«Es gibt auch schlechte Seiten im Fussball»
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Ex-Profi Fulvio Sulmoni:«Es gibt auch schlechte Seiten im Fussball»

Ex-Profi Sulmoni über die Schattenseiten des Fussballs
«Alle Spieler müssen lügen»

Im Fussball wird geheuchelt und gelogen – weil es das System so verlangt. Ex-Spieler Fulvio Sulmoni (34) rückt den Profifussball in ein ­trübes Licht. Er sieht vor allem die Trainer kritisch.
Publiziert: 20.12.2020 um 11:58 Uhr
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Aktualisiert: 20.12.2020 um 19:44 Uhr
Michael Wegmann (Text) und Toto Marti (Fotos)

Diesen Sommer ist Fulvio Sulmoni (34) nach 17 Jahren als Fussballprofi in der Schweiz zurückgetreten. Der Verteidiger galt dabei immer als zuverlässig und fokussiert. Neben dem Platz beschreiben ihn die Mitspieler als «ruhig», «sehr anständig», «gebildet». Einer sagt: «Fulvio erfüllte kein einziges Fussballer-Klischee.» Dass der Tessiner in der Fussballwelt oft unglücklich ist, behält er für sich. Er sei eher sparsam mit seinen Emotionen, sagt er, fresse den Frust lieber in sich hinein.

Irgendwann leidet er so stark, dass seine Frau ihm empfiehlt, als Ventil für seinen Frust seine Gedanken aufzuschreiben. Also schreibt er. Zu Hause. Im Hotelzimmer. Nach den Spielen im Bus. Hauptsächlich dann, wenn ihn etwas beschäftigt, wenn er sich schlecht fühlt. Es ist eine Art Therapie, und sie hilft. Irgendwann entschliesst er sich, seine Gedanken zu veröffentlichen.

«Piacere di averti conosciuto» (Es ist mir ein Vergnügen, dich kennengelernt zu haben) heisst sein Buch, welches vor allem die Schattenseiten des «Systems Fussball» aufzeigt. Es ist mal traurig, mal brutal. Mal ironisch, mal alarmierend. Immer aber ehrlich, schonungslos und ungefiltert. Sulmoni schreibt, was er als Fussballer wirklich gedacht hat.

Ex-Fussballer Sulmoni hat ein Buch geschrieben.
Foto: TOTO MARTI
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In der Einführung ins Buch schreibt er: «Ich habe mich als Fussballer immer politisch korrekt verhalten, habe den Leuten immer gesagt, was sie von mir hören wollten. Nie, was ich wirklich dachte. Bis ich es nicht mehr ausgehalten habe. Basta! Ich habe mich entschieden: Ich erzähle meine Wahrheit, meine Sicht. Die Wahrheit eines Fuss­ballers, eines sensiblen Menschen, der zu kämpfen hatte in diesem Mikrokosmos von Wahnsinn, Mittelmässigkeit und Lügen. Das Buch ist ein einfaches Zeugnis über meine ganz persönlichen Erfahrungen in dieser Welt geworden. Keine Gedanken oder Erfahrungen habe ich aus Angst vor irgendwelchen Konsequenzen weggelassen.»

SonntagsBlick trifft Sulmoni in einem Restaurant in der Nähe des Stadions Cornaredo in Lugano zum Gespräch.

SonntagsBlick: Fulvio Sulmoni, Sie kritisieren das System Fussball. Dabei waren Sie selbst 17 Jahre ein Teil davon. Wurden Sie schon als Nestbeschmutzer beschimpft?
Fulvio Sulmoni:
Nein, die meisten Rückmeldungen waren bisher positiv. Ich sehe mich auch nicht als Nestbeschmutzer. Dieses Buch sollte nie eine Abrechnung mit dem Fussball und seinen Personen werden. Im Italienischen heisst es: «Non sputare nel piatto in cui mangi» (Spucke nie in den Teller, aus dem du isst; die Red.). Das tue ich nicht. Ich schreibe ja auch von positiven Dingen, von schönen Momenten. Aber da ich hauptsächlich dann geschrieben habe, wenn mich etwas beschäftigt hat, ist das Buch zugegebenermassen schon sehr kritisch und hart geworden. Beim Schreiben hatte ich aber nie die Absicht, es zu veröffentlichen.

