Darum ist TSG-Boss Hopp so verhasst
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Hintergründe des Fan-Skandals:Darum ist TSG-Boss Hopp so verhasst

Die Hintergründe des Münchner Fan-Skandals
Darum ist TSG-Boss Hopp so verhasst

Die Münchner Hass-Plakate gegen Hoffenheim-Boss Hopp sorgen für den ersten Spieler-«Streik» der Bundesliga-Geschichte. Und für rigorose Forderungen von Bayern-Boss Rummenigge. Die Hintergründe eines verrückten Samstags.
Publiziert: 01.03.2020 um 14:28 Uhr
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Aktualisiert: 01.03.2020 um 20:51 Uhr
Dunja Moustopoulos

Für Bayern München läuft am Samstag zunächst alles nach Plan. Bereits nach 15 Minuten führt der Rekordmeister gegen Hoffenheim mit 3:0. Doch beim Stand von 6:0 in der 67. Spielminute zerstören Bayern-Ultras die Fussball-Party der Münchner. Mit Hass-Plakaten gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp (79) sorgen die Gäste-Fans für zwei Unterbrüche, ehe sich die beiden Mannschaften in den letzten 13 Minuten die Partie im Mittelkreis den Ball demonstrativ zuspielen. Es ist der erste Spieler-«Streik» in der 57-jährigen Bundesliga-Geschichte.

Neuer initiierte den Spieler-«Streik»

Nach dem Entrollen der Hass-Plakate mit der Aufschrift «Alles beim Alten. Der DFB bricht sein Wort. Hopp bleibt ein Hurensohn» rennt Bayern-Trainer Hansi Flick zur Kurve, um die Fans zur Raison zu bringen. Auch Sportdirektor Hasan Salihamidzic ist an vorderster Front dabei, damit die Transparente verschwinden. Was denn auch passiert. Doch kurz nach Wiederaufnahme der Partie erscheint die nächste Hass-Botschaft gegen Hopp. «Du Hurensohn» heisst es diesmal. Das Spiel wird ein zweites Mal unterbrochen. Nun müssen die Mannschaften gemäss Drei-Stufen-Plan der Uefa für einige Minuten in die Garderobe.

Bei einem dritten solchen Zwischenfall hätte gemäss dieses Plans abgebrochen werden müssen. Das wollen die Teams mit allen Mitteln verhindern. «Wir wollten das Spiel nicht abbrechen lassen, sondern ein Zeichen setzen», erklärt TSG-Captain Benjamin Hübner nach dem Vorfall. Laut Hübner war Manuel Neuer, Captain der Münchner, gemeinsam mit dem Schiedsrichter und Funktionären beider Vereinen federführend, als die Idee des Spieler-Streiks aufkommt.

Beim Spiel Hoffenheim gegen Bayern München rückt für einmal das Sportliche in den Hintergrund.
Foto: imago images/Revierfoto
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Keine Einsicht der Bayern-Ultras

Einsicht zeigen die Münchner Ultras nicht. In einem langen Statement, das die Südkurve am Samstagabend postet, wird die Aktion mit folgenden Worten begründet: «Das DFB-Sportgericht hat den Fans des BVB für zwei Spiele den Besuch der Auswärtsbegegnung bei Hoffenheim verboten. Damit hat der DFB sein Wort, zukünftig von Kollektivstrafen abzusehen, gebrochen.» Ausserdem gehöre das Wort «Hurensohn» normalerweise nicht zu ihrem Sprachgebrauch. Die Fankurve stellt klar: «Will man zukünftig immer, wenn solche Beleidigungen auf der Zuschauertribüne geäussert werden, Fussballspiele ab- oder unterbrechen, wird man keine Partie mehr über 90 Minuten spielen können. Die Unterbrechung heute war einfach nur überzogen und absurd.» Das Statement beenden die Ultras mit einer klaren Ansage. «Fussball bleibt dreckig – Fans bleiben rebellisch – Gegen Kollektivstrafen – Fick dich DFB!»

