Anekdoten zum Abschied von Erfolgs-Coach Gross
«Ich bringe den Bankräuber zurück»

Christian Gross (65) ist nach 32 Jahren als Trainer Geschichte: Der Erfolgs-Coach sorgte auch abseits des Platzes für Schlagzeilen. Wissen Sie noch, wie «Chrigel» in Thailand einen Wiler Bankräuber jagte? Oder wie er Muhammad Ali im BLICK zum Nebendarsteller machte.
Publiziert: 18.05.2020 um 20:02 Uhr
Max Kern

Der Bankräuber-Jäger

Am 24. Dezember 1992 titelt BLICK: «Die Weihnachtsgeschichte um den FC Wil. Gross: Ich bringe Hasler zurück». Gross ist Ende 1992 äusserst erfolgreicher Coach beim FC Wil. Er hat den Provinzklub ab 1988 (zuerst als Spielertrainer) von der 2. Liga (damals vierthöchste Spielklasse) bis in die NLB gebracht. Wil schnuppert gar NLA-Luft. Mitverantwortlich: Mittelstürmer Ruedi Hasler, hauptberuflich Chefkassier bei der Raiffeisenkasse Münchwilen TG.

Kurz vor Weihnachten klaut Hasler seinem Arbeitgeber eine Million Franken. Und flüchtet in den thailändischen Sündenpfuhl Phuket. Sein Trainer entscheidet sich spontan, den verlorenen Sohn zu suchen. «Ich bin sicher», sagt Gross, als er mit seiner damaligen Frau Mona in die Swissair-Maschine nach Bangkok steigt, «wenn ich Ruedi finde, kann ich ihn davon überzeugen, dass er zurückkommen muss.» Gross’ Suche in Thailand ist erfolglos. Ende Mai 1996 entdeckt BLICK den von Interpol gesuchten Bankräuber. Titel: «An der Bar prahlt er mit der Million». Ende Januar 1997 klicken in Thailand die Handschellen. Gross: «Eine Woche lang suchte ich Ruedi. Leider ohne Erfolg. Ich habe immer gehofft, er komme zurück. Er ist doch kein Schwerverbrecher.»

Der Matura-Trickser

Am 19. September 1974 macht der damals 20-jährige GC-Fussballer Christian Gross auf Seite 1 von BLICK gar Muhammad Ali, den besten Boxer aller Zeiten, zum Nebendarsteller. Die grosse Schlagzeile gehört «Chrigel», dem Sohn eines Zürcher Polizisten.

Christian Gross startete seine Trainer-Karriere 1988 beim FC Wil.
Foto: Blicksport
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Gross’ Vater Eduard (†1983) bringt es als Landjäger zum Wachtmeister und Postenchef im Zürcher Stadtkreis 11. Der Sohn geht im Zürcher Rämibühl ins Literargymnasium (bis zu sieben Stunden Latein pro Woche!).

Einer seiner Klassenkameraden: Roger Berbig, GC- und späterer Nati-Goalie, von 2007 bis 2010 auch GC-Präsident. Der heutige Chirurg Berbig besteht die Matura 1973 mit Bravour. Chrigel rasselt durch und muss eine einjährige Ehrenrunde drehen.

Auch ein Jahr später steht Gross mit der Mathematik auf Kriegsfuss. Er holt sich (illegale) Hilfe in der Person von Berbig. Der Grasshoppers-Goalie löst während der vierstündigen schriftlichen Prüfung die Aufgaben für Chrigel auf der Toilette. Das grosse Pech dabei: Physik- und Mathematik-Professor Dr. Fritz Gimmi († Febr. 2020) muss Wasser lassen. Der Prorektor ertappt die beiden auf frischer Tat im WC! BLICK titelt damals: «GC-Star ‹verdribbelte› sich in der Prüfung: Rote Karte statt Matura».

Der Kleidervertreter

Das Treffen findet 1989 in einer kleinen Bar in Zürich-Oerlikon statt. Am Tisch sitzt der deutsche Vizeweltmeister und Europameister Uli Stielike. Der dreifache spanische Meister mit Real Madrid ist seit dem 21. Juni Schweizer Nati-Coach. Und erhält vom neuen Nati-Ausrüster Blacky das erste futuristische Nati-Shirt. Der Überbringer ist der damalige Wil-Trainer Gross, im Hauptberuf Vertreter des Sportartikelherstellers Blacky mit Sitz in Wil. Später sitzt Stielike bei Blacky im Verwaltungsrat.

Der Mensch

Februar 1997. Gross hat bei GC gross eingeschlagen. Vizemeister und Cupsieger 1994 in seiner ersten Saison. Meister 1995 und 1996. Als erster Schweizer Vertreter schaffts GC 1995 in die Champions League, doppelt ein Jahr darauf gar nach. Am 16. Februar 1997 fliegt Gross um 07.30 Uhr mit seinem Team ins Trainingscamp nach Teneriffa (Sp). Mit an Bord auch Nati-Spieler Tony Esposito. Was Gross nicht weiss: Vier Stunden zuvor sitzt der Tessiner Esposito im Zürcher Scherbenviertel auf der Kreiswache. Mit mehr als 1 Promille Alkohol im Blut rasiert Esposito kurz zuvor mit seinem geliehenen Golf VR6 einen Inselpfosten.

Der Wagen wird mit Achsenbruch und eingedrückter Motorhaube abgeschleppt. Nach der Landung in Teneriffa erreicht BLICK Gross am Telefon. Und klärt ihn auf. Gross bittet darum, den Präsidenten Romano Spadaro erst Stunden später zu informieren. Ein cleverer Schachzug. Der Trainer überredet darauf Alkohol-Sünder Esposito, beim Präsidenten persönlich die Beichte über seinen Fauxpas abzulegen. Das rettet Esposito den Job. GC büsst den Blaufahrer dennoch mit 30'000 Franken!

Der harte Hund, 1

Februar 1994. Gross ist als GC-Trainer erstmals mit seinem Team im Wintercamp. In der «Club Med»-Ferienanlage Rio das Pedras südlich von Rio de Janeiro wirds zur Mittagszeit am Swimmingpool so richtig laut. «Ihr Sauhünd!», schreit Gross. Seine Spieler Murat Yakin, der heutige Schaffhausen-Trainer, und Gürkan Sermeter sind mit ihren verschwitzten, klitschnassen Trainingskleidern in den Pool gesprungen.

Der harte Hund, 2

Polizistensohn Gross markiert auch in der Meisterschaftsentscheidung 1997 den harten Hund. Vor dem vorentscheidenden Spiel GC gegen Sion wirft er im Hardturm den vor allem im Wallis tätigen Spielervermittler Max Urscheler aus dem Stadion-Café. Grund: Mischler-Max hat versucht, GC-Star Esposito abzuwerben.

Der harte Hund, 3

Unvergessen, wie Gross bei GC Ende der 90er-Jahre den Platzwart, er ist im Hauptberuf Schweinezüchter, zur Schnecke macht, weil der Schwyzer einen Fototermin auf seinem heiligen Rasen verhindern will. Der BLICK-Fotograf hat sich erdreistet, einen Stuhl in den Mittelkreis zu stellen. Der Schweinezüchter ist danach im Hardturm bald Geschichte.

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