Das Buch

Sein 160-seitiges Buch «Piacere di averti conosciuto» (Es ist mir ein Vergnügen, dich kennengelernt zu haben) ist Ende Oktober auf Italienisch erschienen. Gegen 2000 Exemplare wurden bisher im Tessin verkauft. Der Erlös wird für einen karitativen Zweck verwendet. «Mit dem Geld werden Weihnachtsgeschenke für Kinder gekauft, die aus ärmlichen Verhältnissen kommen und sonst nichts kriegen würden», sagt Sulmoni. Er lässt sein Buch, welches er ohne Ghostwriter geschrieben hat, demnächst auf Deutsch übersetzen.

Sein 160-seitiges Buch «Piacere di averti conosciuto» (Es ist mir ein Vergnügen, dich kennengelernt zu haben) ist Ende Oktober auf Italienisch erschienen. Gegen 2000 Exemplare wurden bisher im Tessin verkauft. Der Erlös wird für einen karitativen Zweck verwendet. «Mit dem Geld werden Weihnachtsgeschenke für Kinder gekauft, die aus ärmlichen Verhältnissen kommen und sonst nichts kriegen würden», sagt Sulmoni. Er lässt sein Buch, welches er ohne Ghostwriter geschrieben hat, demnächst auf Deutsch übersetzen.

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Weshalb haben Sie es dennoch getan?
Ich wollte mit einem Klischee aufräumen. Das Leben eines Fussballprofis gilt als Traum. Viel Geld, Luxus, Popularität, viel Freizeit, keine Sorgen. Ein Leben auf der Sonnenseite. Fussballer gilt als einer der schönsten Berufe der Welt. Aber für mich fühlte es sich nur an ganz wenigen Tagen als der schönste Beruf der Welt an. Ich habe wegen des Fussballs sehr viele sonnige Tage meines Lebens verpasst, an denen ich glücklich hätte sein können. Stattdessen war ich frustriert. Der Fussball hat mir wehgetan. Und ich bin nicht allein. Mein Ziel ist es, auch die Schattenseiten eines Fussballerlebens zu zeigen. Es ist wichtig, dass junge Talente und ihre Eltern wissen, worauf sie sich da einlassen wollen.

Und worauf lassen sie sich ein?
Auf eine Welt, in welcher man kämpfen muss. Auf eine Welt voller Wahnsinn und Lügen. Auf eine Welt, in welcher mit Sicherheit schwierige Momente kommen werden: Verletzungen. Operationen. Psychischer Druck. Konkurrenzkampf. Schlaflose Nächte. Depressionen. Öffentliche Kritik. Mobbing von Trainern, Sportchefs oder der Gesellschaft. Zukunftsangst. Ich habe mich entschieden, meine Wahrheit zu erzählen.

Warum haben Sie es nicht früher getan?
Weil du als Fussballer nicht sagen darfst, was du denkst. Du musst glücklich sein und stark.

Diese Woche hat Ihr ehemaliger Teamkollege beim FC Lugano, Francisco Rodriguez, offen über seine Depressionen geredet.
Das war super und wahnsinnig mutig von Cico. Aber damit ist er die absolute Ausnahme. Ich habe mir einige Male überlegt, ob ich meine Probleme öffentlich machen sollte. Auch ich hatte depressive Phasen während meiner Karriere. Doch mir fehlte immer der Mut. Ich hatte Angst vor den Konsequenzen – der Fussball war immer stärker als ich. Dabei leiden viele Fussballer. Und es würde helfen, wenn sie sich öffnen würden und ihre Schwächen und Ängste thematisieren. So wie jetzt Cico.

