«Für Zug ist es nach 21 Jahren wieder an der Zeit»
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EVZ-Meister-Captain Rötheli:«Für Zug ist es nach 21 Jahren wieder an der Zeit»

Zugs Meister-Captain Rötheli rät Martschini
«Schlaf im Kino nicht ein, wenns der Präsi sieht»

André Rötheli (48) ist der Meister-Captain, der 1998 den bisher einzigen Meistertitel mit dem EV Zug gewonnen hat. Er sagt dem aktuellen Topskorer Lino Martschini (26), wie es damals war, was wichtig war – und was ihn erwartet.
Publiziert: 07.04.2019 um 14:47 Uhr
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Aktualisiert: 14.06.2023 um 23:59 Uhr
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Nicole VandenbrouckReporterin Eishockey

BLICK: Der EVZ ist im Final, welche Erinnerungen werden da bei Ihnen wach?
André Rötheli:
Es war eine unglaubliche Zeit vor 21 Jahren. Das fing bereits beim Präsidenten Fredy Egli an, der so viel Herzblut reingesteckt hat. Der war dermassen am Drücker. Man merkte Fredy an, jetzt will man unbedingt Meister werden. Im Halbfinal verloren wir das fünfte Spiel zuhause gegen Ambri 2:7, es stand 2:3 in der Serie. Am Tag danach schaute sich unsere Mannschaft in Luzern im Imax den Film «Everest» an, eine Idee von Präsident Egli. Und hier ein Tipp an Dich, Lino, falls ihr mal mit dem Rücken zur Wand steht: Nicht vor dem Präsidenten sitzen und einschlafen beim Film. Das kam nicht gut an.

Dass Ihnen ausgerechnet diese Erinnerung so geblieben ist?
Rötheli:
Ja, weil mich ein Teamkollege geschubst hat und sagte, «spinnst du, du kannst doch jetzt nicht einschlafen, der Präsi sitzt hinter Dir». Der ganze Lauf, wie wir durch diese Playoffs gekommen sind, war so emotional, so intensiv. Damals hat man auf diesen ersten Titel gebrannt. Und das spüre ich auch heute, dass es in Zug so ist.

Lino Martschini, haben Sie das damals mitbekommen?
Lino Martschini:
Nein, als Fünfjähriger habe ich noch nicht so viel mitbekommen. Erst Jahre später in Zug hörte ich immer wieder Geschichten über die Euphorie, die mit dem Titel ausgelöst worden ist.

André Rötheli (l.) der bisher einzige Zuger Meister-Captain und Lino Martschini, der aktuelle EVZ-Topskorer im Gespräch.
Foto: PIUS KOLLER
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Wann haben Sie realisiert, dass die Mannschaft 1998 Grossartiges geleistet hat? In Ihren Junioren-Jahren?
Martschini:
Genau, weil wir von jenen Spielern gesprochen haben, die den bisher einzigen Titel der Vereinsgeschichte geholt haben. Die Storys darüber haben wir gerne gehört. Und als kleine Jungs dann davon geträumt, eines Tages auch erleben zu dürfen, wie es ist, eine solche Euphorie und Freude auszulösen.

Spüren auch Sie in Zug den grossen Hunger nach diesem Titel?
Martschini:
Definitiv. Die Euphorie im und um das Stadion ist unglaublich. Man wird auf der Strasse angesprochen, spürt die Unterstützung, weit über die Stadtgrenzen hinaus. Der Klub hat viel investiert, dass die Organisation diesen nächsten Schritt machen und das nächste Kapitel der Klubgeschichte schreiben kann.
Rötheli: Das scheint auch möglich, weil diese Mannschaft schon seit ein paar Jahren auf den Titel hinarbeitet. Gewisse Komponenten haben sich verändert, verleihen Ruhe und den Glauben daran. Das Auftreten der Jungs auf dem Feld zeigt, dass die Mannschaft über dem eigenen Ego steht. Jeder weiss von jedem auf dem Eis, dass man gemeinsam für diesen Titel geht. Das macht ein Team brutal stark. Und ich kann nur sagen, es lohnt sich wirklich.

