Crnogorcevic erlebte Spanien-Streit hautnah mit
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«Keine schöne Situation»:Crnogorcevic erlebte Spanien-Streit hautnah mit

Spanien-Expertin Crnogorcevic
«Putellas ist noch nicht bei 100 Prozent»

Keine in der Nati kennt den Achtelfinal-Gegner Spanien so gut wie Ana-Maria Crnogorcevic. Seit dreieinhalb Jahren spielt die Berner Oberländerin beim FC Barcelona, der das Gerüst der spanischen Nati stellt.
Publiziert: 04.08.2023 um 00:16 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2023 um 07:15 Uhr
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Christian FinkbeinerStv. Fussballchef

Seit dreieinhalb Jahren ist Spanien die Heimat von Ana-Maria Crnogorcevic (32). Seither spielt die Rekord-Natispielerin (150 Länderspiele) und Torschützin (71 Tore) beim FC Barcelona und gewinnt mit den Katalaninnen viermal den Meistertitel und zweimal die Champions League.

48 Stunden vor dem Achtelfinal-Duell gegen Spanien spricht die Stürmerin in einer kleinen Medienrunde in Dunedin ausführlich über ...

... das Rezept, um Spanien zu schlagen

«Spanien ist auf dem Papier Favorit, aber Japan hat gezeigt, wie man Spanien schlägt. Sie haben taktisch sehr diszipliniert gespielt. Und ihre Konter waren überragend. Die andere Variante ist ein hohes Pressing, um sie nicht spielen zu lassen, was ich bevorzugen würde. Wenn man den Ball gewinnt, dann sind es nur noch 20 Meter bis zum Tor. Wir werden nicht darum herumkommen, viel zu laufen. Man darf ihnen keinen Raum lassen. Es braucht taktisch eine Meisterleistung.»

Ana-Maria Crnogorcevic lebt seit dreieinhalb Jahren in Barcelona.
Foto: keystone-sda.ch
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... ihre Rolle in Barcelona und bei der Nati

«In der Nati bin ich seit Jahren Stamm- und Führungsspielerin. Bei Barcelona habe ich auch eine wichtige Rolle, auch wenn ich nicht unbestrittene Stammspielerin bin. In dieser Saison habe ich allerdings sehr oft gespielt. Es war eines meiner besten Jahre, was die Anzahl Tore, Assists, Spielminuten und Titel anbetrifft (40 Spiele, 10 Tore, 7 Assists – Anm. d. Red.). Ich spüre das Vertrauen des Trainerteams, bin immer eingewechselt worden oder habe – wie zum Beispiel gegen Bayern München – auch immer wieder mal von Anfang an gespielt.»

Kommentar von Blick-Fussballchef Christian Finkbeiner

... ihre Anpassung an den spanischen Lebensstil

«Eine Siesta habe ich schon früher immer gemacht. Und auch an die späteren Essenszeiten habe ich mich gewöhnt. Die Unpünktlichkeit habe ich aber noch nicht übernommen. Wenn du um 21 Uhr zum Essen verabredet bist, musst du nicht vor 21.30 Uhr auftauchen. Im Training sind sie zwar meistens pünktlich, aber ansonsten pflegen sie schon das mediterrane Flair.»

... den Kontakt zu ihren Teamkolleginnen aus Barcelona

«Bereits als der Spielplan draussen war, haben wir Witze gemacht, dass wir aufeinander treffen könnten. Ich freue mich, sie zu sehen, auch wenn es mir später im Turnier lieber gewesen wäre. Mit einigen bin ich immer in Kontakt, da neckt man sich auch gegenseitig einmal. Vor und nach dem Spiel sind wir Freundinnen, während der 90 Minuten aber nicht.»

... ihre besten Barça-Freundinnen

«Alles, was man im Gym zu zweit macht, mache ich zusammen mit Irene Paredes. Manchmal bin ich auch Babysitter bei ihrem bald zweijährigen Sohn Mateo oder wir trinken zusammen Kaffee und holen ihn danach ab. Auch Laia Codina, Mariona Caldentey, Jennifer Hermoso und Maria Perez sind gute Freundinnen von mir.»

