Hockey-Legende Streit hilft dem SCB
«Nicht alles war kreuzfalsch»

Seit Mai ist Mark Streit Mitbesitzer des SCB. Nun greift er Coach Mario Kogler unter die Arme. Und steht auch in den Trainings auf dem Eis. Der 43-Jährige über seine neue Rolle, die Kritik an Sportchefin Schelling und die Erhöhung des Ausländer-Kontingents.
Publiziert: 13.12.2020 um 14:24 Uhr
Angelo Rocchinotti

BLICK: Mark Streit, bereuen Sie Ihr Engagement beim SC Bern schon?
Mark Streit: Nein, nein! Der SCB ist für mich eine Herzensangelegenheit und ein langfristiges Projekt.

Sie hätten sich zurücklehnen und sich um Ihre Familie kümmern können.
Die Familie hat schon Priorität. Ich geniesse es mit meinen beiden Kindern. Doch ich bin zu jung, um zu Hause zu sitzen und nichts zu tun. Mir ist es wichtig, dem Eishockey und den Jungen etwas zurückzugeben.

Sie sind im Mai gemeinsam mit Roman Josi als Aktionär eingestiegen, stehen nun mit den Profis auf dem Eis. Das dürfte kaum der Plan gewesen sein?
Nein, sicher nicht. Zuerst musste ich herausfinden, was mir Spass bereitet. Ich kam zum Schluss, dass ich mich im Nachwuchs einbringen und mit den Junioren aufs Eis gehen möchte. Das tue ich. Doch ich nehme auch an Verwaltungsrats- und Geschäftsleitungssitzungen teil, bin in der Sportkommission und will den Betrieb kennenlernen. Jetzt befinden wir uns in einer Notsituation. Deshalb bin ich nun präsenter.

Steht wieder auf dem Eis: NHL-Legende Mark Streit.
Foto: keystone-sda.ch
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Wurden Sie angefragt, oder brachten Sie sich selbst ins Spiel?
Es ging alles sehr schnell. Ich sagte, ich sei sehr gerne bereit, mitzuhelfen und Alex bei den Verteidigern zu unterstützen. Gleichzeitig sah ich mich aber nicht in der Rolle eines Trainers. Das bin ich nicht. Mir fehlt die Erfahrung. Zudem war ich 22 Jahre lang unterwegs. Es ist auch cool, mal sesshaft zu sein und eine gewisse Stabilität zu haben. Diese fehlt, sobald du dich fürs Trainerbusiness entscheidest.

Sind Sie während den Spielen mit Assistenztrainer Alex Chatelain verbunden?
Ja, ich sitze auf der Tribüne, versuche Tendenzen beim Gegner zu erkennen und schaue, in welchen Bereichen wir uns verbessern können. Die Inputs gebe ich dann entweder direkt im Spiel oder in der Pause weiter.

Ende Monat wollen Sie Ihre Situa­tion neu beurteilen.
Mein Engagement betrifft auch die Familie. Meine Frau Fabienne geht im Januar zurück an die Uni und macht den Master in Mediation. Für mich war es selbstverständlich, den Trainerstaff in der Anfangsphase zu unterstützen. Nun wird man das Ganze evaluieren müssen. Es stellt sich auch die Frage, wie Mario Kogler meine Rolle sieht.

Der Coach ist 33, hat kaum Erfahrungen im Profibereich. Kann das gut gehen?
Ich kenne Mario seit zwei Jahren und hatte von Beginn weg einen sehr positiven Eindruck. Das Alter ist nicht entscheidend. Mario verfügt, wenn auch nicht auf diesem Niveau, über viel Erfahrung. Er war in Schweden und in den USA, hat taktisch einiges drauf und bringt sehr viele soziale Fähigkeiten mit. Etwas, was in der heutigen Zeit und erst recht in der aktuellen sportlichen Situation enorm wichtig ist. Er stand hin und übernahm den Job. Das ist nicht selbstverständlich und sagt einiges über ihn aus.

Trotzdem hat Bern zwei der drei bisherigen Spielen verloren.
Wir befinden uns in einer Lage, in der man nicht einfach ein Pflaster anbringen kann und sich die Probleme dann auflösen. Einige Ansätze wurden bereits umgesetzt. Andere noch nicht. Es ist ein Prozess. Sicher schiessen wir zu wenig Tore. Mit nur einem oder zwei Treffer ist es schwierig. Wir spielen nur mit zwei Ausländern. Das ist ein Faktor. Doch das Potenzial in der Mannschaft ist vor­handen. Ein Erfolgserlebnis würde guttun.

Es hiess, wenn Gaëtan Haas in die NHL zurückkehre, komme ein zusätzlicher Ausländer. Wie sieht es nun aus?
Es ist sicher ein Thema, dass wir nun Unterstützung suchen.

Hielten Sie sich in den letzten Monaten eigentlich bewusst zurück? Oder weshalb haben Sie bei der Wahl von Trainer Don Nachbaur nicht interveniert?
Mir war es wichtig, in einer passiven Rolle einzusteigen. Ich muss das Unternehmen erst kennenlernen. Zudem lege ich Wert auf eine klare Rollenverteilung. Wenn jeder dem anderen reinredet, wird es schwierig. Ich stelle meine sportliche Kompetenz auf Stufe Verwaltungsrat, in der Sportkommission und in der Geschäftsleitung zur Verfügung. Es ist ein spezielles Jahr, wir sind finanziell eingeschränkt.

Auch der Geschäftsführer überschreitet seine Kompetenzen hin und wieder. Sie aber verfügen im sportlichen Bereich über das nötige Know-how.
Es ist nicht so, dass Marc Lüthi das Gefühl hat, der SCB sei eine One-Man-Show. Er ist der starke Mann, verfügt über die grösste Erfahrung und hat enorm viel geleistet. Gerade in der aktuellen Situation ist es wichtig, eine solche Person zu haben. Bei sportlichen Entscheidungen überlässt er uns den Puck. Aber natürlich muss er wissen, was läuft, und die Ideen kennen.

