Favre wehrt sich nach Kritik
«Und jetzt soll ich plötzlich schlecht sein?»

Lucien Favre (62) packt in einem Interview aus und spricht Klartext: «Viele Medien sind heute sehr schnell negativ. Es ist schwer, Storys zu verkaufen, wenn es nicht mal ein bisschen Blut gibt.» Und er erzählt, warum er die gleiche Philosophie wie Rafael Nadal hat.
Publiziert: 11.12.2019 um 16:03 Uhr

Lucien Favre hat am Dienstag Abend ein erstes Saisonziel erreicht: Mit seinem BVB hat er in einer Hammer-Gruppe mit Barcelona und Inter Mailand den Achtelfinal der Champions League erreicht – nach einem 2:1-Kampfsieg gegen Slavia Prag.

Am Mittwoch erscheint in «Sport Bild» ein grosses Interview. Und Favre spricht darin offen über die Kritik an seiner Person.

Lucien Favre sagt über …

Lucien Favre bedauert, dass in den Medien meist nur negativ berichtet wird.
Foto: keystone-sda.ch
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... seinen langen Schatten Jürgen Klopp: «Vom ersten Tag an in Dortmund haben mir viele Menschen erzählt, dass die Fans hier davon träumen, dass Jürgen Klopp eines Tages zurückkommt.»

... den Fakt, dass Klub-Boss Watzke Klopp 2018 aus Liverpool zurückholen wollte statt ihn zu holen: « Ich verstehe das. Aber ich verstehe auch, warum Klopp jetzt nicht zurückkommt. Ich würde es an seiner Stelle auch nicht machen. Wenn man als Trainer an einem Ort alles erreicht hat, geht man eigentlich nicht zurück. Das kann ich mir selbst auch nur schwer vorstellen.»

... den Titeltraum von Dortmund: «Klopp hat nach drei Jahren den ersten Titel mit dem BVB gewonnen. Das Gute ist: Im Fussball geht es manchmal schnell. In Zürich waren wir 2003 nach sechs Monaten Tabellenletzter mit einer Mannschaft, die im Schnitt 21,5 Jahre alt war. In den Jahren danach haben wir den Pokal geholt, wurden zweimal Meister.»

... die Konkurrenz: «Gladbach, Leipzig, Bayern. Alle sind extrem gefährlich. Viele haben das Zeug, Meister zu werden. Wir müssen uns darauf konzentrieren, das Maximum zu geben. Durch Reden allein gewinnst du nichts.»

... die Aussagen von Düsseldorf-Trainer Friedhelm Funkel, der sagte: «Ich finde es schlimm, wie mit Lucien umgegangen wird»: «Ich danke ihm für die Worte. Mir ist schon lange klar, dass es nicht hilfreich ist, die Diskussionen um die eigene Person zu verfolgen. Ich bin ehrlich: Viele Medien sind heute sehr schnell negativ. Es ist schwer, Storys zu verkaufen, wenn es nicht mal ein bisschen Blut gibt. Es ist heutzutage grundsätzlich ein Problem, dass Menschen oft einen Schritt zu weit gehen – egal, in welcher Branche. Alles muss höher, schneller, weiter sein. Ich selbst beschäftige mich aber kaum damit. Ich schaue nach vorn und vertraue mir selbst – das ist am Wichtigsten.»

... seine Aussage in punkto Trainerdiskussion, die Welt sei verrückt geworden: «Ganz einfach: Vor einem Jahr war ich gut, und jetzt bin ich plötzlich schlecht? Soll das die Wahrheit sein? Ich habe Mühe, das zu glauben!»

... den Vorwurf, er sei kein Titel-Trainer: «Du musst als Trainer Kritik einstecken und aushalten können. Ich habe gelernt, dass man auch, nun ja, weniger fundierte Meinungen akzeptieren und damit leben muss. Mir macht das nichts aus. Wenn du durch die Hölle gehst, bleibe nicht stehen – gehe weiter und schaue nach vorn.»