Zlatan Ibrahimovic zum Beispiel sagt, was er denkt.
Ibrahimovic ist ein Superstar. Er muss keine Konsequenzen fürchten. Ich dagegen habe eine durchschnittliche Karriere gemacht. Ich habe nicht auf den wichtigen Bühnen gespielt. Ich war nicht Nationalspieler. Ich habe keine Millionen verdient. Gerade deshalb bin ich überzeugt, dass es interessant sein könnte, wenn ich meine Erfahrungen weitergebe. Eine Karriere wie meine ist viel wahrscheinlicher als eine solche von Ibrahimovic. Deshalb ist mein wichtigster Rat an die Jungen: Egal, wie talentiert ihr seid, macht eine Ausbildung! Das ist essenziell. Denn der Fussball braucht dich – und wenn er dich nicht mehr braucht, spuckt er dich aus. Und wenn du dann ohne Ausbildung mit 30 auf der Strasse stehst, hast du wirkliche Probleme. Du bist mitten im Leben und hast keine Ausbildung, nichts. Keiner hat auf einen ehemaligen Fussballer gewartet.

Dann wäre es gut, wenn Sie genug Geld verdient hätten.
Die Chance zu haben, einen Vertrag wie Xhaka oder Shaqiri zu unterschreiben, ist so klein wie ein Lotto-Sechser. Laut einer Statistik des SFV unterschreiben von 15'000 zwölfjährigen Talenten 15 am Ende einen Profivertrag. Nur 15! Darunter sind auch jene, welche für 2500 Franken monatlich in der Challenge League spielen. Die allerwenigsten Schweizer Fussballer haben am Ende ihrer Karriere genug Geld verdient, um nicht mehr arbeiten zu müssen. Deshalb sollte sich ein 28-jähriger Challenge-League-Fussballer ernsthaft und schnell nach einem anderen Job umsehen oder eine Ausbildung beginnen. Nur tun das die wenigsten. Jeder glaubt, dass er den einen grossen Vertrag, der ihn saniert, noch unterschreiben wird. Dass dies mit 99,99-prozentiger Sicherheit nicht eintreffen wird, sagt dir im Normalfall nicht mal dein Berater.

Zurück zum Lügen. Wieso lügt ein Fussballer?
Weil er nicht anders kann. Er muss sagen, was die anderen hören wollen. Sonst kriegt er Probleme mit dem Klub, dem Trainer, den Mitspielern oder den Fans. Auch ich habe immer erzählt, was die anderen hören wollten, nie, was ich wirklich dachte. Und hat mal einer den Mut und öffnet sich in einem Interview, wird dieses im Normalfall vom Klub oder vom Berater beim Gegenlesen noch in die Norm gebracht. Ich finde, dass Journalisten längst auf Interviews mit Fussballern verzichten sollten. Weil sie dabei nie die Wahrheit hören werden!

Können Sie Beispiele nennen?
Ganz banal: Der Stürmer sagt nach einem 3:4: «Es wäre mir lieber, wir hätten 1:0 gewonnen und ich hätte kein Tor geschossen.» Wäre er ehrlich, würde er sagen: «Schade, haben wir verloren. Aber ich bin glücklich, denn ich habe drei Tore erzielt!» Alle Stürmer denken so. Weil alle wissen, dass am Ende des Tages der Stürmer, der 20 Tore geschossen hat, den lukrativen Vertrag unterschreibt. Als Fussballer musst du Egoist sein. «Morte tua, vita mia», sagt man auf Italienisch (dein Tod, mein Leben). Dein Mitspieler ist dein härtester Konkurrent. So funktioniert das System Fussball. Als ich realisiert habe, wie egoistisch ich selbst geworden bin, habe ich mich für mich selbst geschämt.

Wie haben Sie realisiert, dass Sie egoistisch geworden sind?
Als ich als Ersatzspieler auf der Bank sass und realisiert habe, dass ich hoffte, wir würden verlieren. So hart es tönt, aber mir war klar: Gewinnt meine Mannschaft, bleibe ich auf der Bank. Und als Ersatzspieler habe ich schlechte Argumente für einen neuen Vertrag. Dass ich so dachte, hat mich schockiert und sehr beschäftigt.

Persönlich

Fulvio Sulmoni spielte für alle vier grossen Tessiner Vereine Lugano, Bellinzona, Locarno und Chiasso. Seine beste Zeit hatte der Verteidiger aber zwischen 2013 und 2016 beim FC Thun. Mit Lugano erreichte er die Gruppenphase der Europa League. Nach 171 Partien in der Super League und 152 Spielen in der Challenge League beendete er diesen ­Sommer seine 17-jährige Profikarriere.

