Leverkusens Manager-Legende Reiner Calmund
«Bayer hat normalerweise keine Chance mehr»

Mit Leverkusen mischte Reiner Calmund (70) einst Europa auf, heute ist er Experte beim Teleclub. Die Manager-Legende erklärt, weshalb die Bundesliga immer mehr den Anschluss verliert.
Publiziert: 22.10.2019 um 16:34 Uhr
Stefan Kreis

BLICK: Die Bundesliga wartet seit 2013 auf einen Champions-League-Sieg. Klappts in diesem Jahr?
Reiner Calmund: Es wäre absolut vermessen, einem der deutschen Klubs die Favoritenrolle zuzuschieben. Klubs wie Manchester City, Liverpool, Paris St. Germain, Real Madrid oder Barcelona haben alle einen Marktwert von über einer Milliarde Euro, da kann kein deutscher Klub mithalten. Bayern kann zwar weit kommen, aber dazu brauchen sie Spielglück und angesichts des eng gestrickten Kaders darf sich keiner der absoluten Leistungsträger verletzen.

Warum verliert die Bundesliga immer mehr den Anschluss?
Wenn der Absteiger aus der Premier League deutlich mehr TV-Kohle bekommt als der deutsche Meister, dann ist dies ein Teil der Erklärung. Investoren und TV-Gelder sorgen in England, Spanien, Frankreich und zunehmend auch wieder in Italien für reichlich Kapital, mit dem reichlich Spitzenspieler geholt werden. Die schlagen bei diesen Klubs nicht immer gross ein, sind aber vom Markt. Und für Deutschland damit verloren. Nehmen wir die Beispiele Ousmane Dembele oder Christian Pulisic. In Dortmund Leistungsträger, in ihren neuen Klubs Mitläufer. Aber für den deutschen Markt auf ewig verloren, weil sie viel zu viel verdienen.

Trauen Sie Ihrem Ex-Klub Leverkusen am Dienstag gegen Atletico (18.55 Uhr, Teleclub Zoom) eine Überraschung zu? 
Der Fehlstart mit zwei Pleiten ist normalerweise nicht mehr aufzuholen. Mit Juve und Atletico hat man zwei sehr starke Gegner, die in der Uefa-Klub-Wertung unter den Top 5 platziert sind. Für Bayer Leverkusen gehts um Platz drei. 

Mit Leverkusen mischte Reiner Calmund (70) einst Europa auf, heute ist er Experte beim Teleclub.
Foto: TOTO MARTI
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Träumen Sie heute noch von Michael Ballacks Eigentor gegen Unterhaching, das Ihren Leverkusenern vor 19 Jahren den Meistertitel gekostet hat? 
Nein, um Gottes Willen. Ich gebe zu, dass es mir weh tut, dass wir die Schale nie geholt haben. Aber das hat nichts mit einzelnen Personen zu tun, mit Michael schon gar nichts, der ein grosser Spieler unserer Klubgeschichte war. Unterhaching war insgesamt ein schwarzer Tag für uns alle. Ich bin sicher, wir hätten auch ohne das Eigentor verloren.

Werden Sie noch häufig auf Vizekusen angesprochen? 
Nicht mehr. Und wenn, dann eher respektvoll. Heute weiss jeder, wie schwer es ist, «nur» Vize zu werden. Zweitbester Fussballklub in Deutschland – ist das nichts?

Wie oft haben Sie sich Zidanes Tor 2002 im Champions-League-Finale angesehen? 
Bewusst gar nicht, man kann ja nicht pausenlos die Vergangenheit beklagen. Wir standen im Finale um die Champions League, der Weg dorthin war eine unglaubliche Reise, mit Erfolgen gegen Barcelona, Juventus, Arsenal, Liverpool und ManU. Für jeden Beteiligten ein grosses Ereignis, im Champions-League-Endspiel haben wir sehr unglücklich gegen Real Madrid 1:2 verloren. Auch hier gilt: Zweitbester Fußballklub in Europa – ist das nichts?

Trotzdem Gratulation, 1988 wurde Bayer 04 Uefa-Cup Sieger, was war das Highlight?
Im Finale erzielten Tita, Bum-Kun Cha und Falko Götz die entscheidenden Tore. Das Trio aus Brasilien, Südkorea und dem ablösefreien Götz aus der damaligen DDR kostet uns insgesamt nur rund eine Million. Bereits zehn Jahre später galoppierten die Preise in die Höhe. Unser Brasilianer Ze Roberto, der 2002 ins Uefa Allstar Team berufen wurde, kostet dann schon knapp 10 Mio. Ablöse. Er war als Supertechniker dennoch jeden Cent wert.

Wer war der beste Fussballer, den Sie je verpflichtet haben? Und warum? 
Da gab es eine Menge. Sicherlich gebührt dem Brasilianer Emerson ein Spitzenplatz, ein unglaublich kompletter Fussballer, der alles konnte, defensiv wie offensiv. Ulf Kirsten war der Torjäger des Jahrzehnts in den 1990er Jahren, seine Tore waren ein wichtiger Baustein für das heutige Bayer Leverkusen. Weltmeister Lucio, der deutsche Kapitän Michael Ballack und natürlich Rudi Völler, der heute nach knapp 25 Jahren immer noch die Identifikationsfigur und das Gesicht von Bayer 04 ist.

Sie waren bei Leverkusen erst Stadionsprecher. Ihr denkwürdigstes Erlebnis? 
Vor rund 40 Jahren lagen wir zur Pause im Spitzenspiel der 2. Liga gegen unseren grossen Rivalen Bayer Uerdingen 0:3 zurück. Nach dem Schlusspfiff konnte ich am Stadionmikrofon über die Lautsprecher mit der Mannschaft und den Zuschauern noch ein 3:3, und damit den Aufstieg in die Bundesliga, feiern.

Sie sind gelernter Aussenhandelskaufmann. Waren Sie schon immer ein guter Verkäufer? 
Das auf jeden Fall. Zahlen waren immer mein Ding, schon als junger Kerl konnte ich im Kopf überschlagen, ob das Geschäft, das sich anbahnte, ein Gutes würde oder eines, von dem man besser die Finger lässt. Auf die Branche war ich dabei nicht festgelegt, ich habe Lebensmittel ebenso gut ein- und verkauft wie später Spieler. Während meinem BWL-Studium mit dem Schwerpunkt Finanzen und Personalwesen habe ich zusätzlich sehr erfolgreiche Möbel verkauft, damit wir mit unserer kleinen Familie etwas besser über die Runden kamen.

Waren Sie auch ein guter Fussballer?
Ich hätte es als Fussballer vielleicht bis in die 2. Liga geschafft. Weiter auf keinen Fall. Aber eine Verletzung beendete früh meine Karriere. Da hatte ich Glück im Unglück: das Karriereende brachte mich auf die Idee, es zunächst als Trainer zu versuchen und dann ins Management einzusteigen. So kam eins zum anderen.

Reiner Calmund wird als Teleclub-Experte auf Teleclub-Zoom im Free-TV zu sehen sein.

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