Die guten und harten Jahre mit BMW
Die Wahrheit!

Mit dem Verkauf von Sauber an Investoren geht eine grosse Motorsportkarriere zu Ende. In einer vierteiligen Serie blicken wir zurück auf das Wirken eines Mannes, der den Schweizer Sport geprägt hat wie kaum einer zuvor. Heute letzter Teil: Die BMW-Jahre.
Publiziert: 26.07.2016 um 16:57 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 04:34 Uhr
Roger Benoit, Budapest

Es waren sportlich vier gute Jahre für Sauber, auch wenn es zwischen 2006 und 2009 hinter den Kulissen bei Sauber und BMW oft krachte.

Endlich hatte ein grosses Werk Hinwil als Standort und die tolle Truppe von Sauber entdeckt: BMW. Doch vom Start weg, der den Schweizern (wie jetzt) zumindest jeglichen finanziellen Druck nahm, machten die selbstherrlichen Deutschen klar, dass nur sie das Sagen haben.

Dies führte natürlich zu Problemen bei der Arbeit. So stritt man sich lange, wo das Getriebe hergestellt werden soll. Sauber war für seine zuverlässigen Getriebe bekannt. Aber eben, bald wurde dieses wichtige Teil in München hergestellt …

Sauber-Triumph: Am 8. Juni 2008 gewinnt Kubica den GP von Kanada. Der einzige F1-Sieg in der Geschichte des Sauber-Rennstalls.
Foto: Reuters
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Bei BMW thronte nur einer: Dr. Mario Theissen (63). Ein Chef, an dem jede Kritik abprallte, der seine Mitarbeiter täglich tanzen liess – und sogar einen Hausfotografen hatte! Nur der Erfolg zählte.

Peter Sauber musste oft die Faust im Sack machen. Aber er musste schweigen, leiden – denn die Rechnungen bezahlte der Partner, der das Auto auch BMW-Sauber nannte, obwohl der Motorenpartner eigentlich immer hinter dem Teamnamen steht.

Nix Herz und eine Seele: BMW-Theissen und Peter Sauber.
Foto: Keystone

Doch es ging dank BMW eben auch erstmals richtig vorwärts. Mit Heidfeld und Villeneuve hatte man zwei Podestfahrer, aber der exzentrische Kanadier (1997 Weltmeister) passte nicht mehr ins neue Team von BMW-Sauber. Nach dem GP Deutschland wurde er gefeuert. Mit Robert Kubica kam ein Pole, dessen unheimliches Talent später durch einen Rallye-Unfall (2010) gestoppt wurde.

Heidfeld und Kubica verstanden sich nie gut, weil der neue Mann aus dem Osten vom ersten Tag an klar schneller war als der weiter in Stäfa ZH wohnende Deutsche!

Das führte dann 2007, als BMW-Sauber mit 101 Punkten sensationeller WM-Zweiter hinter Ferrari (204) wurde und 2008 (WM-Dritter hinter Ferrari und McLaren-Mercedes) mehrmals zum Eklat.

Weil Heidfeld mit dem Auto dauernd Probleme hatte, wurde von BMW alles getan, um den Deutschen näher an Kubica heranzubringen.

Der Pole tobte: «So werden wir nie ein grosses Team!» Und so verpasste Kubica gegen den punktgleichen Ferrari-Star Räikkönen sogar das WM-Podest hinter Hamilton (McLaren) und Massa (Ferrari).

Sauber fehlte beim goldenen Tag

Beim Doppelsieg in Montreal 2008 liess dann Kubica alle Befehle eben Befehle sein – und schlug Heidfeld. Ein Doppelsieg, aber für das patriotische BMW-Team eben mit der falschen Zieleinfahrt!

Peter Sauber fehlte damals beim goldenen Tag in Kanada, weil er für BLICK gleichzeitig Botschafter an der Fussball-EM war.

2009 lief bei BMW-Sauber sportlich nicht mehr viel. Erste Zerfallserscheinungen traten auf ­ – und plötzlich verkündete BMW den Rücktritt. «Stillos», wie es der stinksaure und geschockte Peter Sauber noch vornehm ausdrückte.

Das Team aus Hinwil lag am Boden. Ein Startplatz für 2010 war lange nicht gesichert (weil der Platz einem Geisterteam aus den USA zugesprochen worden war!) – und die Finanzlage sah schlecht aus. Doch Sauber gab nicht auf, wollte das Team retten – und öffnete damit das grösste Loch im Hinwiler
Finanzsumpf.

Sauber durfte dann 2010 starten, aber aus juristischen Gründen weiter unter dem Namen BMW-Sauber – allerdings mit einem Ferrari-Motor im Heck!

Peter Sauber damals: «Vielleicht war es ein Fehler weiterzumachen!» Aber der Gentleman überschritt für seine treue Truppe die Schmerzgrenze, kaufte von BMW mit hohen Krediten sein Team zurück. Man spricht von 80 Millionen Franken!

Klar, dass der Schuldenberg immer grösser wurde. Die Rettung vor fünf Tagen war für Peter Sauber, der die letzten Jahre immer stiller wurde, die Erlösung. Die neuen Investoren übernahmen alle Finanz­lasten und kamen damit relativ «billig»zu einem Formel-1-Team. Der Applaus der Sauber-Fans in aller Welt ist ihnen sicher. Und auch die Gläubiger atmen endlich auf.

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