Fifa schiesst nach Infantino-Strafverfahren zurück
«Grotesk, unfair und absurd!»

Die Fifa wehrt sich vehement für ihren Präsidenten. Alasdair Bell, der stellvertretende Generalsekretär: «Es gibt keinerlei Grund für dieses Strafverfahren. Gianni Infantino hat nichts falsch gemacht!»
Publiziert: 03.08.2020 um 15:59 Uhr
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Aktualisiert: 09.08.2020 um 14:04 Uhr
Andreas Böni

Die Fifa geht in die Offensive. Nachdem der ausserordentliche Staatsanwalt des Bundes, Stefan Keller, ein Strafverfahren gegen Fifa-Präsident Gianni Infantino (50) eröffnet hat, schiesst die Fifa scharf zurück.

Eine Reihe von Anwälten und Alasdair Bell, der stellvertretende Fifa-Generalsekretär, stellen sich in einer Video-Konferenz den Weltmedien. Bell braucht Worte wie «grotesk», «unfair» und «absurd»: «Es gibt keine Fakten, nur anonyme Vorwürfe. Es gibt keinerlei Grund für dieses Strafverfahren. Es gibt keine Art von Strafverhalten von Gianni Infantino, er hat nichts falsch gemacht.»

«Kein kriminelles Verhalten»

Die Treffen mit Michael Lauber seien legitim und legal gewesen. «Es gab kein Verhalten, das irgendwie kriminell war.» Bell klingt an, dass er die Fifa als Opfer von politischen Machenschaften sieht: «Wir als Fifa scheinen ein Kollateralschaden zu sein.»

Gianni Infantino (r.) mit St. Gallens Meister-Präsident Thomas Müller beim Spiel FCSG gegen Basel (0:5).
Foto: Sven Thomann
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Der Verdacht ist klar: Die Aufsichtsbehörde der Bundesanwaltschaft (AB-BA) mit Hanspeter Uster an der Spitze setzte den ausserordentlichen Staatsanwalt ein. Dass dieser dann Uster-Intimfeind Lauber attackiert und auch Infantino mit in die Tiefe reisst, liege auf der Hand - so lautet eine der Theorien, die natürlich niemand laut ausspricht.

Die Fifa rechtfertigt stattdessen die Treffen von Infantino mit Lauber: «Die Bundesanwaltschaft ermittelte zum damaligen Zeitpunkt in über 20 Fällen gegen ehemalige Fifa-Mitglieder in der Schweiz. Die Fifa war in diesen Verfahren geschädigte Partei , dementsprechend ergaben sich Treffen des Fifa-Präsidenten mit dem Bundesanwalt als logische Konsequenz.» In den USA habe die Zusammenarbeit mit dem FBI zu über 40 Verurteilungen geführt.

Die Fifa habe damals versucht, «das Vertrauen in ihre Institution wiederherzustellen», so Bell, der von einer «organisierte Kleptokratie» unter Sepp Blatter spricht.

Treffen seien nicht geheim gewesen

Vielmehr sei es darum gegangen, Vertrauen zu schaffen, so der Weltfussballverband. «Der Fifa-Präsident war zum Zeitpunkt des ersten Treffens gerade einmal 24 Tage im Amt, die Fifa befand sich in einer desaströsen Situation und es bestand zudem die Gefahr, von den US-Behörden als kriminelle Organisation eingestuft zu werden. In diesem vergifteten Umfeld ging es darum, den Ermittlern die volle Unterstützung zu garantieren.»

Die Treffen seien auch nicht geheim gewesen. «Nein, in keinster Weise. Bitte beachten Sie: Die Tagungsorte wurden von der Bundesanwaltschaft im öffentlichen Raum (Hotels/Restaurants) organisiert. Die Tagungsorte wurden nicht von der Fifa oder dem Fifa-Präsidenten ausgewählt, sondern von der Bundesanwaltschaft.»

Die Fifa schiesst auch auf Keller, der das Verfahren eröffnet hat. «Es sei an dieser Stelle zu erwähnen, dass Dr. Stefan Keller weder hinreichende Anhaltspunkte, noch eine klare und nachvollziehbare Rechtsgrundlage zur Eröffnung des Verfahrens darlegen konnte. Darüber hinaus wurde diese Untersuchung eingeleitet, ohne dass der Fifa-Präsident zuvor um eine Erklärung gebeten wurde. Die Fifa hatte keinen Zugang zu den Akten, obwohl es den Anschein hat, als seien die anonymen Anzeigen, die letztendlich zur Eröffnung führten, an die Medien gespielt worden.» Und weiter: «Um dies ein für alle Mal klarzustellen: Die Fifa und der Fifa-Präsident weisen jedwede Anschuldigung, dass der Fifa-Präsident jemals versucht habe, in irgendeiner Form unangemessenen Einfluss auf den Bundesanwalt auszuüben, kategorisch zurück.»

Die Fifa geht auch auf die Ermittlungen gegen Infantinos Freund Rinaldo Arnold, der das Treffen mit dem Bundesanwalt organisierte, ein. Bell: «Er nahm ihn mit, weil er ihm vertraut und ihn lange kennt. Weil er selbst Anwalt ist und sich auskennt.»

Zudem hält der Weltfussballverband, dass die Treffen schon 2018/19 «von einem anderen Sonderstaatsanwalt im Rahmen einer Untersuchung gegen Rinaldo Arnold wegen des Verdachts der Vorteilsannahme untersucht wurden. Diese Untersuchung wurde eingestellt und ohne Anklageerhebung abgeschlossen.»

Was macht die Ethikkommission?

Und das ominöse dritte Treffen von Lauber mit Infantino, an das sich keiner mehr erinnern kann? Infantino habe nicht gelogen, hält die Fifa fest. «Er hat die Existenz von keinem Treffen je bestritten.»

Es sind klare Worte der Fifa. So scheint es auch unwahrscheinlich, dass die Ethikkommission eingreift, auch wenn die Fifa deren Unabhängigkeit betont. Und würde Infantino ein Urteil akzeptieren, wenn die Ethik-Bosse ihn zur Überraschung aller suspendieren würden? «Zweifellos», sagt Bell.

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