Das ganz intime Shaqiri-Interview zum Single-Leben in England
«Ich wäre fast bei GC gelandet»

Xherdan Shaqiri (24) zeigt sein neues Wohn-Viertel in England. Er verrät, wo es die besten Frauen gibt. Wie er in eine Paparazzi-Falle lief. Und warum er fast zu GC wechselte.
Publiziert: 10.01.2016 um 00:14 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 19:08 Uhr
Xherdan Shaqiri (24) führt SonntagsBlick durch sein neues Wohnviertel.
Foto: Toto Marti
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Von Andreas Böni (Text) und Toto Marti (Fotos) aus Hale

Xherdan Shaqiri tippt den Code ein, hält die Türe auf. Er steht vor seiner Wohnung in Hale, einem Vorort von Manchester. Gleich um die Ecke wohnt Louis van Gaal, der Trainer von United. Und auch Bastian Schweinsteiger. Alles ist gesichert in dieser noblen Gegend. Denn es wird durchaus mal eingebrochen. Angel di Maria, ­damals bei ManUtd., sitzt in der Stube, als sich Einbrecher an der Terrassentür zu schaffen machen. Die Familie erschrickt, die Alarmanlage geht los und schlägt die Diebe in die Flucht. Der Argentinier, der unsere Nati im WM-Achtelfinal 2014 mit seinem Tor in der 117. Minute abschoss, kommt mit dem Schrecken davon.

SonntagBlick: Xherdan, eine schöne Gegend haben Sie hier erwischt. Wie ­lange haben Sie gesucht?
Xherdan Shaqiri: Ich war schon zu Beginn hier im Hotel. Mit meinen Mitspielern Marco van Ginkel und Ibrahim Afellay. Dieser Ort ist bekannt, ­viele Fussballer leben hier. Aber am Anfang war es nicht einfach, eine Wohnung zu finden. Vieles ist anders hier als in der Schweiz. Ausserdem funktionieren die meisten Kochherde hier mit Gas – und das ist mir zu gefährlich. Nach ein paar Besich­tigungen habe ich mich dann für eine Drei-Zimmer-Wohnung entschieden. Ich brauche alleine ja nicht allzu viel Platz.

Kein Gas-Herd – kochen Sie denn selbst?
Natürlich, was soll ich denn tun? Meine Mutter ist ja nicht immer hier. Wenn sie da ist, dann darf ich nur helfen ... (lacht) Sonst bereite ich vieles selber zu. Ich habe gerade von einem Freund die besten Pfannen der Welt bekommen, ein Schweizer Produkt. Fleisch brate ich überragend.

Ihr Bruder Arianit, der in ­München und Mailand an Ihrer Seite war, wohnt dieses Mal nicht bei Ihnen.
Ja, aber ich lebe sehr gut alleine und komme damit sehr gut klar. Da ist nie eine Sauerei in der Wohnung, und waschen kann ich auch. Aber ich habe auch oft Besuch von Familie und Freunden.

Wie läufts auf der Strasse mit dem Linksverkehr? Schon einen Blechschaden verursacht?
Quatsch, natürlich nicht. Auch keine Bussen. Aber am Anfang hatte ich schon Probleme, es ist schräg, auf der anderen Seite zu sitzen.

Wo sind sonst die Unterschiede zum Leben in Deutschland und Italien?
In München war es eigentlich wie in der Schweiz. Die Qualität jeglicher Dinge ist gleich, nur ist alles ein bisschen ­billiger. In Italien war das ­Leben top, sehr schön. Tolles Essen. Italien hat es mir vom Lebensstil bisher am meisten angetan.

Die Frauen auch?
Die Frauen auch, ja.

Sind Sie immer noch ­Single?
Ja.

Sie sind in Mailand einmal in die Paparazzi-Falle ­gelockt worden. Wie war das genau?
Das war schon sehr erschreckend. Wir sassen mit Kollegen an einem Tisch, zu siebt! Der andere Fotograf knipste mich aber nur, als ich mit ihr Spässchen machte, und schnitt alle anderen aus dem Bild. Dabei war sie nur eine Bekanntschaft, mit der ich definitiv nichts ­gehabt habe. Ein harmloses Essen. Wissen Sie, wie ich gestaunt habe, als nachher diese Zeitschrift mit den ­Bildern erschien?

