Michael Wegmann (Text) und Benjamin Soland (Fotos)

Nach dem EM-Out verrät Nati-Captain Lia Wälti, dass Teamkollegin Fabienne Humm während der EM in England noch gearbeitet hat. «Fabi ist nach den Trainings zurück aufs Zimmer, um zu arbeiten», sagt sie. «Dass sie diesen Aufwand auf sich nimmt, ist nicht selbstverständlich.»

Am Sonntag fliegt die Nati nach der Niederlage gegen Holland aus dem Turnier, am Montagabend zurück in die Schweiz. Am Dienstagmorgen ist Humm schon im Büro. Die Nati-Stürmerin, die gegen Portugal und Schweden zum Einsatz kam, arbeitet zu hundert Prozent als Logistik-Kauffrau bei der Firma «Display LC AG» in Gebenstorf AG. Hier hat sie im 2003 ihre Lehre begonnen, hier arbeitet sie noch immer. «Nächstes Jahr habe ich mein 20-jähriges Jubiläum. Ich hoffe schon, dass es ein Geschenk gibt», sagt Humm und lacht.

Humm: «Es stimmt für mich so: Fussball ist mein Hobby!»

Sie weiss, dass es schon ein Geschenk ist, einen derart toleranten Arbeitgeber zu haben. «Hier kann ich den Fussball und die Arbeit unter einen Hut bringen», sagt die 74-fache Nati-Spielerin, als Blick sie besucht. Sie erfasst Bestellungen, kümmert sich um Kunden, liefert Material aus und bewirtschaftet das Lager. «Die Arbeit macht mir Spass», sagt sie. Am Abend gehts ab ins Training. Seit 13 Jahren stürmt sie für den FCZ, sie ist Captain und Rekordtorschützin. Arbeit. Fussball. Arbeit. Fussball. Aber Humm will weder Mitleid noch klagen. «Mir geht es super. Ich habe mir das selbst ausgesucht – und es stimmt für mich so. Fussball ist für mich Hobby.»

Fabienne Humm im Lager der Firma «Display LC», wo sie seit fast 20 Jahren als Logistik-Kauffrau arbeitet.

Foto: BENJAMIN SOLAND

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Sie hatte Möglichkeiten, Profi werden zu können. Es hat genügend Angebote gegeben: Aus der Bundesliga, ein besonders lukratives gar aus China. Aber Humm wollte nie weg. «Ich bin gerne zuhause, gerne hier im Büro und gerne beim FCZ. Ich habe schnell Heimweh. Zudem wüsste ich nicht, ob mir der Fussball noch genau so viel Freude machen würde, wenn ich Fussballspielen müsste, um Geld für die Miete und fürs Essen zu verdienen.» Das Geld, welches sie nun verdient, reiche knapp für ihre Benzinkosten.

Rund 45 Stunden hat Humm während der EM gearbeitet

Und wie war das nun an der EM in England? Musste sie wirklich nebenbei noch arbeiten? «Eigentlich habe ich unbezahlte Ferien genommen. Aber ich wusste, dass in der Ferienzeit viele weg sind und es viel zu tun gibt. Da habe ich gerne geholfen.» Rund 45 Stunden hat sie in England fürs Büro aufgewendet. Vor dem Morgenessen eine Stunde, dann auch noch nach dem Mittagessen und am Abend. «Es war kein Problem. Seit Corona wissen wir ja, dass Home-Office gut funktionieren kann.»

Ihre «Büro-Gspänlis» sind übrigens längst auch Nati-Fans. «Eigentlich war ein EM-Ausflug mit einem grösseren deutschen Kunden geplant. Dieser musste dann aber kurzfristig abgesagt werden.»

Vielleicht kriegen ihre Mitarbeitenden ja noch eine Möglichkeit: Humm und ihre Nati-Kolleginnen sind noch im Rennen für einen Platz an der WM im nächsten Jahr in Australien und Neuseeland.

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