Inwiefern?
Rötheli:
Ich rede jetzt 21 Jahre nach dem Titel mit einem Spieler darüber, der damals fünf Jahre alt war. Und erzähle, was ich erlebt habe. Von meinen 19 Karriere-Jahren in der NLA habe ich so manches vergessen, aber die drei Titel mit Zug, Lugano und Bern haben mich geprägt. Diese Mannschaft ist nun auf dem besten Weg, Gleiches erleben zu können. Der Fokus stimmt und ich würde es den Zugern gönnen.
Martschini: Wir befinden uns in einem Prozess. Der neue Trainer-Staff hat uns die Gewinner-Mentalität eingeprägt, die es braucht, um Sieger zu sein. Mit dem Cup-Sieg haben wir einen ersten Schritt gemacht. Jeder Spieler muss seinen Teil zum Erfolg beitragen und bei sich selbst beginnen, sich zu verbessern und diese Gewinner-Mentalität wachsen zu lassen. Wir haben einen guten Weg eingeschlagen.

Dreifacher Meister Rötheli

Das erste Karriere-Highlight von André Rötheli (48) war der Aufstieg mit Olten in die NLA 1988. Der Teenager fasste in der höchsten Liga rasch Fuss, wurde 1991 nach Lugano geholt. Dort wird der Center beim zweiten Gastspiel 2003 zum zweiten Mal Meister. Schon 1998 hatte er als Captain die Zuger zu ihrem ersten und bisher einzigen Meistertitel geführt. Mit dem SCB holte der Solothurner 2004 dann zum dritten Mal den Pott. Sein Sohn Lucas (16) tritt bereits in seine Fussstapfen: Der Torhüter feierte vor wenigen Tagen mit den EVZ-Novizen den Titel. Der jüngere Sohn Marvin (14) spielt bei den Mini-Top.

Das erste Karriere-Highlight von André Rötheli (48) war der Aufstieg mit Olten in die NLA 1988. Der Teenager fasste in der höchsten Liga rasch Fuss, wurde 1991 nach Lugano geholt. Dort wird der Center beim zweiten Gastspiel 2003 zum zweiten Mal Meister. Schon 1998 hatte er als Captain die Zuger zu ihrem ersten und bisher einzigen Meistertitel geführt. Mit dem SCB holte der Solothurner 2004 dann zum dritten Mal den Pott. Sein Sohn Lucas (16) tritt bereits in seine Fussstapfen: Der Torhüter feierte vor wenigen Tagen mit den EVZ-Novizen den Titel. Der jüngere Sohn Marvin (14) spielt bei den Mini-Top.

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Was niemand nachempfinden kann, ausser man hat es erlebt, ist die besondere Chemie in einer Kabine. Wie ist sie bei euch?
Martschini: Ich bin seit sieben Jahren hier und wir hatten immer eine gute Chemie. Aber um einen Titel gewinnen zu können, braucht es 22 Leader. Solche, die mitreissen, und andere, die mitziehen. Das ist etwas Besonderes und das wollen wir erschaffen. Dafür musste sich auch im mentalen Bereich etwas ändern. Hin zum ausgeprägten Siegeswillen und weg davon, mit dem Durchschnitt zufrieden zu sein.
Rötheli: Der Groove in einer Kabine ist speziell. Das realisiert man aber erst so richtig, wenn man die Karriere beendet hat. Und davon ist Lino ja noch weit entfernt (lacht). Die Zusammenarbeit der Spieler ist so interessant und besonders, weil nie jeder mit jedem gerne in den Ausgang gehen würde. Jeder bringt seinen eigenen Charakter mit ein. Natürlich hat sich im Wandel mit Social Media das Verhalten verändert. Aber was ich meine ist, selbst wenn man nicht mit jedem Teamkollegen Essen gehen würde, weiss ich trotzdem ganz genau, dass ich mich auf dem Eis auf ihn verlassen kann. Das macht die Mannschaft stark. Es geht nicht um Persönliches oder Zwischenmenschliches, es dreht sich nur um den gemeinsamen Erfolg. Dafür legt man sich in Schüsse füreinander, selbst wenn es kopfvoran ist. Fürs Team, den Titel.