Im Sommer 2018 ändert sich seine Sicht auf die Dinge und relativiert sich vieles in seinem Leben. Bei Sulmoni wird Hodenkrebs diagnostiziert. «Diese Krankheit hat mir die Kraft gegeben, dieses Buch zu veröffentlichen», sagt Sulmoni. Der Ex-Fussballer, der den Bachelor in Wirtschaft und den Master­abschluss in Finanzen besitzt, arbeitet heute bei der Banca Stato in Lugano. Er ist mit Paola verheiratet, ihre gemeinsame Tochter Aurora ist ein Jahr alt.

Fulvio Sulmoni spielte für alle vier grossen Tessiner Vereine Lugano, Bellinzona, Locarno und Chiasso. Seine beste Zeit hatte der Verteidiger aber zwischen 2013 und 2016 beim FC Thun. Mit Lugano erreichte er die Gruppenphase der Europa League. Nach 171 Partien in der Super League und 152 Spielen in der Challenge League beendete er diesen ­Sommer seine 17-jährige Profikarriere.

Im Sommer 2018 ändert sich seine Sicht auf die Dinge und relativiert sich vieles in seinem Leben. Bei Sulmoni wird Hodenkrebs diagnostiziert. «Diese Krankheit hat mir die Kraft gegeben, dieses Buch zu veröffentlichen», sagt Sulmoni. Der Ex-Fussballer, der den Bachelor in Wirtschaft und den Master­abschluss in Finanzen besitzt, arbeitet heute bei der Banca Stato in Lugano. Er ist mit Paola verheiratet, ihre gemeinsame Tochter Aurora ist ein Jahr alt.

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Sie schreiben in Ihrem Buch, dass Sie wochenlang mit einem Leistenbruch gespielt haben. Warum tut man so was?
Das war während meiner Zeit in Thun. Ich war auf dem Höhepunkt meiner Karriere, hoffte auf einen neuen, noch besseren Vertrag. Also biss ich auf die Zähne, weil ich Angst hatte, dass ich meinen Stammplatz verlieren und meine Zukunft aufs Spiel setzen könnte. Spielst du sechs Monate nicht, riskierst du deine Zukunft. Privat ging ich vor lauter Schmerzen an Krücken, als Fuss­baller nahm ich Schmerzmittel und spielte – bis es nicht mehr ging.

Tönt krank.
Ich weiss. Aber so war es.

Mit Ihren Trainern scheinen Sie wenig gute Erfahrungen gemacht zu haben. Bis auf Ihren Jugendtrainer Carlo Ortelli, Raimondo Ponte und Urs Fischer kommen von Ihren 20 Trainern alle schlecht weg. Warum?
Weil es vielen Trainern an emotionaler Intelligenz fehlt. Sie sind sich nicht bewusst, dass sie es mit Menschen zu tun haben, behandeln Spieler wie Ware. Sie spielten selten mit offenen Karten, sagten dies und meinten das. Ein Trainer kann einen Spieler problemlos ins Abseits stellen und kaputtmachen. Ich weiss, wovon ich rede. Ich habe es selbst erlebt.

Erzählen Sie.
Ich war Vize-Captain beim FC Lugano. Eines Tages hat man mir, ohne mit mir zu reden, die Binde weggenommen. Wenig später war ich auch nicht mehr im Mannschaftsrat. Irgendwann bin ich nach einem Abschlusstraining aus der Garderobe gekommen. Auf dem Weg zum gemeinsamen Essen habe ich auf einem Papier am Anschlagbrett gesehen, dass ich nicht im Aufgebot bin. Ich war für einen Moment bewegungslos. In der Umkleidekabine hatte ich davor den Coach gesehen, den Assistenzcoach, den Athletik-Trainer – niemand hatte mit mir geredet. Ich wusste plötzlich nicht mehr, was ich tun soll. Sofort nach Hause gehen? Meine Frau hatte nichts vorbereitet, sie erwartete mich erst am nächsten Tag zurück. Also ass ich noch mit dem Team. Der Trainer sass an einem anderen Tisch. Er schenkte mir keinen Blick – für ihn schien alles klar.