In England besteht diese Gefahr auch. Paparazzi lauern an jeder Ecke.
Ich habe noch nicht viel ­mitbekommen davon.

Shaqiri sitzt inzwischen im Carluccio’s, einem italienischen Restaurant in der Gegend. Er rührt in seinem Latte Macchiato. Es ist ein anderer Shaqiri als zuletzt in Mailand. Weniger angespannt, die Mundwinkel oft zu einem Lächeln ­geformt. Er wirkt wieder wie der ­unbeschwerte junge Mann, der einst den FC Basel verliess. Dass er gegen Everton ein Traum-Tor schoss und von den englischen Medien inzwischen als Star gefeiert wird, streichelt sein Ego.

Die Begeisterung in Stoke um Sie ist riesig. Ein Fan ­hatte gewettet, dass Sie nicht zu Stoke wechseln würden, andernfalls tätowiere er sich Ihren Namen auf den ­Hintern. Er hat es nun getan. Haben Sie ihn mal ­getroffen?
(lacht) Nein, ich habe ihn nur in den Medien gesehen. Das ist schon unglaublich, dass er sein Wort ­gehalten hat. Da hätte ich an seiner Stelle nochmals überlegt. So was hätte ich nie gewettet. Das zeigt aber auch, wie verrückt hier alle nach Fussball sind.

Sie haben keine Tattoos, oder?
Nein.

Haben Sie eine Stammplatz-­Garantie im Vertrag? Als Sie zu Beginn der Saison Mühe ­hatten, blieben Sie stets in der Startelf.
Nein. So was hast du nie im Fussball. Aber ich habe die volle Unterstützung von Trainer Mark Hughes, er glaubt immer an mich. Er war ein wichtiger Punkt für meinen Wechsel.

Warum?
Ich brauchte einen Transfer zu ­einem Klub, wo ich jedes Wochenende spiele. Er hat mir diese Spielpraxis gegeben auch während der Eingewöhnungszeit. Ich konnte es ihm nun zurückgeben. Er ist ein Gentleman. Vom Typ her ist er ein bisschen wie Jupp Heynckes, nur ein bisschen jünger.

Wie Heynckes ist er eine Fussball-Legende. Er spielte bei Manchester United, Barcelona ...
... und Bayern München. Ich habe Bilder von ihm gesehen. Er hatte riesige Oberschenkel, fast so aus­geprägt wie meine Waden.

Wie ist Hughes im Vergleich zu Pep Guardiola?
Ein Vergleich ist immer schwierig. Jeder hat seine Eigenheiten. Es ist nicht meine Aufgabe zu vergleichen.

Aber menschlich hatten Sie zum Schluss bei Bayern das Heu nicht mehr auf der gleichen Bühne, oder?
Ich hatte menschlich nie Probleme mit ihm.

Und mit Inter-Trainer Roberto Mancini?
Auch mit ihm hatte ich keine Probleme. Er änderte einfach seine ­Meinungen relativ häufig.

Trifft es zu, dass Sie einmal zu einem ganz speziellen Arzt ­geschickt wurden?
Ja, einmal war ich angeschlagen und sollte für ein Spiel fit werden. Man sagte mir, es gebe einen ­Wunderheiler in den Bergen. Ich fuhr eineinhalb Stunden und liess mich von einem alten Mann durchkneten.

Hats geholfen?
Null. Auch das schätze ich an ­Stoke: Wir haben hier sieben Physios. ­Jeden Tag werden deine Hüfte, ­deine Beine, deine Füsse untersucht. Sehr professionell und fortschrittlich alles.

Verstehen Sie mit ein wenig ­Abstand, was Inter mit Ihnen wollte?
Damit beschäftige ich mich nicht mehr. Was vorbei ist, ist vorbei.

Bayern, Inter, Stoke – das ist ein Abstieg.
Das habe ich jetzt auch schon ein paar Mal gehört oder gelesen. Für mich ist wichtig, dass eine Entwicklung da ist. Die sehe ich nun bei ­Stoke. Ich bin noch jung.

Xherdan Shaqiri kassiert nun in ­England 9,5 Millionen Franken ­brutto pro Jahr. Es ist der beste ­Vertrag, den ein Schweizer Sportler je unterzeichnet hat. Mit umgerechnet 18 Millionen Franken Ablöse ist er der Rekordeinkauf von Stoke City. Auch Klubs wie der Bundesligist Schalke 04 hatten sich um den Nati-Star bemüht.