Und das sehen Sie in der aktuellen Mannschaft?
Rötheli:
Ja, genau diese Bereitschaft strahlt sie auch aus. Spieler wir Suri oder Lammer, die zu anderen Klubs wechseln, sind voll dabei, weil sie erkennen, dass sie Geschichte schreiben können. Diese Mannschaft ist voll im Sog und will den Titel holen. Das wird für Biel oder Bern eine grosse Challenge.

Spüren Sie dieses bedingungslose Vertrauen ineinander?
Martschini: Ja. Wenn 22 Menschen miteinander arbeiten, gibt es vielleicht manchmal Reibungen. Aber sobald der Puck eingeworfen ist, gibt es nur noch ein gemeinsames Ziel.

Wenn Sie von Lino hören, dass sich im mentalen Bereich etwas ändern musste, wie war das vor 21 Jahren? War Ihnen da auch schon bewusst, dass sich viel zwischen den Ohren abspielt?
Rötheli:
Da hat sich eine riesige Entwicklung stattgefunden. Als ich kürzlich aber ein Interview von Dir, Lino, gelesen habe, habe ich mich trotzdem darin wiedererkannt, als Du über Videostudium und Selbstgespräche geredet hast. Ich war 28, als ich meinen ersten Titel holte. Das benötigte auch Zeit, Erfahrung und die Erkenntnis, was ich selber brauche. Ich habe gleich gearbeitet, wie Lino das für sich beschrieben hat. Ich schaute mir gute Videosequenzen am Nachmittag vor dem Spiel an, habe für mich mental gewisse Dinge visualisiert. Das hat mir extrem geholfen. Automatismen sind wichtig. Wenn Lino die Scheibe hat, dann hämmert er drauf, ohne gross zu überlegen. Das macht einen guten Spieler aus.
Martschini: Genau deshalb wollte ich das Visualisieren diese Saison noch intensivieren. Um in jedem Einsatz genau zu wissen, was ich machen will und wie. Das wollte ich verbessern, um ein kompletterer und besserer Spieler zu werden. Es ist interessant, wie sich das Ganze entwickelt hat. Ich kann mir nicht mehr vorstellen, mental unvorbereitet in ein Spiel zu gehen. Ich kann mir auf dem Handy jeden einzelnen Einsatz von mir anschauen, das konntet ihr ja noch nicht. Darum frage ich mich natürlich manchmal, wie man sich damals auf Spiele eingestellt hat.
Rötheli: Es spielte noch eine gewisse Individualität der Spieler mit rein. Jeder hat für sich selber das gesucht, das für ihn am besten funktioniert hat. Heute sind einfach die Möglichkeiten umfassender, sei dies technisch oder mit der Ernährung. Aber auch heute noch pickt sich der Spieler das raus, was für ihn am besten ist. Und wenn Bill McDougall damals das Gefühl hatte, ein Whisky-Cola sei optimal am Abend vor dem Spiel, haben wir ihm alle gesagt, er soll noch einen zweiten trinken. Denn am Spieltag hat er wieder wichtige Tore geschossen. Natürlich liegt das heute nicht mehr drin, die Professionalität ist gestiegen, die Spieler sind anders drauf. Und anders aufgewachsen. Meine Söhne sind hier im EVZ schon ganz anders in diese Professionalität gewachsen.

Martschinis zweiter Final

Der Luzerner Lino Martschini (26) startete seine Eishockey-Laufbahn in der Nachwuchs-Abteilung des EV Zug, ehe er 2010 in die kanadische Junioren-Liga OHL zu den Peterborough Petes wechselte, wo er zwei Saisons spielte. Zurück beim EVZ sicherte sich der nur 1,68 Meter grosse Scharfschütze sofort einen Stammplatz in der NLA und wurde bald zum regelmässigen Torschützen (bisher 153 Treffer). Nun steht er zum zweiten Mal nach 2017 im Final. Mit 5 Toren und 8 Assists war er in den Playoffs bisher der beste EVZ-Skorer. Der Stürmer nahm bisher einmal (2016) an einer WM teil.

