«Entlassung von Kahn und Salihamidzic war stillos»
2:40
«Stillos, total sch***se»:Fans äussern ihren Unmut über den Bayern-Knall

Praktisch nur Verlierer
Schlechter Stil der Bayern-Bosse

Bayern München ist zum elften Mal in Serie deutscher Meister. Richtig Freude will in München trotzdem nicht aufkommen. Zu viel Geschirr wurde zerschlagen. Eine Analyse von Fussballchef Christian Finkbeiner.
Publiziert: 29.05.2023 um 13:16 Uhr
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Aktualisiert: 29.05.2023 um 14:57 Uhr
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Christian FinkbeinerStv. Fussballchef

Die Selbstzerfleischung des Rekordmeisters hat am Wochenende einen neuen Höhepunkt erreicht. Der abtretende Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn (53) durfte nicht einmal zum Saisonfinale nach Köln reisen. Zuerst hiess es wegen einer Grippe, später, weil die Trennung nicht einvernehmlich gewesen sei. Ein Affront sondergleichen in Anbetracht dessen, was der frühere Weltklasse-Goalie für den Klub geleistet hat.

Das zweite personelle Opfer, Hasan Salihamidzic (46), durfte zwar mit, konnte einem aber leidtun. Zuerst litt er auf der Tribüne Qualen bis zum Schlusspfiff in Dortmund, dann musste er gegenüber den Journalisten nicht den Meistertitel, sondern seine Freistellung kommentieren.

Das Timing der Entlassung der beiden wirft Fragen auf. Noch bevor das letzte Spiel gespielt wurde, machte der Verein Tabula rasa, in der Annahme der ersten titellosen Saison seit 2012. Im Fall des Scheiterns wären die Schuldigen bereits dagestanden. Dass Präsident Herbert Hainer (68) nach dem unerwarteten Titelgewinn noch explizit sagte, mit der Kommunikation bis nach der Partie gewartet zu haben, um das sportliche Ziel nicht zu gefährden, ist ein Hohn. Er und seine Kollegen glaubten – im Gegensatz zur Mannschaft – offensichtlich nicht mehr an den Titel.

Die Bayern bei der Meisterfeier auf dem Marienplatz in München.
Foto: imago/Philippe Ruiz
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Hainer und Co. machten die Rechnung aber ohne den BVB, der eine epochale Chance verpasste. In München gab es trotz des erneuten Titelgewinns im Nachgang aber nur ein Thema: das Köpferollen auf der Teppichetage. Ein kommunikativer Fauxpas sondergleichen, der auch gegenüber Trainern und Spielern respektlos ist und vom deutschen Nati-Captain Joshua Kimmich (28) zu Recht kritisiert wurde. Der Lohn der Saison, die sie dank gütiger Mithilfe doch noch erfolgreich beendet haben, die Emotionen im Moments des Triumphs, wurde den Protagonisten genommen. Trotz Meisterschale gibt es praktisch nur Verlierer. Allein das zeigt, wie sehr die Bayern-Welt in den vergangenen Monaten aus den Fugen geraten ist.

Sommer einer der wenigen Gewinner

Einer der wenigen Gewinner ist Yann Sommer (34). Der Nati-Keeper krönt seine Karriere mit einem deutschen Meistertitel. Es ist der verdiente Lohn dafür, dass er sich im vergangenen Winter der Herausforderung gestellt hat. Und mehr als ein Trostpflaster für die schwierigen vergangenen Monate. Falls das Abenteuer bei den Bayern in den nächsten Wochen trotz eines Vertrags bis 2025 enden sollte, kann Sommer München erhobenen Hauptes und als Sieger verlassen.

Wie viele andere bekam auch er im Lauf der Rückrunde sein Fett weg. Dem Nati-Keeper wurde Weltklasse-Format abgesprochen, fehlende Körpergrösse bemängelt. Als hätten die Bayern nicht gewusst, was sie mit Sommer kriegen. Mit Ausnahme einiger Unsicherheiten und den zwei haltbaren Gegentreffern gegen Hoffenheim und Mainz erledigte dieser seinen Job aber wie fast immer in seiner Karriere: vorzüglich. Auch gegen Köln blieb er nicht ohne Makel, lenkte nach einer Stunde einen Kopfball aber mirakulös über die Latte.

Im Schweizer Keeper suchte man sich den falschen Schuldigen. Dass die Probleme in München viel vielschichtiger sind, zeigten die vergangenen Wochen. Die Bayern machten so ziemlich alles falsch in dieser Rückrunde, entliessen ohne Not Julian Nagelsmann (35), obwohl sie in allen drei Wettbewerben auf Kurs waren. Dass sie trotzdem mit dem Meistertitel belohnt wurden, ist auch ein Zeichen der Schwäche der Konkurrenz. Die Bundesliga ist zwar ein hochattraktives Produkt, das exzellent vermarktet und mit viel medialem Getöse begleitet wird, sportlich hat die Liga aber weiter an Qualität eingebüsst.

Neuers Verletzung als Ursprung des Theaters

So hielt am Ende Manuel Neuer (37) in Köln die Schale in die Höhe. Dass der lange verletzte Captain dies tat, passt zu dieser in der Aussendarstellung komplett missratenen Saison. Schliesslich war es Neuer, der mit seiner unprofessionellen Haltung und dem unbedachten Skitouren-Ausflug nach der verkorksten WM in Katar die ganzen Diskussionen ins Rollen brachte.

Nun übernimmt der langjährige Finanzchef Jan-Christian Dreesen (55), womit auch Uli Hoeness (71), der Übervater des Klubs, wieder mehr Einfluss auf das Tagesgeschäft haben wird – falls dieser überhaupt einmal abgenommen haben sollte. Auch Karl-Heinz Rummenigge (67) soll zurückkehren, womit das alte Führungsgremium wieder beisammen wäre. Fragt sich, für wie lange. Zu glauben, dass deswegen in München wieder Ruhe einkehren wird, ist allerdings naiv. Da hilft für einmal auch ein altbewährtes Mittel nicht: ein Titelgewinn.

Bundesliga
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Bayern München
Bayern München
3
8
9
2
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund
3
4
7
3
RB Leipzig
RB Leipzig
3
2
7
4
1. FC Heidenheim 1846
1. FC Heidenheim 1846
3
4
6
5
Bayer Leverkusen
Bayer Leverkusen
3
3
6
6
Eintracht Frankfurt
Eintracht Frankfurt
3
1
6
6
SC Freiburg
SC Freiburg
3
1
6
8
Werder Bremen
Werder Bremen
3
1
5
9
Union Berlin
Union Berlin
3
1
5
10
VfB Stuttgart
VfB Stuttgart
3
0
4
11
FC Augsburg
FC Augsburg
3
-2
4
12
VfL Wolfsburg
VfL Wolfsburg
3
0
3
13
Borussia Mönchengladbach
Borussia Mönchengladbach
3
-1
3
14
TSG Hoffenheim
TSG Hoffenheim
3
-4
3
15
FSV Mainz
FSV Mainz
3
-1
2
16
VfL Bochum
VfL Bochum
3
-4
0
17
FC St. Pauli
FC St. Pauli
3
-5
0
18
Holstein Kiel
Holstein Kiel
3
-8
0
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