Die knallharte Krisen-Analyse der FCL-Legenden
«Diese Führung hat das verdient!»

Cupfinal verpasst, in der Meisterschaft im Abstiegsstrudel. Der FCL steckt in der Krise. Blick.ch betreibt mit Luzerner Legenden Ursachen-Forschung. Roger Wehrli (59), Captain des Meisterteams von 1989, nimmt kein Blatt vor den Mund.
Publiziert: 04.03.2016 um 15:11 Uhr
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Aktualisiert: 26.10.2018 um 11:50 Uhr
Max Kern, Stefan Kreis

Wir erreichen Roger Wehrli auf einer Baustelle in Zürich-Oerlikon. Der Aargauer, der 69 Länderspiele für die Schweiz und 503 NLA-Partien für Winterthur, GC, Luzern und Aarau bestritt, arbeitet auch zwei Wochen vor seinem 60. Geburtstag noch täglich als Plattenleger. Wehrli, Übername «Giftzahn», spricht auch wie ein Büezer. Offen, gerade hinaus. «Diese Führung hat das verdient», sagt der Captain des Meisterteams von 1989, «es geht nur mit Persönlichkeiten als Präsidenten. Der heutige Präsident Ruedi Stäger ist keine Persönlichkeit wie sie zu unserer Zeit Romano Simioni oder später Walti Stierli war – Stierli hat immerhin das neue Stadion gebaut. Und mit Bernhard Alpstaeg, der zwar ein hervorragender Geschäftsmann ist, und Marco Sieber sitzen Leute im Vorstand, die keine Ahnung von Fussball haben.»

Wehrli, von 1985 bis 1990 beim FCL, kommt in Fahrt: «Beim FC Basel ist das ganz anders. Mit Anwalt Bernhard Heusler steht eine Persönlichkeit an der Spitze, die in die Fussstapfen von Karl Oberholzer (Ex-GC-Präsident, die Red.) oder Edi Naegeli (Ex-FCZ-Boss) getreten ist. Mit Adrian Knup ist ein ehemaliger Internationaler Vize-Präsident. Ruedi Zbinden, ebenfalls ein ehemaliger Profi, leitet das Scouting und leistet sich selten einen Flop. Und Sportchef Georg Heitz scheint seine Sache auch gut zu machen.»

Und der FCL, Herr Wehrli? «Das hat mit Alex Frei angefangen. Über seine Verdienste als Spieler müssen wir nicht diskutieren. Aber der Job des Sportchefs beim FCL kam zu früh, er hätte sich erst anderswo die Sporen abverdienen müssen. Erst waren seine Zuzüge zwar nicht schlecht. Aber Affolter ist einer der grössten Fehleinkäufe. Frei hatte immer weniger Einfluss. Gut, in der Schweiz hat’s jeder Sportchef gnadenlos schwer. Ausser Fredy Bickel bei YB, der kann Millionen verlochen.»

Roger Wehrli spielte von 1985 bis 1990 beim FC Luzern und wurde 1989 als Captain mit dem FCL Meister.
Foto: Blick Sport
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Die Büez auf dem Bau muss noch ein wenig warten. Wehrli: «Ich fahre ohnehin erst nach 19 Uhr zurück in den Aargau. Sonst stecke ich im Stau.»

Wehrli weiter: «Gut, Andy Egli ist ein Freund von mir. Als Nachwuchs-Chef war er beim FC Luzern ein sehr geeigneter Mann, bekam dann aber auch Probleme mit dem Verwaltungsrat. Die wollen die beste Nachwuchsabteilung des Landes, haben aber nur das siebthöchste Budget.»

Und was sagt Wehrli zur vorzeitigen Vertragsverlängerung mit Trainer Markus Babbel Anfang Februar? «Ein Fehler, ich hätte die ersten paar Spiele im Frühling und den Cup-Halbfinal abgewartet. Aber anscheinend kommt Babbel sehr gut mir Präsident Stäger aus, auch die beiden Familien sollen Kontakt haben. Und dass ein Assistenztrainer entlassen wird, das ist für mich wirklich Neuland. Die Spieler haben so seit drei, vier Saisons immer wieder Ausreden, hinter denen sie sich verstecken können.»

Urs «Longo» Schönenberger (57), Meister von 1989 und Cupsieger von 1992: «Ich habe die ersten 15 Minuten des Cup-Halbfinals im TV gesehen und danach auf die Bundesliga umgeschaltet, ich habe es nicht mehr ausgehalten. Entweder waren die Spieler nicht heiss genug oder sie hatten Angst. Gegen Ende des Spiels habe ich noch einmal reingezappt, aber auch gegen zehn Luganesi war keine grosse Besserung zu sehen. Mir blutet das Herz!»
Muss der FCL um den Ligaerhalt zittern? «Jetzt ist alles möglich. In dieser Verfassung ist der FCL ein Abstiegskandidat. Dabei müsste man jetzt nicht vom Ligaerhalt sprechen, sondern von der Euro League. Die Mannschaft hat in der Vorrunde gezeigt, zu was sie fähig ist.»

Und über Präsident Ruedi Stäger sagt der Zürcher: «Er kommt aus der Privatwirtschaft und hat kaum Erfahrung im Fussballgeschäft. Umso wichtiger wäre es gewesen, sich auf ausgewiesene Experten wie Rolf Fringer zu verlassen.»

Adrian Knup (47), er schoss den FCL 1992 mit zwei Toren in der Verlängerung gegen Lugano zum Cupsieg: «Es ist schwer, eine Ferndiagnose zu stellen.» Glaubt der heutige Vize-Präsident des FC Basel nicht, dass es für den FCL nach dem Cup-Out nun vielleicht einfacher ist, sich nur noch auf den Abstiegskampf konzentrieren zu müssen? Knup: «Grundsätzlich beflügeln dich Erfolgserlebnisse eher als dass sie dich hemmen.»

Erfolgserlebnisse? Für den FCL 2016 ein Fremdwort. Bisher gab’s 5 Pleiten in Serie.

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