Der Luzerner Lino Martschini (26) startete seine Eishockey-Laufbahn in der Nachwuchs-Abteilung des EV Zug, ehe er 2010 in die kanadische Junioren-Liga OHL zu den Peterborough Petes wechselte, wo er zwei Saisons spielte. Zurück beim EVZ sicherte sich der nur 1,68 Meter grosse Scharfschütze sofort einen Stammplatz in der NLA und wurde bald zum regelmässigen Torschützen (bisher 153 Treffer). Nun steht er zum zweiten Mal nach 2017 im Final. Mit 5 Toren und 8 Assists war er in den Playoffs bisher der beste EVZ-Skorer. Der Stürmer nahm bisher einmal (2016) an einer WM teil.

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1998 hatten Sie 14 Partien in den Beinen vor dem Final, Sie haben den Einzug in 9 Spielen geschafft, spielt das eine Rolle?
Rötheli:
Ich kann jetzt nicht behaupten, dass wir den Energie-Level hochhalten konnten auf den Final hin. Da waren es auch nochmals sechs Spiele gegen Davos. Da war bald alles ausgeschöpft. Heute sind Ernährung und Erholung ein grosses Thema, die Spieler sind so gut kontrolliert, die Energie dürfte kein Thema sein. Aber klar, den Zugern kommt sicher entgegen, dass sie nicht jede Serie über sieben Spiele gehen mussten. Aber im Final werden Details entscheiden. Ob man da zwei oder drei Spiele mehr in den Beinen hat, ist nicht massgebend, wenn man den Pokal holen kann.
Martschini: Mit der Anzahl Spiele befassen wir uns nicht. Wir stellen uns auf eine harte Serie ein. Da gehts um den Pokal, egal, wieviele Spiele man in den Beinen hat. Die Energie ist vorhanden.

Was trauen Sie diesem EVZ zu?
Rötheli: Da müssen wir nicht lange diskutieren. Diese Mannschaft hat eine Riesenchance auf den Titel. Ohne Druck machen zu wollen, aber in diesem Flow, in dem sich das Team jetzt befindet, muss es seinen Weg einfach weitergehen. Die Mannschaft funktioniert.
Martschini: Da müssen wir wirklich nicht darum herum reden, wir sehen diese Riesenchance auch, die bereit liegt. Und wir wissen, wieviel wir investiert haben dafür.

Was erwartet jetzt die Spieler?
Rötheli: Einen Final zu spielen ist so genial, die ganze Hockey-Schweiz schaut auf diese Spiele. Die Euphorie wird riesig sein. Kann man sie mit dem Titel krönen, erwartet sie kurzfristig die unvergesslichen Titel-Feierlichkeiten mit dem Klamauk in der ganzen Stadt.

Und längerfristig?
Rötheli: Da kehrt man vielleicht nach der Karriere irgendwann mal in das Stadion zurück und sagt, «läck, hier habe ich damals den Titel geholt». Ein Meistertitel kann dir niemand mehr je wegnehmen. Der bleibt. Wenn ich Fotos oder Bilder von früher sehe, kommen immer Emotionen hoch. Die bleiben. Ein Meistertitel ist unvergesslich. Das höchste der Gefühle.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
1
3
3
2
SC Bern
SC Bern
1
2
3
2
ZSC Lions
ZSC Lions
1
2
3
4
EV Zug
EV Zug
1
1
3
4
Lausanne HC
Lausanne HC
1
1
3
6
HC Lugano
HC Lugano
2
1
3
7
EHC Kloten
EHC Kloten
1
1
2
7
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
1
1
2
9
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
1
-1
1
10
HC Davos
HC Davos
2
-3
1
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
1
-1
0
12
EHC Biel
EHC Biel
1
-2
0
12
SCL Tigers
SCL Tigers
1
-2
0
14
HC Ajoie
HC Ajoie
1
-3
0
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