Anekdoten von SCB-Kult-Materialchef Kehrli
Warum Marc Lüthi einst eine Riesen-Sauerei verursachte

Immer wieder lehnte Frank «Fräne» Kehrli den Job als SCB-Materialchef ab. Jetzt ist er seit 18 Jahren im Amt. Und hat dabei schon vieles erlebt.
Publiziert: 25.10.2021 um 16:42 Uhr
Angelo Rocchinotti

Er schleift die Schlittschuhe, näht und wäscht die Leibchen, ist zur Stelle, wenn Spieler Probleme mit ihrem Roller haben oder zu Hause das Licht nicht mehr funktioniert. Den Ausländern hilft er sogar beim Umzug. Kein Wunder, gleicht Frank Kehrlis Reich in der Postfinance-Arena einem Museum. Auch wenn der Helm, den ihm NHL-Star John Tavares geschenkt hat, von einer Staubschicht überzogen ist.

Überall zieren Präsente mit Dankesbotschaften die Wände. Leonardo Genoni stieg sogar in der Meisternacht auf die Leiter, um seinen Stock anzubringen. Roman Josi, der als 16-Jähriger im Schwingduell mit Kehrli chancenlos blieb, kündigt auf einer Karte Revanche an. «Nie habe ich um etwas gebeten», sagt Kehrli, den alle nur «Fräne» nennen, stolz. Kaum zu glauben, dass der 59-jährige Materialchef mit Hockey lange nicht viel am Hut hatte.

Er hilft in der 4. Liga bei Uni Bern aus. Sonst aber spielt Kehrli während 25 Saisons Handball, schafft es bis in die 1. Liga. Nach einer Lehre zum Autolackierer arbeitet er 20 Jahre in einer Karosserie. Durch Freunde lernt Fräne erst Claudia, dann ihren Mann Sven Leuenberger kennen. Der Verteidiger und heutige ZSC-Sportchef erzählt ihm, dass Berns Materialchef in zwei Jahren pensioniert würde und versucht, Kehrli den Job schmackhaft zu machen. Doch Fräne lehnt ein Jahr lang ab. «An Wochenenden arbeiten? Das wollte ich nicht.»

Seit 18 Jahren schleift Fräne Kehrli die Schlittschuhe.
Foto: BENJAMIN SOLAND
1/7

Verheiratet, aber ohne Trauschein

Später lernt er Langnaus Sportchef Ueli Schwarz kennen. Auch die Emmentaler suchen einen Materialchef. Die Bedingung? Kehrli müsse nach Langnau ziehen. Wieder lehnt er ab. Als Leuenberger davon Wind bekommt, fordert er ihn auf, wenigstens einmal in Bern vorbeizuschauen. Kehrli stimmt zu. Kaum da, wars 2003 um ihn geschehen. «Ich war 41 und dachte, wenn ich noch einmal wechseln will, dann jetzt.»

Weil ihm der SCB zunächst nur eine 50-Prozent-Anstellung gibt, arbeitet Kehrli morgens noch im Ersatzteillager von Hauptsponsor Peugeot. «Ein hartes Jahr», sagt er. Doch auch heute kommt er in den Playoffs gut und gerne auf 70 Arbeitsstunden pro Woche. Nach Auswärtsspielen in Lugano kommt Fräne nicht vor halb drei Uhr nachts nach Hause, kehrt aber bereits vier Stunden später in die Arena zurück. «Man muss halt seriös leben», sagt er cool.

Kehrli ist Single. «Ich bin mit dem Hockey verheiratet, einfach ohne Trauschein», scherzt er. Und schwärmt von den Auslandsreisen, von Roger Federer und Wladimir Klitschko, die er treffen durfte, und von den sechs Meistertiteln. «Ein Sieg in einem siebten Finalspiel ist wie ein 13., 14. und 15. Monatslohn.»

Keine Freundschaften

13 Trainer hat Kehrli erlebt. Nur mit einem habe er sich nicht verstanden. Doch Fräne sagt: «Erstens war er nicht lange da. Und zweitens mache ich meinen Job nicht des Trainers wegen.» Er schwärmt vom Menschen Alpo Suhonen, von Larry Huras' Humor, erzählt, dass es beinahe zwei Jahre gedauert hätte, bis ihm Kari Jalonen vertraut habe. Doch selbst dann durfte ohne dessen Zustimmung nichts verändert werden.

Freundschaften will Kehrli keine aufbauen. «Lädt das Team zum Essen ein, gehört es sich, hinzugehen. Doch nie würde ich mich mit einem Spieler treffen. Ich möchte nicht Gefahr laufen, jemanden bevorzugt zu behandeln.» Einzig mit Martin Plüss – «er geht mit rund acht paar Schlittschuhen, die er pro Saison benötigte, in die Geschichte ein» – tauschte er sich regelmässig aus. «Plüss ging stets als Letzter. Er erklärte mir das Spiel. Ich habe keine Ahnung von Taktik.»

Doch in einem Test gegen Jekaterinburg bereitete Fräne gar ein Tor vor. «Marc Reicherts Stock brach. Die Russen setzten zum Gegenstoss an. Als ich Reichert einen neuen Stock in die Hand drückte, sah ich, dass wir wieder in Scheibenbesitz kamen, und befahl ihm, Richtung gegnerisches Tor zu laufen. Er wurde angespielt, konnte losziehen. Und traf.»

Lüthis Wutausbruch

In zwei Wochen wird Fräne 60. Noch immer geht er in seinem Job auf. «Unter Marc Lüthi würde ich sogar ohne Vertrag arbeiten», sagt Kehrli. «Wenn ich die Kommentare lese, staune ich. 80 Prozent scheinen ihn nicht zu kennen. Marc ist korrekt. In all den Jahren war er drei Mal in der Kabine und wurde laut.»

2016 traf der CEO in Biel in einem Wutanfall Reichert mit einem Kanister Isostar am Kopf. Die Flüssigkeit verteilte sich in den Taschen und auf den Kleidern. «Es gab eine Sauerei. Ja. Doch wo ist das Problem? Marc drückte mir einen Geldschein in die Hand und entschuldigte sich für den Mehraufwand. Hut ab, kann ich da nur sagen.»

In 18 Jahren habe sich einiges verändert. «Jetzt weiss ich, wie es meinen Eltern erging, als sie meine Musik hörten.» Er stehe auf AC/DC und Patent Ochsner. In Bern aber laufe Techno. Trotzdem sagt Kehrli: «Ich kann hier nicht altern. Die Jungs halten mich auf Trab.» Kürzertreten? Noch lange nicht.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
1
3
3
2
SC Bern
SC Bern
1
2
3
2
ZSC Lions
ZSC Lions
1
2
3
4
EV Zug
EV Zug
1
1
3
4
Lausanne HC
Lausanne HC
1
1
3
6
HC Lugano
HC Lugano
2
1
3
7
EHC Kloten
EHC Kloten
1
1
2
7
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
1
1
2
9
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
1
-1
1
10
HC Davos
HC Davos
2
-3
1
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
1
-1
0
12
EHC Biel
EHC Biel
1
-2
0
12
SCL Tigers
SCL Tigers
1
-2
0
14
HC Ajoie
HC Ajoie
1
-3
0
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?