Kommentar zur Nati-Leistung in Fribourg
Das Schweizer Eishockey auf dünnem Eis

Kein Sieg und überraschend wenig Zuschauer – die Nati kann in Fribourg keine Zeichen setzen. Sportlich ist sie ein Spiegelbild der National League.
Publiziert: 19.12.2022 um 08:27 Uhr
Dino Kessler

Wenn Gottéron in der Kantonalbank-Arena jeweils die Konkurrenz aus der National League empfängt, gilt die Regel: 9009 Zuschauer, Guichet fermé. Tritt die Nationalmannschaft im gleichen Stadion gegen Tschechien an, bleiben zwei Drittel der Sitze leer. Ist das nur Übersättigung? Die Attraktivität einer Veranstaltung definiert sich in der Regel über den Publikumszuspruch. Die Euro-Hockey-Tour kämpft also mit den gleichen Problemen wie die Champions Hockey League: Der Inhalt ist sportlich wertvoll und bietet Aufschlussreiches für Experten – als Veranstaltung für die breite Masse taugen diese Vergleiche aber nicht.

Keine Vision, jedes Jahr eine WM

Im globalen Eishockey fehlt eine Vision, der Fixstern der IIHF ist eine WM, die seit Jahrzehnten jeden Frühling stattfindet. Dieses Prinzip funktioniert allerdings auch nur noch, weil die NHL jeweils brav ihre Stars nach Europa schickt. Zwischen den Weltmeisterschaften fehlen diese Stars, und wenn sich Schweizer, Finnen, Schweden und Tschechen dann auch noch in quasi bedeutungslosen Turnieren messen, kommen eben fast keine Zuschauer. Warum sollten sie auch? Man sieht die gleichen Spieler wie in der nationalen Meisterschaft, Spieler notabene, die in unserer Meisterschaft in immer grösserer Anzahl den Unterschied ausmachen sollen. Und gegen diese Topspieler sollen die Schweizer dann in internationalen Vergleichen bestehen oder sie gar schlagen? Eine etwas absurde Vorstellung.

Ausverkauft – wenn Gottéron spielt

Im Gegensatz zum Gegner vom Sonntag, dem Weltmeister und Olympia-Sieger Finnland, kann sich die Schweiz nicht auf eine breit abgestützte Qualität verlassen. Von den Schweizer Stürmern sind international nur die allerbesten konkurrenzfähig, die Entwicklungsmöglichkeiten schwinden zudem unter dem wachsenden Einfluss der Ausländer in der National League. Bei den Torhütern akzentuiert sich dieses Problem noch, da werden die Startplätze für Schweizer immer weniger.

Dino Kessler, Eishockey-Chef der Blick-Gruppe.
Foto: Thomas Meier
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Claudio De Capitani/freshfocus
Goalie-Situation bereitet Ex-Star Hiller Sorgen

Gauthier Descloux, Connor Hughes und Ludovic Waeber bilden diese Woche das Goalie-Trio der Nati an den Swiss Ice Hockey Games in Fribourg. Gemeinsam bringen sie es gerade mal auf zwei Länderspiele! Descloux und Waeber auf je eines, Hughes noch auf keines. Hughes (Fribourg) und Waeber (ZSC Lions) sind zudem in ihren Klubs nur die Nummer 2.

Das aktuelle Goalie-Aufgebot der Nati zeigt auf, dass sich die Schweizer Goalie-Problematik verschärft. Unser langähriges Stamm-Duo Leonardo Genoni und Reto Berra (beide 35) befindet sich im Karrieren-Herbst. Es ist daher nötiger denn je, dass neben Sandro Aeschlimann (27), Joren van Pottelberghe (25) und Melvin Nyffeler (27) auch weitere Goalies an die Nati herangeführt werden. In einem für sie schwierigen Umfeld, mit derzeit fünf ausländischen Goalies in der National League.

