Graue Stars
Diese Ü40-Helden machen Jagd auf den Super Bowl

Der alte, weisse Mann hat noch nicht ausgedient: In den NFL-Playoffs (ab Samstag, 19 Uhr, DAZN live) ist mehr als die Hälfte der Quarterbacks über 32 Jahre alt. BLICK sagt, welcher von ihnen die besten Chancen hat, den Titel zu holen.
Publiziert: 09.01.2021 um 16:27 Uhr
Emanuel Gisi

Der Bart wird grau, die Geheimratsecken wachsen und auch der Wurfarm war schon stärker. Doch dieses Wochenende haben sie noch einmal den ganz grossen Auftritt: Die Oldie-Quarterbacks sind zum Start der NFL-Playoffs in der Überzahl. 8 der 14 Passer, die um den Einzug in den Super Bowl kämpfen, sind über 32 Jahre. In einer Sportart, die immer noch schneller und wuchtiger wird. Auf einer Position, auf der Athletik und Beweglichkeit immer noch wichtiger werden.

Brady ist der Älteste

Tom Brady (43) zum Beispiel. Der sechsfache Super-Bowl-Champ spielt neu für die Tampa Bay Buccaneers. Seither witzeln die sportverrückten Amis: Logisch, dass es einen Football-Frührentner ins Seniorenparadies Florida zieht. Doch Brady liefert in Tampa starke Leistungen ab, seine 40 Touchdown-Pässe in der Qualifikation sind neuer Rekord für einen Ü40-Quarterback. Einziger Haken: Brady, dessen gesunde Ernährung und optimale Vorbereitung mittlerweile Legendenstatus haben, geht normalerweise kurz nach 21 Uhr ins Bett, um ausreichend ausgeruht zu sein. Das Playoff-Duell gegen Washington beginnt aber erst um 20.15 Uhr – böse Zungen munkeln, dass das die Chance des Herausforderers aus der US-Hauptstadt sein könnte.

Smith hat ein Wunder-Comeback hinter sich

Bradys Herausforderer heisst in der Nacht auf Sonntag Alex Smith (36). Der Washington-Quarterback hat eine Wahnsinnsgeschichte hinter sich: Nach einer Horrorverletzung verlor er fast sein Leben, kämpfte danach gegen eine drohende Beinamputation. Nach 17 Operationen gab er diese Saison sein Comeback. Als krassem Aussenseiter droht Smith gegen Brady das frühe Playoff-Aus – und möglicherweise auch das Karriereende, obwohl er noch ein Jahr Vertrag hat.

Der Altstar wills nochmal wissen: Tom Brady (43) vor seinen ersten Playoffs mit Tampa Bay.
Foto: keystone-sda.ch
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Macht Brees Ende Saison Schluss?

Der zweitälteste in der Routinier-Runde ist Drew Brees (wird am 15. Januar 42). Einen Titel hat der New-Orleans-Passer schon geholt. Bei ihm wird noch lauter als bei Smith spekuliert, dass die aktuelle seine letzte Saison sein könnte. Brees' Wurfarm ist definitiv schwächer geworden in den letzten Jahren – aber sein Spielverständnis ist weiterhin unangefochten. Dank klugem Kopf und guter Abwehr sollten Brees und seine Saints Chicago und dessen Jungspund Mitch Trubisky (26) ohne allzu grosse Probleme bezwingen.

Neunfacher Vater – aber der Ring fehlt Rivers noch

Die Nummer 3 im Altersranking: Philip Rivers (39). Der langjährige San-Diego-Quarterback mit dem etwas unglücklichen Händchen für eine Interception (Fehlpass) im dümmsten entscheidenden Moment spielt neu für die Indianapolis Colts. Die Nummer 1 ist er in einer anderen Kategorie längst: Rivers hat neun Kinder und bereits erklärt, dass die Familienplanung noch nicht zwingend abgeschlossen sei. Buchmacher bieten die Wette an, ob Rivers zuerst zum zehnten Mal Papa werde oder vorher zurücktrete. Vorher hat er aber andere Pläne: Die Jagd auf den ersten Super-Bowl-Ring steht an. Eine heikle Aufgabe: Mit den Buffalo Bills stellt sich den Colts nicht nur die Nummer 2 der AFC in den Weg, sondern auch Josh Allen (24). Der Bills-Quarterback hat diese Saison einen riesigen Sprung gemacht und mit 37 Pass- und 8 Lauf-Touchdowns ein mächtiges Ausrufezeichen gesetzt in der Quali.

Macht Big Bens Arm noch mit?

Dann ist da noch Ben Roethlisberger (38). Mittlerweile stramm unterwegs in Richtung 40 und auch nicht mehr mit der Wurfstärke jüngerer Tage gesegnet, hat der zweifache Super-Bowl-Champ noch einmal eine starke Defensive im Rücken, die ihn und seine Pittsburgh Steelers weit tragen könnte. Gegen die Cleveland Browns dürfte er ein leichtes Spiel haben: Den Browns fehlt unter anderem der an Covid-19 erkrankte Cheftrainer Kevin Stefanski (38), der nicht nur zwei Monate jünger als Roethlisberger ist, sondern als Offensiv-Mastermind vor allem den zuletzt stagnierenden Cleveland-Passer Baker Mayfield (25) wieder auf Vordermann gebracht hat. Ebenfalls verletzt out bei den Browns: Olivier Vernon (30), Star-Verteidiger mit Schweizer Wurzeln.

Wilson und die Spektakel-Kiste

Schon fast als Jungspund geht da Russell Wilson (32) durch. Der Seattle-Quarterback begann die Saison mit spektakulären Spielzügen und Touchdowns in rauen Mengen, wurde dann aber durch konservativeres Playcalling von Headcoach Pete Carroll (69) eingebremst. Gut möglich, dass Wilson gegen die Los Angeles Rams von Jared Goff (26) wieder etwas tiefer in die Spektakel-Kiste greift, um mit seinen Seahawks der Favoritenrolle gerecht zu werden.

Tannehill will den MVP wieder ärgern

Den jüngsten Gegenspieler bekommt am Wochenende aber Spätzünder Ryan Tannehill (32). Mit seinen Tennessee Titans muss er gegen die Baltimore Ravens des letztjährigen MVPs Lamar Jackson (23) ran. Das macht Tannehill normalerweise nicht schlecht: Vor einem Jahr schmissen die Titans die Ravens sensationell mit 28:12 aus den Playoffs, diese Saison gabs ebenfalls einen Sieg für das Team aus Nashville. Jetzt sind die Ravens wieder Favorit – und sie wollen Revanche.

Rodgers stellt alle in den Schatten

Der Stärkste der Ü30-Quarterbacks ist aber Aaron Rodgers (37). Green Bays Superstar hat in dieser Saison gezeigt, dass er es immer noch mit allen aufstrebenden Ballwerfern aufnehmen kann. Seine 48 Touchdown-Pässe sind Saisonhöchstwert, er gilt als Favorit auf die Auszeichnung zum wertvollsten Spieler der Saison (MVP). Nahezu im Alleingang hat er Green Bay zum Mitfavoriten auf die Lombardi-Trophäe gemacht. Er hat die besten Chancen unter all den Routiniers, am 7. Februar den begehrten Pokal in die Höhe zu stemmen. Zur Belohnung für die beste Quali-Bilanz in der NFC gibts für ihn und seine Packers ein Freilos in Runde 1 – ebenso für Patrick Mahomes (25) und Kansas City.

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