch das DFB-Pokalfinale gegen Schalke verlor und im Endspiel der Champions League Real Madrid unterlag. «Das war unglaublich, wir haben damals drei Chancen verspielt – das tat extrem weh», sagt Kitgen.
Gegen den Begriff Vizekusen hilft bis heute kein Schmerzmittel. «Das ist immer noch in den Köpfen drin. So etwas vergisst man nicht so schnell», sagt der 58-Jährige einen Tag vor dem Gipfeltreffen gegen Bayern München – mit der heissbegehrten Dauerkarte in der Hand. Allein die über 180'000 Ticketanfragen und Preise von rund 3000 Euro auf dem Schwarzmarkt zeigen die Bedeutung. «Das wird ein Riesenkampf, aber wir sind Spitzenreiter und spielen im Moment die beste Saison seit langem. Hoffentlich vermasseln wir es nicht wieder.»
Der fleissigste Spieler der Bundesliga
Einer der Gründe, warum Bayer Leverkusen erstmals deutscher Meister werden könnte, ist Granit Xhaka. «Granit ist eine echte Granate – ein Spitzenfussballer. Er hat einen sehr guten Einfluss auf das Team», sagt Kitgen und drückt dabei die Kartonfigur, die ihm der Blick-Reporter auf dem Weg zur Arbeit zur Seite gestellt hat. «Ich bin sehr zufrieden mit ihm.»
Mehr als zufrieden mit Granit Xhaka ist man beim Club selber. Im Lokal der Fanarbeit im Zentrum der Stadt rennen wir mit dem Schweizer Pappkameraden offene Türen ein. «Granit ist toller Kerl. Er ist immer sehr nett und freundlich», schwärmt Lucy Thum, eine der Fanbeauftragten des Vereins. Sie arbeitet zusammen mit Dirk Dreher, der als Manager der Traditionsmannschaft schon viele Legenden hat spielen sehen und Xhaka schon bald dazuzählt. «Xhaka ist ein überragender Fussballer mit einer unheimlichen Präsenz auf dem Platz. Immer anspielbar und einer, der heikle Situationen klärt.»
Nicht nur das Gefühl, auch die Zahlen sprechen bei Bayer Leverkusen für Xhaka. Mit einer Passquote von 92,3 Prozent hat der 31-jährige Basler den höchsten Wert in der Bundesliga. Mit 2'365 Ballkontakten und einer Laufleistung von 237,6 km in 20 Ligaspielen ist er auch der Fleissigste. Das starke Faktenblatt hinterlässt auch bei Anhängern grossen Eindruck. «Xhaka ist einfach mega. Er bringt eine Stabilität und Mentalität rein, die wir vorher nie hatten», sagt eine bunte Fangruppe, die vor dem Stadion gerade auf dem Weg zum Karneval ist.
Der Königstransfer für Leverkusen
«Xhaka macht mit seinem unglaublichen Gefühl und Instinkt alle Spieler um ihn herum besser», findet Richard Jürgen, seit 42 Jahren Supporter des Werkvereins. Die Begegnung mit der Pappfigur vor der Bayarena löst beim Fan aus Offenbach trotz des trüben Wetters helle Begeisterung aus. «Xhaka ist einer der besten Transfers, die gemacht haben.»
Die Experten der Bundesliga gehen noch einen Schritt weiter. «Xhaka ist der Königstransfer für Leverkusen», sagt Bild-Reporter Phillip Arens. Wobei Sportbild-Kollege Axel Hesse noch einen draufsetzt. «Xhaka ist der beste Transfer der ganzen Bundesliga. Sein Einfluss auf das Team ist grösser als derjenige von Harry Kane bei den Bayern.»
Entsprechend gefragt sind auch die Autogrammkarten und Trikots von Xhaka – hinter dem deutschen Zauberfuss Florian Wirtz ist er die Nummer 2 auf der Bestsellerliste. «Xhaka ist für uns ein absoluter Glücksfall», sagt Bayer04-Legenden-Betreuer Christian Hausmann, Gewinner des Uefa-Pokals von 1988 – der einzige Titel des Vereins – nebst dem DFB-Pokalsieg von 1993. Über 30 Jahre später sind für Leverkusen beide Titel wieder greifbar. Und vielleicht auch die deutsche Meisterschaft. Eine einmalige Chance, die unheimliche Historie endlich hinter sich zu lassen.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
|---|---|---|---|---|---|
1 |  Bayern München | 3 | 8 | 9 | |
2 |  Borussia Dortmund | 3 | 4 | 7 | |
3 |  RB Leipzig | 3 | 2 | 7 | |
4 |  1. FC Heidenheim 1846 | 3 | 4 | 6 | |
5 |  Bayer Leverkusen | 3 | 3 | 6 | |
6 |  Eintracht Frankfurt | 3 | 1 | 6 | |
6 |  SC Freiburg | 3 | 1 | 6 | |
8 |  Werder Bremen | 3 | 1 | 5 | |
9 |  Union Berlin | 3 | 1 | 5 | |
10 |  VfB Stuttgart | 3 | 0 | 4 | |
11 |  FC Augsburg | 3 | -2 | 4 | |
12 |  VfL Wolfsburg | 3 | 0 | 3 | |
13 |  Borussia Mönchengladbach | 3 | -1 | 3 | |
14 |  TSG Hoffenheim | 3 | -4 | 3 | |
15 |  FSV Mainz | 3 | -1 | 2 | |
16 |  VfL Bochum | 3 | -4 | 0 | |
17 |  FC St. Pauli | 3 | -5 | 0 | |
18 |  Holstein Kiel | 3 | -8 | 0 |