Hereinspaziert in die neue Valascia
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Das Schmuckstück von Ambri:Hereinspaziert in die neue Valascia

Ambri bebt und lebt
Neuer Komfort für den alten Valascia-Geist

Annehmlich und funktional, aber ohne Glamour. Das neue Stadion Ambris ist die Valascia der Zukunft. Die Montanara gabs bei der Premiere als Supplement.
Publiziert: 12.09.2021 um 11:21 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2021 um 23:06 Uhr
Dino Kessler

Von der grossen Terrasse aus, die zum Haupteingang der neuen Arena führt, kann man die Valascia sehen. Wirft man einen Blick quer über den Flugplatz, erkennt man das braune gebogene Dach der alten Eishalle. Dort drüben schmiegt sie sich an den Berghang, in der Fallschneise der Lawinen, die vom Pizzo Massari runter und über die Valascia hätten donnern können, das aber nie taten.

Die Valascia steht dort drüben, und es gibt nur eine Valascia

Nun ist es also soweit: Die Valascia ist nur noch eine Hülle. Die neue Eishalle wird nicht «Die neue Valascia» heissen, sagt der Sportchef Paolo Duca bestimmt. «Die Valascia steht dort drüben, und es gibt nur eine Valascia». Das sagt der Mann, der als Eishockeyspieler genau da drin sozialisiert wurde. Dazu später mehr.

Duca ist mit dem Zollstock unterwegs

Zeit für rührselige Erinnerungen hat Duca an diesem Tag auf keinen Fall, er ist in der neuen Eishalle gefragt wie ein Bauleiter oder ein Polier (im Sack seiner Cargo-Hose steckt ein Zollstock). Ein paar Tage vor dem ersten Spiel ist hier noch Baustelle, unten, oben, draussen und drinnen, und das wird noch ein Weilchen so bleiben. Es sind Heerscharen von Arbeitern darum bemüht, das Stadion für den Saisonstart herzurichten. Das Eis blitzt, der Video-Würfel hängt, die Banden stehen. Der Rest folgt. Wann der Bau ganz fertig gestellt sein wird? «Vielleicht im November oder Dezember», sagt Duca.

Emotional: Die Fans verabschieden sich in der Valascia von der Südkurve.
Foto: PIUS KOLLER
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Gleich neben dem Haupteingang führt eine Tür zum Fanshop, der mit grünen Schalensitzen an den Wänden für Aufsehen sorgt. Die Sitze kommen aus der Valascia, nun werden sie als Gestelle für Fanartikel gebraucht. Schmucke Idee. Die roten Sitze der Haupttribüne werden bald (oder etwas später) an die Dauerkartenbesitzer übergeben, die Jahre damit verbrachten, diese Sitze mit ihrem Hintern auf Temperatur zu halten.

Man ist bemüht, etwas vom Geist der Valascia rüber ins neue Stadion zu retten. Einfach ist das nicht. Wie transportiert man die Seele einer Infrastruktur, falls es sowas überhaupt gibt? In Spurenelementen vielleicht, wie die grünen Sitze im Fanshop. Oder etwas vom Holz der Abtrennungen vor der ehemaligen Südkurve, das aufpoliert und nun im Loungebereich der neuen Garderobe als Theke der Küchenbar rezykliert wurde.

Loungebereich. Küche. Bar. Im Stadion von Ambri? Mit der neuen Arena beginnt hier ein neues Zeitalter. Die Garderobe bietet modernsten Komfort, inklusive Wellness-Bereich mit geräumigen Duschen und fix eingemauerten Eisbädern und einer Sauna und einem Fitnessraum, der auch ein Fitnesscenter sein könnte.

Montanara aus der Dose?

Und wo ist die Seele der Valascia gelieben? Die kommt mit, wenn die Menschen da sind. Die von der Südkurve genauso wie alle anderen. Die Südkurve steht jetzt zwar im Westen der Eishalle, aber sie bleibt die Südkurve. «Wenn du in eine neue Wohnung ziehst, legst du dir auch keinen neuen Namen zu», sagt Duca trocken. Und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Die Seele der Valascia – das waren und bleiben doch stets die Leute, die sie bevölkern. Oder kam die Montanara etwa aus der Dose?