Nicht alle verstanden Ihren Wechsel. Stefan ­Effenberg kritisierte Sie scharf. Er sagte: «Mein Gott, da verstehe ich den Spieler nicht, den Berater nicht, die Eltern und den Bruder nicht. Ich finde es schade und traurig. Nur weil die mit dem Geld wedeln? Da muss ich die Spieler auch mal fragen: Ist Geld denn für euch alles?»
Vielleicht war mein Schritt anfänglich nicht für alle nachvollziehbar. Das habe ich auch nicht ­erwartet. Ich habe in den letzten vier Monaten in ­allen Premier-League-­Matches gespielt, ausser den zwei Spielen, als ich angeschlagen war. Das zeigt mir, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe und auf dem richtigen Weg bin.

Man nennt Bojan,Marko Arnautovic und Sie «the exciting three», die aufregenden drei. Wie charakterisieren Sie Ihre Sturmpartner?
Arnautovic ist ein bisschen verrückt, im sehr positiven Sinne. Bojan ist ein zurückhaltender Mensch. Ich hoffe, wir harmonieren weiter so.

Reden wir über die EM. Sie hätten sich bestimmt ein anderes Los als Albanien gewünscht.
Ja, klar, aber vor allem weil es spannender gewesen wäre, gegen einen neuen Gegner anzutreten.

Aber Albanien könnte eine emotionale Belastung werden. Weil die Zeitungen dort gegen Granit Xhaka, Valon Behrami und Sie hetzen könnten.
Das hatten wir doch das letzte Mal schon. Von daher wirds nicht spezieller, und wir wissen, was auf uns zukommt.

Mit wem fiebert Ihre Familie mit?
Natürlich steht sie zu mir. Aber es wird schon ein spezielles Spiel für alle. Aber ich habe zu diesem Thema schon ein wenig Distanz.

Wenn der Kosovo einst von der Fifa akzeptiert wird: Spielen Sie dann für ihn?
Damit beschäftige ich mich nicht. Ich fühle mich top wohl in der Schweizer Nati.

Nati-Coach Vladimir Petkovic sagte, dass nur Lorik Cana von den Albanern in der Schweizer Nati einen Stammplatz hätte. Einverstanden?
Das weiss ich nicht, es ist nicht ­relevant.

Erzählen Sie mal die Geschichte Ihrer Eltern. Wie kamen Sie in die Schweiz?
Ich bin 1991 im Kosovo geboren worden. Mein Vater war schon vorher als Arbeiter hier, arbeitete lange auf dem Bau. 1992 konnte er uns alle nachziehen. Wir kamen in ein Haus mit viel Charme, welches noch mit Holz beheizt wurde. Ich weiss noch, wenn wir Kinder zu viel reinschmissen, wurde es zu heiss. Der enge ­Zusammenhalt ­unserer Familie ist bis heute ­extrem. Darum habe ich uns auch zwei Wohnungen ­nebeneinander gekauft, damit wir möglichst viel zusammen sein können.

Auch jetzt sind sie wieder alle da. Papa Isen, Mama Fatima, die Brüder Erdin und Arianit, Schwester Medina. «Fünf, sechs Spiele von ihm haben wir gesehen», sagt Papa Isen zu SonntagsBlick.

Hat Albanien Sie eigentlich auch mal angefragt?
Nein.

Warum nicht?
Als ich in der Schweizer U18-­Nati spielte, kannten sie mich noch nicht. Und mit 18 war ich schon Schweizer Nati-Spieler. Erst da wurde es Thema in Albanien.

Wäre Christian Gross länger Basel-Trainer geblieben, hätte es für Sie als 1,69 Meter ­grossen Spieler auch anders rauskommen können.
Hätte, wäre, ... vielleicht wäre ich in jener Zeit bei GC gelandet. Ich war dort im Gespräch.

Im Ernst?
Ja. Murat Yakin war U21-Trainer bei den Grasshoppers und erkannte mein Talent früh. Hätte ich es bei Basel nicht in die erste Mannschaft geschafft, wäre ich vielleicht diesen Umweg gegangen. Aber ich bin mir sicher, dass ich auch so meinen Weg gegangen wäre.

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