Sexueller Übergriff elf Jahre lang vertuscht
Missbrauchs-Skandal erschüttert die NHL

Lügen, Vertuschen, kollektives Versagen. Und dann noch mehr Lügen. Ein Untersuchungsbericht bringt jetzt Licht ins Dunkel um einen Missbrauchs-Skandal vor elf Jahren.
Publiziert: 29.10.2021 um 12:07 Uhr

Am 23. Mai 2010 treffen die Strippenzieher der Chicago Blackhawks eine verhängnisvolle Entscheidung: Der sportliche Erfolg ist wichtiger als die Wahrheit. Wie hoch der Preis dafür ist, spielt keine Rolle. An diesem Tag kehren die Strategen einen Fall von sexuellem Missbrauch unter den Teppich und gehen zur Tagesordnung über. Elf Jahre später erfahren sie, wie hoch der Preis dafür tatsächlich ist.

Die Bosse wussten alles und taten nichts

Was die Verantwortlichen damals wussten: Brad Aldrich, ein 27-jähriger Assistenz- und Video-Coach hatte den 20-jährigen Prospekt-Spieler Kyle Beach zu sexuellen Handlungen gezwungen und seine Machtposition ausgenutzt.

Was die Verantwortlichen damals taten: Nichts. Die Blackhawks stehen kurz vor dem Einzug in den Stanley-Cup-Final, negative Schlagzeilen kommen gerade ungelegen. Es wird entschieden, dass es nicht der richtige Zeitpunkt sei, um diesen Fall öffentlich zu machen. Ein paar Wochen später feiern die Blackhawks erstmals seit 1961 wieder einen Stanley-Cup-Triumph.

Joel Quenneville war zuletzt bei den Florida Panthers angestellt.
Foto: keystone-sda.ch
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Untersuchungsbericht bringt Licht ins Dunkel

Zehn Jahre nach diesem Erfolg werden die Verantwortlichen von der Vergangenheit eingeholt. Der Untersuchungsbericht der Anwaltskanzlei Jenner & Block erschüttert die NHL und die Organisation der Blackhawks gleichermassen. Der Report enthüllt auf 107 Seiten, wie die Verantwortlichen den Fall erst vertuschten und später versuchten, sich mit falschen Aussagen vor der Verantwortung zu drücken.

Jetzt rollen die Köpfe

Erstmal wurden die Sportstrategen in die Pflicht genommen: Stan Bowman, der General Manager des Klubs, schmeisst hin bevor er gefeuert wird. Genauso wie Coach Joel Quenneville (63) nach einem Treffen mit NHL-Präsident Gary Bettman. Quenneville, ein hochdekorierter Mann mit vier Stanley-Cups und 969 Siegen, war zuletzt bei den Florida Panthers angestellt.

Kyle Beach, der Profi, der damals von den Verantwortlichen des Klubs im Stich gelassen wurde, spielt aktuell in Österreich. Er beschrieb diese Woche in einer Video-Sequenz mit dem Portal «Sportsnet» in bewegenden Worten, wie sich der Klub und die Offiziellen während und nach dem Vorfall um die Verantwortung drückten. Der sportliche Erfolg war ihnen immer wichtiger als die Wahrheit. Bis jetzt.

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