Wie akut ist das Schweizer-Goalie-Problem wirklich? Blick fragte beim langjährigen NHL- und Nati-Goalie Jonas Hiller (40) nach, der zudem auch Präsident der Spielervereinigung Sihpu ist. Das aktuelle Goalie-Aufgebot von Nati-Trainer Patrick Fischer empfindet er als «smart», denn es sei wichtig, mehr Breite zu generieren: «Ich hoffe, sie können sich auszeichnen.»

Trotzdem macht sich Hiller Sorgen: «Das Gesamtsystem ist derzeit nicht ideal für die Schweizer Goalies. Sie erhalten viel weniger Chancen, sich beweisen zu können. Ein Goalie kann nur wachsen, wenn er auch aus Niederlagen lernen kann.» Er befürchtet, dass einige Klubs hinsichtlich der Playoffs noch mit zusätzlichen ausländischen Goalies nachlegen könnten und es so noch schwieriger für die Schweizer wird.

Immerhin: Einen Trumpf hat die Schweiz neuerdings mit Akira Schmid (22), der gerade mit New Jersey in der NHL richtig durchstartet. Hiller: «Das ist wichtig, nachdem es zuletzt mit Schweizer Goalies in der NHL lau war. Einst waren diese noch die Schweizer Aushängeschilder in der NHL.»

Claudio De Capitani/freshfocus

Gauthier Descloux, Connor Hughes und Ludovic Waeber bilden diese Woche das Goalie-Trio der Nati an den Swiss Ice Hockey Games in Fribourg. Gemeinsam bringen sie es gerade mal auf zwei Länderspiele! Descloux und Waeber auf je eines, Hughes noch auf keines. Hughes (Fribourg) und Waeber (ZSC Lions) sind zudem in ihren Klubs nur die Nummer 2.

Das aktuelle Goalie-Aufgebot der Nati zeigt auf, dass sich die Schweizer Goalie-Problematik verschärft. Unser langähriges Stamm-Duo Leonardo Genoni und Reto Berra (beide 35) befindet sich im Karrieren-Herbst. Es ist daher nötiger denn je, dass neben Sandro Aeschlimann (27), Joren van Pottelberghe (25) und Melvin Nyffeler (27) auch weitere Goalies an die Nati herangeführt werden. In einem für sie schwierigen Umfeld, mit derzeit fünf ausländischen Goalies in der National League.

Wie akut ist das Schweizer-Goalie-Problem wirklich? Blick fragte beim langjährigen NHL- und Nati-Goalie Jonas Hiller (40) nach, der zudem auch Präsident der Spielervereinigung Sihpu ist. Das aktuelle Goalie-Aufgebot von Nati-Trainer Patrick Fischer empfindet er als «smart», denn es sei wichtig, mehr Breite zu generieren: «Ich hoffe, sie können sich auszeichnen.»

Trotzdem macht sich Hiller Sorgen: «Das Gesamtsystem ist derzeit nicht ideal für die Schweizer Goalies. Sie erhalten viel weniger Chancen, sich beweisen zu können. Ein Goalie kann nur wachsen, wenn er auch aus Niederlagen lernen kann.» Er befürchtet, dass einige Klubs hinsichtlich der Playoffs noch mit zusätzlichen ausländischen Goalies nachlegen könnten und es so noch schwieriger für die Schweizer wird.

Immerhin: Einen Trumpf hat die Schweiz neuerdings mit Akira Schmid (22), der gerade mit New Jersey in der NHL richtig durchstartet. Hiller: «Das ist wichtig, nachdem es zuletzt mit Schweizer Goalies in der NHL lau war. Einst waren diese noch die Schweizer Aushängeschilder in der NHL.»

Sportlich ist die Nationalmannschaft ein Spiegelbild der National League: Den Takt geben die Ausländer vor. Ein hausgemachtes Problem, das die Qualität der Nationalmannschaft beeinflusst. Ein Problem ist das vorderhand nur für Nati-Coach Fischer, die Bosse der National League kümmern sich in erster Linie um das eigene Wohl. Vorderhand gibt ihnen der Zuspruch des Publikums noch recht: Wenn Lugano am Dienstag in Fribourg zu Gast ist, wird die FKB-Arena wohl wieder ausverkauft sein.

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