Und für Sie?
Gar nichts. Ich wünschte nach dem Essen den Teamkollegen eine gute Reise. Einige waren fassungslos, andere gleichgültig. Ich kenne die Gründe nicht. Ich bin aufs Velo gestiegen, um nach Hause zu fahren, als hinter mir der Teambus losgefahren ist. Ich war enttäuscht, verletzt. Ich hatte Tränen in Augen. Meine Frau und ich entschlossen uns dann, das Wochenende in den Bergen zu verbringen, um den Kopf frei zu kriegen. Ich zwang mich, an nichts zu denken. Nicht einfach. Ich sagte mir: «Es wird vergehen. Denn alles vergeht.»

Und?
Es wurde nicht besser. Ich hatte das Gefühl, dass im Training täglich auf mir herumgetrampelt wird. Das hat mich emotional extrem mitgenommen: Ich konnte nicht mehr einschlafen und hatte keine Lust mehr aufzustehen. Das Training wurde für mich zur Qual. Sie fragen sich jetzt vielleicht: Und das alles, weil er nicht im Aufgebot gestanden ist? Es ist mir absolut bewusst, dass es viel schlimmere Dinge auf der Welt gibt. Aber der Moment, in welchem ich gemerkt habe, dass ich ausgeschlossen und gemobbt werde, hat mich persönlich sehr tief getroffen.

Es gibt Wochenende für Wochenende Spieler, die nicht im Aufgebot stehen …
… ich weiss, der Trainer muss Entscheidungen treffen. Aber es geht darum, wie er kommuniziert, wie er den Spieler behandelt. Ich trug die Captainbinde, und nur kurze Zeit später kam ich mir vor, als wäre ich ein Postpaket.

Wer war der Trainer?
Wie gesagt: Ich will nicht nach­treten.

Dann sagen Sie doch, was Fischer und Ponte besser gemacht haben?
Fischer war authentisch, ein natürlicher Leader. Er war mir gegenüber immer ehrlich und direkt. Kein Trainer hat so viele Einzel­gespräche geführt wie er. Dabei konnte Fischer schonungslos ehrlich sein. Aber du wusstest als Spieler immer, woran du bei ihm bist. Ponte war ein Trainertyp der alten Schule, aber immer sehr herzlich und respektvoll. Es ist mir bewusst, dass auch Trainer Druck verspüren. Es gibt Spieler, die eingesetzt werden müssen, weil man sie teuer verpflichtet hat oder weil sie verkauft werden sollten. Trainer müssen junge Talente fördern, um ihren Marktwert zu steigern, und sie müssen gewinnen. Das ist ein Interessenkonflikt, aber davon gibt es einige im Fussball.

Wie meinen Sie das?
Das System Fussball geht nicht auf. Da gibt es innerhalb eines Vereins zu viele Interessenkonflikte. Zwischen dem einzelnen Spieler und dem Team. Zwischen Trainer und Spieler, Trainer und Sportchef. Zwischen Klub und Beratern. Es kann doch nicht sein, dass ein Berater sowohl den Trainer wie auch Spieler in seinem Portfolio hat, die beim selben Klub angestellt sind. Was in anderen Sportarten verboten ist, ist im Fussball normal. Sie können mir nicht sagen, dass das seriös ist!

Tönt, als würden Sie nicht mehr Fussballer werden wollen?
Eigentlich wollte ich nie Profifussballer werden. Als Bub wollte ich Arzt werden. Doch ich war gut im Fussball. Die Leute sagten mir: «Versuch es doch, spiel Fussball!» Und weil ich gerne spielte, habe ich es getan. Noch bis 25 habe ich nicht gedacht, dass Fussballer mein Beruf werden würde. Ich spielte sechs Jahre in der Challenge League und studierte Wirtschaft. Bis 25 konnte ich nicht vom Fussball leben, ich verdiente zu wenig. Mittlerweile arbeite ich auf einer Bank und verdiene wieder weniger. Aber ich bin glücklich. Es stimmt schon: Der Fussball hat mir mehr Freude gemacht, als er noch nicht mein Beruf war.