Pikant an der ganzen Sache: Der gute Draht von Hopp zum DFB ist nicht neu. Seine Firma SAP ist Premium Sponsor des Verbands und Hopp selbst hat Beziehungen zum deutschen Sportgericht. Dass die Fans des BVB nun kollektiv bestraft werden, kommt bei den Ultra-Gruppierungen und Sympathisanten der Kurve alles andere als gut an.

Rummenigge will sich nicht mehr wegducken

Das wird dem Bayern-Boss Salz auf die Wunden gewesen sein. Denn Karl-Heinz Rummenigge, der die zweite Halbzeit an der Seite von Hopp blieb, verspricht ein Ende des Kuschelkurses gegenüber den Hardcore-Fans. «Ich schäme mich zutiefst gegenüber Hopp, der ein feiner Ehrenmann ist», sagt der Vorstands-Vorsitzende der Bayern. «Wie das Spiel am Ende gespielt wurde, war eine absolute Watschn für die Fans des FC Bayern. Wir haben die ganzen Vorkommnisse filmen lassen. Jeder Einzelne, der sich als einer der Täter geoutet hat, wird kein Spiel mehr von uns sehen!»

Rummenigge betont, dass der Moment gekommen sei, dass Bundesliga, DFB und DFL gemeinsam gegen Chaoten vorzugehen hätten: «Es muss Schluss sein damit. Alle Verantwortlichen im Fussball ducken sich zu oft weg, weil sie denken, in der Kurve sei eine Macht. Ich werde mich mit dem heutigen Tag nicht mehr wegducken. Auch auf die Gefahr hin, dass ich irgendwann mit Leibwächtern durch die Gegend laufen muss.»

Der Schalke-Vorstand hat derweil in einer Mitteilung am Sonntagabend klargestellt, bei «derartigen Vorkommnissen» in der Veltins-Arena gleich beim ersten Mal hart durchzugreifen: «Unsere Mannschaft wird dann den Platz verlassen, ungeachtet der Spieldauer, des Resultats oder etwaiger Konsequenzen!»

Woher kommt der Hass gegen Hopp?

Es ist nicht die erste Schmäh-Aktion gegen Dietmar Hopp. Bereits vor einer Woche halten Gladbach-Anhänger ein Plakat in die Höhe, das Hopp im Fadenkreuz zeigt. Doch warum ist der TSG-Boss bei den Fan-Gruppierungen so verhasst? Eine Frage des Geldes. Der 79-Jährige machte aus seinem Heimatklub TSG Hoffenheim einen etablierten Bundesligisten, indem er sein Geld in den Fussball steckt. Hopps Vermögen wird auf rund 14 Milliarden Schweizer Franken geschätzt. Der aus der Retorte geborene Klub ist Fussball-Romantikern ein Dorn im Auge.

Als Mitgründer des Computer-Riesen SAP hat sich Hopp sein Vermögen aufgebaut und gehört mittlerweile zu den reichsten Deutschen. Mit seinem Geld unterstützt er unter anderem die Jugend-Arbeit der TSG Hoffenheim, was bei anderen Vereinen sonst geschätzt wird. Auch seine ins Leben gerufene Dietmar-Hopp-Stiftung, die gemeinnützige Projekte fördert, und sein Engagement für den Klimaschutz verbessern den Ruf des bald 80-Jährigen nicht.

Seit Hopps Engagement, das 1989 beginnt, schaffen die Sinsheimer den unglaublichen Aufstieg von der Kreisliga bis in die höchste deutsche Spielklasse. Hopp ist immer hautnah mit dabei. Bisheriger Höhepunkt ist die Teilnahme an der Champions League 2018/19, in der die TSG allerdings als Gruppenletzter in der Vorrunde ausscheidet. Wo Erfolg ist, da ist auch Neid und Hass.

Und was sagt Hopp selbst? Er rätselt bei «Sport 1»: «Ich kann mir nicht erklären, warum die mich so anfeinden. Das erinnert an ganz dunkle Zeiten. Die leben in einer anderen Welt, ein Gespräch mit denen ist sinnlos!»

Ohne Folgen bleiben die Hass-Attacken auf Hopp nicht. Der DFB teilte bereits am Samstagabend mit, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird.

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