Die Mannschaft, die Fans und Zuschauer, die Hartgekochten, sie bleiben Mannschaft und Fans und Zuschauer und Hartgekochte, auch hier, 600 Meter weiter drüben, auf dem ehemaligen Flugplatz. Einigen wird das moderne Stadion auf die Hirnrinde drücken, dann werden sie aus Vergesslichkeit die alten Zeiten hochleben lassen und anmerken, dass drüben alles besser war. Aber die Rampen der neuen Tribünen sind genauso so steil wie drüben und reichen auch bis nahe an die Eisfläche. Und die «Südkurve» ist längst ein stehender Begriff, der viel mehr ist als eine geografische Orientierungshilfe. Das neue Stadion wird den Klub nicht aus seiner Achse bugsieren, im Gegenteil. Das neue Stadion befördert die Region, den Klub und seine Fans in die Zukunft. Wie eine Zeitmaschine.

Etwas Wehmut darf natürlich sein (wenns denn sein muss), aber eine Portion Komfort ist selbst für Ambri kein Luxus mehr, sondern eine Grundvoraussetzung für das Gedeihen des Klubs. Der Kalauer mit der einen einsamen Toilette (es waren ein paar wenige mehr) der Valascia dringt beim Spaziergang durchs neue Stadion ins Bewusstsein. Oder die Erinnerung an die charmante, aber oft zu enge Buvette. Die neue Arena verfügt über grosszügige Verpflegungsstände. Toiletten? Alle Nase lang.

Einfach nur «Multifunktionsarena» – bis ein Namenssponsor gefunden ist

Gleich neben dem Haupteingang gibt es ein Restaurant, das einst sieben Tage in der Woche geöffnet sein wird. Ein Blick unters Dach (von der Südkurve aus, zum Beispiel) weckt Erinnerungen ans alte Stadion. Nicht etwa, weil sich hier wie drüben in der Valascia bei hoher Luftfeuchtigkeit ein eigenes Klima mit Regenwolken entwickeln würde (die sich manchmal auch entleerten), sondern weil auch für das neue Dach eine Bogenkonstruktion gewählt wurde. Über dem Haupteingang an der Ostseite ist durch die eingelassenen grosszügigen Fenster der Blick ins Freie möglich, nur der Wind pfeift nicht mehr durchs Gebäude, aber darauf werden (besonders bei Minusgraden) nicht nur die Spieler ohne Ansatz von Empörung verzichten.

Und dann ist er da, der Geist der Valascia. Transportiert von den Fans, die sich von der alten Pista verabschieden und dann eine Prozession starten. Rüber ins neue Stadion, das vorerst «Multifunktionsarena» heisst, bis ein Namenssponsor gefunden ist. Die Südkurve wackelt lange vor dem ersten Puckeinwurf gegen Fribourg im Vierteltakt, Gesänge werden angestimmt, der Stolz auf den Klub verschafft sich Luft. Ambri gewinnt das erste Spiel in der neuen Arena mit Schwung und Leidenschaft. Und weil es einfach so kommen musste.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
1
3
3
2
SC Bern
SC Bern
1
2
3
2
ZSC Lions
ZSC Lions
1
2
3
4
EV Zug
EV Zug
1
1
3
4
Lausanne HC
Lausanne HC
1
1
3
6
HC Lugano
HC Lugano
2
1
3
7
EHC Kloten
EHC Kloten
1
1
2
7
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
1
1
2
9
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
1
-1
1
10
HC Davos
HC Davos
2
-3
1
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
1
-1
0
12
EHC Biel
EHC Biel
1
-2
0
12
SCL Tigers
SCL Tigers
1
-2
0
14
HC Ajoie
HC Ajoie
1
-3
0
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