Andy Egli (62) war der erste Schweizer beim BVB
«Bei GC verdiente ich mehr als in Dortmund»

Schon als Andy Egli 1984 beim BVB spielte, war das Revier-Derby gegen Schalke das Non-plus-Ultra. Vor dem Knaller redet Egli jetzt über miese BILD-Noten, seinen Horror-Gegner Allofs und Zugfahrten zum Training.
Publiziert: 15.05.2020 um 21:40 Uhr
Michael Wegmann

BLICK: Andy Egli, Sie spielten in der Saison 1984/1984 als erster Schweizer überhaupt bei Borussia Dortmund. Obwohl Sie eigentlich einen Zweijahresvertrag unterschrieben hatten, sind Sie schon nach einem Jahr zu GC zurückgekehrt. Warum?Andy Egli: Das waren ausschliesslich wirtschaftliche Gründe.

Hat man als Fussballer Mitte der 80er denn bei GC mehr verdient als beim BVB?
Ja. Aber es ging damals nicht nur um meinen Lohn. Auch die Perspektiven bei GC, wo ich einen Fünfjahresvertrag unterschreiben konnte, waren besser. Der BVB hatte grosse finanzielle Probleme damals, wir hätten auf die neue Saison hin alle auf einen Teil unseres Lohnes verzichten müssen. Zudem ist noch herausgekommen, dass der BVB nicht mal meine Ablöse von einer Million Mark an GC bezahlt hatte.

Wären Sie denn aus sportlicher Sicht gerne in der Bundesliga geblieben?
Ja natürlich. Obwohl ich mit GC je viermal Cupsieger und Meister geworden bin und mit Servette nochmals die Meisterschaft gewonnen habe, hatte ich mein eindrücklichstes Jahr als Fussballer in Dortmund. Der Fussball in Deutschland, vor allem im Ruhrpott, bedeutet den Menschen alles. Er ist Kult, Religion, da geht nichts drüber hinaus. Es ist ja auch kein Zufall, dass die Bundesliga als erste grosse Sportliga weltweit den Betrieb nach dem Corona-Lockdown wieder aufnimmt. Klubs, Liga und Fans haben alles dafür getan.

Andy Egli war 1984 der erste Schweizer, der bei Borussia Dortmund spielte.
Foto: imago sportfotodienst
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Finden Sie es gut, dass wieder gespielt wird?
Es ist ganz einfach nur toll.

Auch wenn es nur Geisterspiele sind?
Ich rede nicht von Geisterspielen, ich rede von Fussball ohne Zuschauer. Wie früher auf dem Pausenplatz oder nach der Schule auf der Strasse. Wir alle liebten es, zu spielen – dafür brauchten wir keine Zuschauer.

Keine Angst, dass die Partien im TV blutarm, leer und emotionslos rüberkommen?
Nein. Am Anfang braucht es vielleicht etwas Zeit, um sich auf die neuen Umstände einzustellen. Aber ich bin mir sicher, dass das Fernsehen die Bundesliga auch ohne Fans im Stadion attraktiv verkaufen wird. Die werden sich schon etwas einfallen lassen.

Am Samstag geht’s gleich mit dem Knaller Dortmund gegen Schalke los. Was kommen für Erinnerungen hoch, wenn Sie an Ihre Spiele gegen Schalke zurückdenken?
An einen 4:1-Sieg in der Meisterschaft zuhause und eine Niederlage auswärts. Zudem spielten wir im Pokal 1:1 und mussten ein Wiederholungsspiel absolvieren, welches wir dann verloren haben.

Sie sind ein wandelndes Lexikon.
Das würde ich nicht behaupten. In meinem Alter funktioniert das Langzeitgedächtnis bereits besser als das Kurzzeitgedächtnis.(lacht). Das Revier-Derby ist das Non-plus-ultra für die Menschen im Ruhrpott. Es war jeweils schon Tage vor dem Aufeinandertreffen das grosse Thema. Einfach jeder hat dem Spieltag entgegengefiebert.

In Deutschland gilt Dortmund vs. Schalke als die Mutter aller Derbys. Sie haben auch unzählige Zürcher Derbys absolviert …
… da liegen Welten dazwischen. Im Ruhrpott dreht sich alles nur um dieses Spiel. Da bist du entweder Blau oder Schwarz-Gelb, nichts anderes. Zürich dagegen ist eine Weltstadt mit Opern, Theatern. FCZ gegen GC hat nie dieselbe Bedeutung für die Bevölkerung, kann es gar nicht. Wobei in der Südkurve, der FCZ-Fankurve, spüre ich ansatzweise eine ähnliche Fan-Haltung wie im Ruhrpott.

