Auch Philippe Montandon kämpfte gegen Hodenkrebs
«Die Vergangenheit holt mich jedes Mal wieder ein»

Diagnose Hodenkrebs. Der Fall von BVB-Profi Sébastien Haller lässt aufhorchen. Der Schweizer Philippe Montandon erhielt die gleiche Hiobsbotschaft im Sommer 2009. Er erinnert sich.
Publiziert: 20.07.2022 um 00:18 Uhr
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Aktualisiert: 20.07.2022 um 07:18 Uhr
Christian Finkbeiner

Die Schock-Diagnose wurde am späten Montagabend publik: Bei BVB-Stürmer Sébastien Haller wurde ein Hodentumor entdeckt. Schwere Stunden für den 28-Jährigen. Der Stürmer muss aus dem Trainingslager in Bad Ragaz abreisen. «Die Diagnose ist für uns alle ein Schock. Wir werden alles in unserer Macht Stehende dafür tun, dass er die bestmögliche Behandlung erfährt», sagt BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl (42) gegenüber «Bild».

Haller ist nicht der Erste, der sich mit dieser Diagnose auseinandersetzen muss. Es gibt auch ein bekanntes Beispiel aus der Schweiz: Der Ex-Verteidiger Philippe Montandon (40) war 27 Jahre alt, als er in derselben Situation war. Während er mit seiner Familie in Südschweden in den Ferien weilt, erreichen ihn die News von BVB-Star Haller. Für den Schweizer Ex-Profi ist es ein Déjà-vu. «Bei jedem Fall, den ich höre, holt mich die Vergangenheit wieder ein.»

Montandon sieht viele Parallelen zu den publik gewordenen Fällen in der Bundesliga (neben Haller z. B. auch Marco Richter von Hertha Berlin oder Timo Baumgartl von Union Berlin). Er weiss, was ein Betroffener empfindet, was er gerade durchmacht. «Es war kein schöner Moment in meinem Leben – und ein sehr einschneidender.»

Montandon ist seit Jahren gelegentlich auch als TV-Experte im Einsatz.
Foto: Keystone
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Im Sommer 2009 befindet sich Montandon, damals bei Lugano unter Vertrag, wegen Rückenschmerzen in der Physiotherapie, als er beim Duschen einen Knoten im Hoden ertastet. Arzt aufsuchen, oder nicht? Er entscheidet sich dafür – zum Glück. Auch, weil er kurz zuvor die Biografie von Lance Armstrong gelesen hat. Auch der Amerikaner war an Hodenkrebs erkrankt.

Er ging von Anfang an offen mit der Diagnose um

Danach geht es schnell. Der Urologe überbringt die Hiobsbotschaft, wenige Tage später folgt die Operation. Montandon hat Glück im Unglück. Eine Chemotherapie bleibt ihm erspart, nach wenigen Wochen kehrt er wieder auf den Platz zurück. Die Nachkontrollen fallen positiv aus, einen Rückfall erleidet er nie.

Er kann seine Karriere fortsetzen, hat keine Beschwerden im Alltag. 2015 tritt er zurück und gründet eine Familie. Seine Kinder sind heute 7 und 5 Jahre alt. «Ich bin sehr gut aus dieser Geschichte herausgekommen», sagt Montandon. Angst vor dem Krebs hat er keine mehr.

Von Beginn an geht er sehr offen mit seiner Krankheit um. Er tritt in der Sendung «Aeschbacher» auf und gibt auch später immer wieder Auskunft. Bis heute will er die Menschen für dieses Thema sensibilisieren. Die Krankheit hat ihn geprägt. «Sie gehört zu meiner Lebensgeschichte.»

Er lebe nun bewusster, sagt Montandon, der in der Immobilien-Branche tätig ist und gelegentlich als Blue-Experte auftritt. Diese Bewusstheit habe aber auch mit dem Alter und der Lebenserfahrung zu tun. Als Beispiel dafür nennt er die derzeitige Reise nach Skandinavien. «Wir wollten als Familie unbedingt einmal in den Norden, sprachen aber lange nur immer davon. Nun haben wir es gemacht.»

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