Top-Duo reagierte mit Boykott – Deshalb hätten sich Schweizerinnen angepasst
Kleiderregeln wieder gekippt nach Bikini-Eklat im Beachvolley

Heidrich/Vergé-Dépré und Hüberli/Betschart sind dankbar, in Doha ein hochkarätiges Turnier spielen zu können. Die Kleidervorschriften hätten sie respektiert. Doch der weltweite Wirbel hat dafür gesorgt, dass sie gekippt wurden!
Publiziert: 24.02.2021 um 01:51 Uhr
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Aktualisiert: 18.03.2021 um 19:09 Uhr
Nicole Vandenbrouck

Lange bevor überhaupt ein Spiel angepfiffen wird, sorgt das erste World-Tour-Event des Jahres in Doha weltweit für Schlagzeilen. Nachdem es die letzten sieben Jahre ausschliesslich ein Turnier für Männer war, dürfen nun erstmals auch Frauen-Duos antreten (ab 8. März). Der Weltverband FIVB hat sich in den letzten zwei Monaten stark dafür eingesetzt.

Weil die katarischen Behörden jedoch Kleidervorschriften erlassen haben und die Spielerinnen – trotz Temperaturen von bis zu 30 Grad – nicht wie gewohnt in ihren Bikinis auflaufen durften, boykottiert das deutsche Top-Duo Julia Sude (33) und Karla Borger (32) den Saison-Auftakt mit den Worten im «Spiegel»: «Wir wollen das nicht mittragen.»

Dabei hat die Spielergewerkschaft IVBPA, deren Mitgründerin die Bernerin Anouk Vergé-Dépré (29) ist, im Vorfeld extra eine Umfrage unter den Beache­rinnen gestartet. Das Resultat: Über 75 Prozent signalisierten ihre Bereitschaft, bedeckter zu spielen. «Der Weltverband kam deswegen auf uns Spielervertreter zu und bat uns um die Durchführung der Umfrage. Auf die positive Resonanz hin hat er dann seine Bemühungen um ein Frauen-Turnier intensiviert», erklärt Vergé-Dépré, die ergänzt: «Es ist zudem ein grosser Erfolg für die IVBPA, dass wir vom Weltverband in den Prozess integriert wurden.»

Am Indoor-Turnier Nations-Clash vor einem Monat spielten Karla Borger (l.) und Julia Sude mit langen Hosen, in Doha wollen die Deutschen dies nicht tun und boykottieren den Event.
Foto: imago images/Beautiful Sports
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Die Abwehrspielerin wird mit ihrer Blockerin Joana Heidrich (29) ebenso in Doha dabei sein wie Tanja Hüberli (28) und Nina Betschart (25). Sie alle hätten in T-Shirts und längeren Tights gespielt anstatt – wie bei solchen Temperaturen gewohnt – im Bikini. Gemäss Vorschrift sollten die Schultern bedeckt sein und die Hosen bis zu den Knien gehen. «Wir hätten entsprechende Kleidung dabei, die einen Hitzestau verhindern würden», so Hüberli.

Bikini-Verbot aufgehoben!

Beide Schweizer Top-Duos sind froh und dankbar, während der Pandemie und nur fünf Monate vor Olympia in Tokio ein grosses Turnier, das in einer «Bubble» stattfindet, bestreiten zu können. Zumal noch völlig offen ist, ob vor Olympia überhaupt noch ein international ähnlich hochstehendes Turnier durchgeführt wird! Und das letzte schon eineinhalb Jahre her ist. Darum ist es für die Schweizerinnen klar, dass man sich angepasst hätte. «Im Wissen, dass in diesem Land eine andere Kultur herrscht, fühlt man sich auf dem Feld auch wohler, wenn man sie respektiert», sagen Hüberli und Betschart.

Dass nun am Dienstagmorgen der Katarische Volleyballverband QVA die davor vom Weltverband und der Spielergewerkschaft bestätigten Kleider-Vorschriften dementiert, ist wohl den weltweiten Schlagzeilen geschuldet. Zunächst sind auf der Event-Homepage unter den wichtigen Informationen weiterhin Beispiele mit Minimallänge der Shirt-Ärmel sowie der Hosenbeine festgehalten.

Bis am Dienstag am späten Abend! Da vermeldet der Weltverband FIVB, dass man in Gesprächen mit dem Katarischen Verband entschieden hat, dass keinerlei Einschränkungen mehr bestehen für die Spielerinnen und es ihnen freisteht, im für sie gewohnten Bikini anzutreten.

Beachvolleyballerinnen Heidrich und Vergé-Dépré sahnen ab
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Das Team des Jahres:Beachvolleyballerinnen Heidrich und Vergé-Dépré sahnen ab

Früher Sexismus-Vorwürfe

Der Boykott von Borger/Sude hat dennoch auch einen faden Beigeschmack: Einst mussten sich Beachvolleyballerinnen häufig gerade wegen ihrer knappen Kleidung wehren, um nicht nur darauf reduziert zu werden.

Als 2004 vor Olympia in Athen eine Maximalbreite der Seite der Bikini-Hosen auf nur sieben Zentimeter festgelegt wurde, hagelte es Sexismus-Vorwürfe. 2012 änderte der Weltverband – auch aus Rücksicht auf religiöse Einschränkungen von Spielerinnen aus entsprechenden Ländern – die Kleidervorschriften wieder. Seither kann in Shorts oder bei kaltem Wetter auch mal in langen Leggins gespielt werden.

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