... die Form von Weltfussballerin Alexia Putellas

«Ein Jahr nach einer solchen Verletzung kann man noch nicht bei 100 Prozent sein. Die Erwartungen an sie sind riesig. Aber ihr fehlen die Spielminuten. Bei Barcelona spielte sie nach ihrer Rückkehr nie von Beginn an, weil es die letzten Spiele der Saison waren und die Trainer nicht auf einzelne Rücksicht nehmen konnten. Man muss ihr Zeit geben.»

... den Druck, der auf Spanien lastet

«Dieser ist da, wenn man sieht, was wir in Barcelona machen. Dort haben wir aber ausländische Spielerinnen wie Asisat Oshola, Caro Hansen oder Keira Walsh, die auch den Unterschied ausmachen. Wir haben einen sehr guten Mix in Barcelona, auch wenn das Gerüst die Spanierinnen sind. Diese spielen seit sieben oder acht Jahren zusammen und verstehen sich blind. Unser B-Team spielt ähnlich, die Männer auch, das ist die DNA von Barcelona. In der Nati kommen aber andere Spielerinnen dazu, man hat nicht so viel Zeit. Dass alles so funktioniert wie im Verein, ist schwierig. Es ist eine Generation, von der man mehr erwarten kann. An der WM 2019 schieden sie allerdings gegen die USA aus und an der EM gegen England, was keine Schande ist.»

... den Knatsch in Spaniens Team vor der WM

«Im September, als es losgegangen ist, war es im Verein und in ganz Spanien eine Riesensache. Es ist keine schöne Situation, weder für die Spielerinnen, noch für den Verband. Allerdings habe ich etwas den Überblick verloren, ob es nun um den Trainer, den Verband oder die allgemeinen Bedingungen geht. Jede hat wohl ihre eigenen Gründe, warum sie nicht zufrieden ist. Ich bin froh, dass ich nicht da bin, denn das will innerhalb eines Teams niemand haben.»

Der Spanien-Zoff kurz erklärt

Im letzten September sorgt «La Roja» für Schlagzeilen, als nach erfolgreicher WM-Quali nicht weniger als 15 Spielerinnen in den Streik treten. Sie äussern Bedenken hinsichtlich der Trainingsmethoden und Massnahmen von Cheftrainer Jorge Vilda, der laut den Spielerinnen ein Umfeld von Stress und Angst geschaffen hätte. Doch der Verband lässt sich nicht erpressen, das Team zeigt auch ohne die Abtrünnigen gute Leistungen und schlägt unter anderen in einem Testspiel die USA.

Im letzten September sorgt «La Roja» für Schlagzeilen, als nach erfolgreicher WM-Quali nicht weniger als 15 Spielerinnen in den Streik treten. Sie äussern Bedenken hinsichtlich der Trainingsmethoden und Massnahmen von Cheftrainer Jorge Vilda, der laut den Spielerinnen ein Umfeld von Stress und Angst geschaffen hätte. Doch der Verband lässt sich nicht erpressen, das Team zeigt auch ohne die Abtrünnigen gute Leistungen und schlägt unter anderen in einem Testspiel die USA.

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... die Achtelfinal-Erfahrung der Nati an der WM 2015

«Das war für uns sehr speziell, da wir gegen den Gastgeber Kanada gespielt haben und das Stadion voll war. Wir verloren 0:1, aber es wäre mehr drin gelegen. Am Samstag wird es ein ganz anderes Spiel, ich weiss nicht, ob man es vergleichen kann, da viele erstmals in einem Achtelfinal stehen. Klar ist: Wir müssen als Team agieren, taktisch gut stehen, einander helfen und bis zum Schluss fighten.»

... ihre wohl letzte WM

«Mir ist seit Wochen bewusst, dass dies meine letzte WM sein könnte. Wichtig ist, dass ich gesund bleibe und der Körper das Ganze weiter mitmacht. Dieser braucht einen halben Tag mehr Regeneration als früher. Der Frauenfussball hat sich physisch und athletisch weiterentwickelt. Er ist intensiver geworden, was man auch an den vielen Verletzungen sieht.»

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