Glauben Sie, dass sich durch Ihr Buch etwas ändert?
Ich hoffe sehr, dass ich damit jungen, talentierten Fussballern und ihren Eltern helfen kann. Ob sich was ändert? Ob der Fussball menschlicher wird? Das weiss ich nicht. Aber ich empfinde es nur schon als sehr positiv, wenn darüber gesprochen und nachgedacht wird.

Das meint BLICK zum Buch

Persönlich, tabulos, lesenswert

Ein Kommentar von Michael Wegmann, stv. Fussballchef

Fulvio Sulmoni spielt jahrelang in der Super League, auf der grössten Bühne des Schweizer Klubfussballs. Im Schein­werferlicht stand er nie. Er war kein Hauptdarsteller. Kein Star. Er war ein ­zuverlässiger Chrampfer.

Kaum Ex-Profi, schreibt er sich ins Rampenlicht. ­Sulmoni berichtet in «Piacere di averti conosciuto» über ­seine Erfahrungen aus 17 Jahren Profifussball. ­Ehrlich, ungefiltert, kritisch. Er schreibt über fehlende ­Empathie, Egoismus, Lügen und Maulkörbe. Über schlaflose Nächte, Druck, Depressionen, Mobbing, Angst.

Ist Sulmoni ein Nest­beschmutzer? Ein Aufschneider? Oder ist ihm einfach langweilig? Wer ihm gegenübersitzt, merkt: nichts von all dem. Er ist zurückhaltend, differenziert. Es ist ihm wichtig, dass sein Buch nicht als Abrechnung rüberkommt, sondern als ­seine Wahrheit. Er will aufzeigen, dass dieser «Traum­beruf» auch viele Schatten­seiten hat. Er ist sicher, dass es noch viele Fussballer gibt, wie er einer war: Fussballer, die leiden und schweigen.

Ob er hofft, dass er etwas verändern könne, fragten wir. Er meinte, er wisse es nicht. Aber es sei nur schon positiv, wenn darüber nachgedacht und geredet wird.

Sollte man unbedingt! Denn der Mann mit der durchschnittlichen Fuss­ballerkarriere hat ein überdurchschnittliches Buch ­geschrieben. Persönlich, aufrichtig, tabulos, lesenswert. Bald kommts auf Deutsch.

Persönlich, tabulos, lesenswert

Ein Kommentar von Michael Wegmann, stv. Fussballchef

Fulvio Sulmoni spielt jahrelang in der Super League, auf der grössten Bühne des Schweizer Klubfussballs. Im Schein­werferlicht stand er nie. Er war kein Hauptdarsteller. Kein Star. Er war ein ­zuverlässiger Chrampfer.

Kaum Ex-Profi, schreibt er sich ins Rampenlicht. ­Sulmoni berichtet in «Piacere di averti conosciuto» über ­seine Erfahrungen aus 17 Jahren Profifussball. ­Ehrlich, ungefiltert, kritisch. Er schreibt über fehlende ­Empathie, Egoismus, Lügen und Maulkörbe. Über schlaflose Nächte, Druck, Depressionen, Mobbing, Angst.

Ist Sulmoni ein Nest­beschmutzer? Ein Aufschneider? Oder ist ihm einfach langweilig? Wer ihm gegenübersitzt, merkt: nichts von all dem. Er ist zurückhaltend, differenziert. Es ist ihm wichtig, dass sein Buch nicht als Abrechnung rüberkommt, sondern als ­seine Wahrheit. Er will aufzeigen, dass dieser «Traum­beruf» auch viele Schatten­seiten hat. Er ist sicher, dass es noch viele Fussballer gibt, wie er einer war: Fussballer, die leiden und schweigen.

Ob er hofft, dass er etwas verändern könne, fragten wir. Er meinte, er wisse es nicht. Aber es sei nur schon positiv, wenn darüber nachgedacht und geredet wird.

Sollte man unbedingt! Denn der Mann mit der durchschnittlichen Fuss­ballerkarriere hat ein überdurchschnittliches Buch ­geschrieben. Persönlich, aufrichtig, tabulos, lesenswert. Bald kommts auf Deutsch.

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