Foto: Lukas Gorys

Sauber-Urgestein Rohr verpasste in 27 Saisons nur 1 Rennen
«Haben den englischen Teams in den Garten gepinkelt»

Ehre wem Ehre gebührt. Dass Sauber diesen Sonntag den 500. GP feiern darf, haben sie auch ihren stillen Helfern zu verdanken. Einer davon ist der Aargauer Bremsen-Spezialist Bruno Rohr (58).
Publiziert: 12.11.2020 um 15:18 Uhr
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Aktualisiert: 13.11.2020 um 15:11 Uhr
Daniel Leu

Wenn am Sonntag das Alfa-Sauber-Team seinen 500. GP bestreitet, wird von ihm nichts zu hören, nichts zu sehen und nichts zu lesen sein. Doch ohne die stillen Helfer wie Bruno Rohr, ohne diese Männer abseits des Rampenlichts, wäre dieses Jubiläum erst gar nicht möglich. Exakt viermal ist Rohrs Name in den Schweizer Zeitungen bislang aufgetaucht. Meist in Nebensätzen. Zeit, dies heute zu ändern, denn Rohr steht stellvertretend für all die Angestellten, die den Grossteil ihres Lebens Sauber widmen und damit viele Entbehrungen freiwillig in Kauf nehmen.

Rohr arbeitet seit dem 1. Februar 1994 für den Rennstall. Wenige Wochen später war er bereits auf dem Weg an den GP Brasilien. Seitdem hat er genau ein Rennen verpasst (Russland 2019 wegen privaten Gründen). Der GP am Sonntag wird sein 483. sein. «Angefangen habe ich bei Sauber als Reifenmann», erzählt der Aargauer, «heute bin ich für die Bewirtschaftung der Bremsen zuständig. Und bis letzte Saison habe ich 26 Jahre lang bei jedem Boxenstopp das Rad hinten rechts runtergenommen.»

Sauber ist für den 58-Jährigen mehr als nur ein Job. «Sauber ist mein Leben, meine Familie. Ich war immer stolz darauf, für Peter Sauber arbeiten zu dürfen. Er war immer ein korrekter Chef. Schade, wenn auch verständlich, dass er vor einigen Jahren aufgehört hat.»

Grosser Erfolg 2001: Rohr (gleich rechts neben der Tafel) und das Team feiern den 4. Platz in der Konstrukteurs-WM.
Foto: ANTTI PUSKALA
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Dass unter diesem Job das Privatleben leidet und 14-Stunden-Arbeitstage der Normalfall sind? Für Rohr kein Problem. «Es gab auch Phasen, in denen wir drei Wochen am Stück durchgearbeitet haben. Damit konnte und kann ich leben. Ich habe schliesslich keine Familie und fühle mich frei.»

«Kamui war einer von uns»

In all den Jahren hat Rohr viele Fahrer kommen und gehen sehen. Sein Liebling? Mehr als einer. Robert Kubica, Johnny Herbert, Nick Heidfeld, Kamui Kobayashi. «Kamui war der Hit», sagt Rohr mit leuchtenden Augen, «er war einer von uns, hat immer Grüezi und Danke gesagt. Und Johnny war natürlich ein Spassvogel sondergleichen. Weil wir wussten, dass er Schoggi liebt, haben wir ihn jeweils damit geködert. Wir haben ihm immer gesagt: Wenn du eine schnelle Runde hinlegst, kriegst du ein Stückchen davon.»

Wenn man Rohr zuhört, spürt man ein bisschen Wehmut raus. War früher alles besser? «Nein, das schon nicht, aber zu Beginn waren wir halt ein kleines Team mit einem unglaublichen Zusammenhalt, das trotz mehr Arbeit als heute für jeden Blödsinn zu haben war. Und als Schweizer Team hat es natürlich Spass gemacht, den englischen Teams in den Garten zu pinkeln und sie mit guten Resultaten zu ärgern.»

«Aufhören kann keiner»

Heute sei vieles anders. «Wenn ich jetzt in Hinwil durch die Fabrik laufe, kenne ich nicht mehr jeden.» Trotzdem liebt er auch nach über 26 Jahren noch seinen Job. Auch wenn er schon einige Male ans Aufhören gedacht hat. «Jeder von uns denkt mindestens einmal im Jahr: Das wars! Doch Aufhören kann kaum einer. Ich würde deshalb wieder alles gleich machen.»

Die Frage bleibt trotzdem: Wart hört Rohr denn tatsächlich auf? «Ich sage eigentlich immer: noch ein Jahr. Jetzt sage ich: noch zwei Jahre. Dann bin ich 60, möchte nach Asien auswandern und noch etwas abseits der Formel 1 erleben.»

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