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Italien-Trainer vergoldet sein stinkfreches Projekt
So revolutionierte Mancini den Calcio

Ein Neuaufbau ohne alte Zöpfe. Roberto Mancini macht seit 2018 als Trainer der Squadra Azzurra alles anders als seine Vorgänger. Und steht jetzt ganz oben.
Publiziert: 13.07.2021 um 09:24 Uhr
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Aktualisiert: 13.07.2021 um 13:41 Uhr
Matthias Dubach

Eigentlich ist sich Roberto Mancini (56) Titel-Dramen gewohnt. Als er 2012 ManCity zum ersten Titel der Scheich-Ära coacht, passiert das in einem Thriller in der letzten Runde. Nichts für schwache Nerven.

Wie auch nun der Elfer-Krimi im Wembley. Die Hitchcock-Entscheidung bringt sogar den krimi-gewohnten Mancini aus der Fassung. Nach dem letzten englischen Fehlschuss fliessen beim Italien-Coach die Tränen. Der Märchen-Baumeister zeigt Emotionen.

Der Meistertitel mit City und die erfolgreiche Zeit mit Inter in Ehren – was Mancini mit der Squadra Azzurra erreicht hat, ist beispiellos. Es ist das märchenhafte (vorläufige) Ende eines eigentlich stinkfrechen Projekts: Mancini brach im Zuge des Neuaufbaus nach der Nicht-Quali für die WM 2018 viele ungeschriebene Regeln, die für Italiens Heiligtum, die Nationalmannschaft, seit Jahrzehnten galten.

Ein echter Mister: Roberto Mancini hat auf seine eigene Weise aus Italien ein Europameister-Team geformt.
Foto: Getty Images
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Ein solches Italien gabs noch nie

Mancini forcierte nicht die Rückkehr zu den alten Tugenden. Im Gegenteil. Mancini tat mit dem vierfachen Weltmeister das Unerhörte. Er gewinnt den zweiten italienischen EM-Titel nicht mit einer defensiven Catenaccio-Ausrichtung. Er gewinnt ihn mit Pressing, schnellem Umschaltspiel, taktischer Variabilität, Offensivdrang, viel Teamgeist und einer Mannschaft ohne die ganz grossen Stars. So hat man Italien noch nie gesehen.

Klar: Aktuell gibts keinen Italo-Superstar von der Sorte eines Baggio, Totti oder del Piero. Aber bei Mancini gibts auch nicht die früher übliche Grossklub-Brille. Er hat sich beim Neuaufbau hemmungslos durch die ganze Serie A gecastet.

So kommts, dass im Kader drei Spieler von Liga-Winzling Sassuolo stehen. Früher undenkbar. Dazu zwei von Torino, drei von Napoli, zwei von Atalanta, zwei von Lazio, drei von Roma, einer von Fiorentina, nur zwei von Meister Inter, mit Keeper Gigi Donnarumma nur einer von Vizemeister Milan und vier von Juventus – darunter die Juve-Oldies Chiellini und Bonucci im Abwehrzentrum.

Mancini überzeugt Chiellini zum Weitermachen

Wie fein Mancinis Gespür für die passende Gruppenzusammensetzung ist, zeigt der Fall Chiellini. Nach der verpassten WM tritt er zurück – doch Mancini bringt den Oldie dazu, als Captain weiterzumachen.

Mancini ist von seinem Team derart überzeugt, dass er auch Chiellinis bescheidene Juve-Saison ignoriert, wie auch dass Jorginho bei Chelsea immer wieder auf der Bank sitzt. Nun sind sie Pfeiler des EM-Titels und eines Teams, das trotz Offensivpower defensiv stabil bleibt und mit nun 34 Spielen ohne Niederlage unschlagbar geworden ist.

Alle Spieler bekommen EM-Einsatzzeit

Doch obwohl einzelne Leistungsträger herausragen – Mancinis Team ist unfassbar homogen. Bis auf Nummer-3-Goalie Alex Meret kommen alle weiteren 25 Spieler (!) zumindest im Wales-Spiel zu ein paar Minuten EM-Luft.

Famos, mit welcher Stilsicherheit Mancinis Mannen durch die letzten vier Wochen schweben. Die Harmonie auf dem Feld spiegelt sich auch an der Seitenlinie, wo Mancini fast schon dandy-haft stets «Bella Figura» macht.

Aus italienischer Sicht das Beste an der Mancini-Story – die auch bei uns viele Fans so sehr begeistert, dass das Italien-Trikot in der Schweiz restlos ausverkauft ist – sie ist noch nicht zu Ende. Mancini hat für die WM 2022 schon neue, junge Spieler gecastet.

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