… das Ausblenden des Drucks: «Das ist nicht so einfach. Du brauchst ein Hobby, um richtig abzuschalten. Im Moment habe ich keins – zu wenig Zeit. (...) Alex Ferguson – seine Geschichte kenne ich in- und auswendig – ist als Trainer von Manchester United immer zu Pferderennen gegangen, um abzuschalten. Stundenlang. Nur so konnte er den Druck bei ManUnited über all die Jahre ausgleichen. Ich bin gern in der Natur, interessiere mich sehr für ökologische Fragen, wie wir in Zukunft leben wollen.»

... Selbstzweifel: «Man muss sich gut vorbereiten, um Erfolg zu haben. Man muss einen Plan haben und alles geben. Ich habe die gleiche Philosophie wie Rafael Nadal. Er sagt: ‹Ich gewinne oder verliere, aber ich werde mich in jedem Spiel weiterentwickeln – und dann kommt der Rest automatisch.› Wenn du 100 Prozent gibst – 100, nicht bloss 90! –, dann wirst du langfristig Erfolg haben.»

... das Auf und Ab des BVB: «Wir machen als Mannschaft zu viele Fehler in der Verteidigung und bei der Ball-Eroberung. Wissen Sie: Ich habe das US-Dreamteam 1992 bei Olympia in Barcelona gesehen. Ich hatte gar kein grosses Interesse an Basketball, aber das war spektakulär, ihre Show und Athletik – fantastisch! Ich habe mich dann intensiver damit beschäftigt, und jemand sagte mir: ‹Lucien, weisst du, wo sie am besten sind? In der Ball-Eroberung! Wie intelligent und aggressiv sie da sind.› Für uns ist das heute auch das Wichtigste. Wir können alle spielen, aber du musst richtig antizipieren, um zu wissen, wann du attackieren musst. Da müssen wir uns verbessern.»

... die Medien: «Sie denken manchmal, dass ich sie nicht mag und mich das alles nicht interessiert – aber das ist nicht die Wahrheit. Ich respektiere jeden Menschen. Natürlich ist es manchmal schwer, auf provokante Fragen zu antworten und ruhig zu bleiben, wenn es nicht läuft. Du bist unter Druck, ärgerst dich und musst dich total beherrschen. Aber Sie kennen mich: Ich kann lachen, ich kann feiern. Es bleibt manchmal nur zu wenig Zeit, dass mich alle wirklich kennenlernen.»

... Marco Reus: «Es ist für nahezu alle Spieler auf der Welt so, dass sie mal eine Phase haben, in der sie ihre Topform nicht konservieren können. Marco war zuletzt mal krank, dann verletzt, er konnte dann nur eingeschränkt trainieren. Aber wir machen alles, um ihm dabei zu helfen, konstant sein Toplevel wieder zu erreichen. Er arbeitet auch sehr hart dafür, aber es geht nicht von heute auf morgen.»

... Jadon Sancho: «Als Fussballer ist er Weltklasse, keine Frage. Aber vergessen Sie nicht, dass er erst 19 Jahre alt ist. Es ist schwer, jedes Mal herausragend zu sein.

... dessen Unpünktlichkeit: «Er muss so professionell wie wir alle leben, das stimmt. Aber wir dürfen ihn auch nicht zu sehr erziehen. Er muss sich gut fühlen, und das ist nicht einfach bei allem, was er erlebt. Er weiss, dass ich ihn gern habe – dass wir ihn alle gern haben. Als Spieler und als Menschen. Er ist ein guter Junge, der uns regelmässig sehr, sehr hilft. Ich habe selten einen Spieler gesehen, der in seinem Alter schon so weit ist.

... Axel Witsels Treppensturz: «Ich habe am Sonntag von seinem Unfall erfahren. Ich war im ersten Moment überrascht und geschockt – so wie alle. Er ist ein wichtiger Spieler für uns. Aber viel wichtiger ist, dass seine Operation erfolgreich verlaufen ist und er das Krankenhaus schon wieder verlassen konnte. Über die Nachricht war ich sehr froh. Jetzt hoffen wir, dass er schnell wieder gesund wird.» (red)

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