Hatten Sie damals Kontakt zu den Fans?
Ja klar. Ich bin eigentlich jeden Tag mit dem Zug zum Training gefahren. Da wurde ich täglich angesprochen. Auch dann etwas später am Tag in den Restaurants oder Bars. Aber alle waren total höflich, behandelten uns respektvoll. Es war einfach eine grossartige Zeit.

Waren Sie regelmässig im Ausgang?
Das kann man wohl so sagen.

Und Sie fuhren wirklich mit dem Zug zum Training?
Ja. Wir wohnten in Ergste, etwa zehn Kilometer ausserhalb von Dortmund. Die Zugverbindung zum Trainingsgelände war ideal.

Und wie war Ihre Zeit beim BVB aus sportlicher Sicht?
Wir wollten um die europäischen Plätze mitspielen und schafften im letzten Spiel den Ligaerhalt. Wir hatten in dieser Saison mit Timo Konietzka, Reinhard Saftig und dem späteren deutschen Nationaltrainer Erich Ribbeck drei Trainer. Aus sportlicher Sicht war es also nicht berauschend.

Immerhin haben Sie als Verteidiger sechs Tore erzielt.
Als Verteidiger war es, glaube ich zumindest, nur eines. In der Rückrunde hat mich dann Ribbeck zum Stürmer umfunktioniert.

Warum?
Ich denke, der Druck der Presse ist nach einem 0:6 gegen Werder Bremen zu gross geworden. Ich hatte den Auftrag Werder-Stürmer Rudi Völler aus dem Spiel zu nehmen. Doch der Rudi hat vier Tore erzielt. Dass er drei Tore nach stehenden Bällen geschossen hat, und ich da gar nicht für ihn zuständig gewesen bin, hat keinen interessiert. Von BILD kriegte ich die Note 6. Was soviel wie unbrauchbar heisst. Übrigens war Völler nicht der einzige Gegner, den ich decken musste, der vier Tore gemacht hat.

Wer noch?
Köln-Stürmer Klaus Allofs. Er war eher klein, leichtgewichtig, brutal antrittsschnell und zudem Linksfüsser. Es war für mich der Horror. Allofs war der unangenehmste Spieler, gegen den ich spielen musste.

Wie war es, als Sie von der BILD an den Pranger gestellt wurden?
Das war schon sehr hart. Sie müssen wissen: Ich war unbestrittener Stammspieler. Neben dem Rumänen Marcel Raducanu der einzige Ausländer. Im Nachhinein denke ich aber, dass dieses Erlebnis positiv war. Es hat mich mental stärker gemacht.

Schauen Sie sich das Revier-Derby eigentlich vor dem TV an?
Was soll die Frage? Sicher. Ich musste nun schon genug lange auf Fussball verzichten.

Persönlich: Andy Egli

Andy Egli (8. Mai 1958) wurde 4mal Cupsieger und vier Mal Meister mit GC – zudem einmal Meister mit Servette. Er lief insgesamt 80 Mal für die Nati auf und nahm an der WM 1994 in Amerika teil. Nach seinem Rücktritt als Spieler war er jahrelang Trainer, unter anderem beim FC Thun, bei Aarau, Luzern, Dortmund und bei Busan I'Park in Südkorea. Seit Jahren ist er Fussballexperte beim Schweizer Fernsehen. Andy und seine Frau Silvana haben vier Kinder – Ramon (36), Riana (35), Rebecca (32) und Roxana (29) – und bereits sieben Grosskinder.

Andy Egli (8. Mai 1958) wurde 4mal Cupsieger und vier Mal Meister mit GC – zudem einmal Meister mit Servette. Er lief insgesamt 80 Mal für die Nati auf und nahm an der WM 1994 in Amerika teil. Nach seinem Rücktritt als Spieler war er jahrelang Trainer, unter anderem beim FC Thun, bei Aarau, Luzern, Dortmund und bei Busan I'Park in Südkorea. Seit Jahren ist er Fussballexperte beim Schweizer Fernsehen. Andy und seine Frau Silvana haben vier Kinder – Ramon (36), Riana (35), Rebecca (32) und Roxana (29) – und bereits sieben Grosskinder.

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