Waren Sie in den Trainerentscheid involviert?
Ja, aber nicht aktiv. Ich sehe es nicht als meine Rolle an, Abklärungen zu treffen. Entschieden wurde im Konsens der Geschäftsleitung. Es ist wie immer bei einem Trainer: Entweder es funktioniert oder es funktioniert nicht. Hinterher ist man immer schlauer. Doch es war auch nicht alles kreuzfalsch. Don Nachbaur setzte Junge ein, was zuvor kaum geschah. Er war Trainer in der WHL und kann mit Junioren arbeiten. Das war ein wichtiger Aspekt für uns und sprach für ihn.

Nun steht Sportchefin Florence Schelling in der Kritik. Wie beurteilen Sie ihre Rolle?
Es ist enorm schwierig, mitten in der Corona-Krise zu übernehmen. Gleichzeitig lernt man in solchen Phasen oft viel mehr. Die Verantwortung tragen wir alle. Es steht nicht eine Person alleine in der Schuld. Florence ist engagiert, hat gute Ideen und ist kommunikativ gut.

Sieht man mal von ihrem Interview bei MySports ab …
Es ist ein Unterschied, ob man als Spielerin oder als Sportchefin Interviews gibt. Daraus kann man lernen. Auch als Organisation.

Tauschen Sie sich eigentlich mit Roman Josi aus?
Im Moment nicht gross. Es ist schwierig mit der Zeitverschiebung. Ich bin zwischen sieben und acht Uhr morgens im Stadion und gehe abends auch mal schon um 22 Uhr ins Bett. Romans Vater ist im Verwaltungsrat aktiv. Zudem ist das Know-how, das man als Spieler reinbringen kann, zwar wertvoll, doch du bist an einem anderen Punkt, als wenn du in einem Klub tätig bist und auch den wirtschaftlichen Aspekt siehst.

Wie sehen Sie die Zukunft des SCB?
Wir stecken in einem Umbruch. Im Nachwuchs wurde bereits gute Arbeit geleistet. Künftig werden wir unser Augenmerk noch stärker auf die Juniorenförderung richten. Der Nachwuchs muss unser Steckenpferd sein. Wir müssen Junge ausbilden, sie in Rollen stecken, in denen sie sich weiterentwickeln können. Ob das in der Swiss League oder auch in der MySports League ist. Nicht alle schaffen gleich den Sprung in die höchste Liga.

Dann können Sie aber nicht wie Marc Lüthi für eine Erhöhung der Ausländerzahl auf zehn sein?
Das dringendste Instrument, um die Lohnkosten zu senken, ist sicher der Salary Cap. Zehn Ausländer sind viel. Doch einige Teams spielen bereits mit zehn. Mit den Lizenz-Schweizern wurde ein künstlicher Markt generiert, der für die Klubs nicht förderlich ist. Ich fände es gut, würden diese Spieler als Ausländer gelten. Zudem bin ich ein Freund von Konkurrenz.

Wie meinen Sie das?
Im Moment fehlt der Konkurrenzkampf. Es gibt nicht genügend Schweizer. Reicht es einem Spieler in einem Team nicht, wechselt er halt zum nächsten und dann zum übernächsten Klub. Irgendwann ist die Karriere dann vorbei. Das kann es nicht sein. Ich will auch Schweizer Spieler und in Bern Berner Jungs sehen. Es ist auch nicht das Ziel der Organisation, mit zehn Ausländern zu spielen. Wie ist es in Schweden? Dort ist alles offen. Ist das ein Problem?

Jonas Hiller, der Präsident der Spielervereinigung, sagt, in Schweden würden viele einheimische Trainer arbeiten. Diese würden ihre Landsleute bevorzugen.
Es gibt verschiedenen Meinungen. Oft hat man Angst vor Veränderungen. Nun aber braucht es Veränderungen. Denn es funktioniert nicht. Wie kommen wir weiter? Indem jeder einen Freipass hat? Müssen wir uns wirklich verstecken? Ist es nicht vielmehr eine Herausforderung? Ich stellte mich immer dem Konkurrenzkampf und bin damit gut gefahren.

Weshalb liessen Sie eigentlich Ihre Karriere nach zwölf Jahren in der NHL nicht in Bern ausklingen?
Ich habe immer gesagt, ich werde meine Karriere in der NHL beenden. Es gab dann allerdings noch Kontakt mit dem damaligen Sportchef Alex Chatelain. Es reizte mich enorm. Doch Bern war Meister. Ich 40. Hinzu kam das grössere Eisfeld. Ich hätte nur verlieren können und bin froh, so entschieden zu haben. Ich bereue nichts. Noch heute würde ich gerne spielen. Es gibt nichts Schöneres. Doch wenn es vorbei ist, muss man es akzeptieren und das Erlebte zu schätzen wissen.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
1
3
3
2
SC Bern
SC Bern
1
2
3
2
ZSC Lions
ZSC Lions
1
2
3
4
EV Zug
EV Zug
1
1
3
4
Lausanne HC
Lausanne HC
1
1
3
6
HC Lugano
HC Lugano
2
1
3
7
EHC Kloten
EHC Kloten
1
1
2
7
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
1
1
2
9
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
1
-1
1
10
HC Davos
HC Davos
2
-3
1
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
1
-1
0
12
EHC Biel
EHC Biel
1
-2
0
12
SCL Tigers
SCL Tigers
1
-2
0
14
HC Ajoie
HC Ajoie
1
-3
0
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