Weil der Bundesrat Zugang zur Kurzarbeit erschwert
Gewerkschaften kritisieren Parmelin scharf

Es droht eine Zunahme an Kurzarbeit. Dennoch will der Bundesrat das vereinfachte Verfahren zur Abrechnung der Beiträge nicht verlängern.
Publiziert: 31.10.2021 um 10:55 Uhr
Simon Marti

Globale Lieferketten geraten ins Stocken, die Konjunktur trübt sich ein: Vergangene Woche warnte Bundespräsident und Wirtschaftsminister Guy Parmelin (61, SVP) im SonntagsBlick davor, dass Firmen 2022 wieder vermehrt auf Kurzarbeit zurückgreifen würden. «Nicht, weil keine Arbeit da ist, sondern weil Einzelteile oder Material fehlen, um Produkte fertigstellen zu können. Verschärft sich diese Krise in anderen Ländern, fällt das auf die Schweiz zurück.»

Das Instrument der Kurzarbeit hat seinen Nutzen in der Pandemie eindrücklich bewiesen. Statt bei fehlenden Aufträgen postwendend Jobs zu streichen, konnten viele Betriebe auf Bundesmittel zurückgreifen, um ihre Löhne auszuzahlen.

Avenir Suisse schätzt, dass so während der Pandemie gut 120'000 Stellen gerettet wurden. Dabei half, dass der Bundesrat bereits früh die Einführung eines vereinfachten Verfahrens beschloss: Firmen in Schieflage sollten Kurzarbeitsgelder einfacher abrechnen und damit möglichst unbürokratisch und rasch an die Hilfen gelangen können.

2022 könnten mehr Firmen auf Kurzarbeit zurückgreifen.
Foto: Keystone
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Travailsuisse regt sich auf

Doch trotz aller Warnungen des Bundespräsidenten ist mit dieser Erleichterung bald Schluss: Das vereinfachte Verfahren bleibt nur noch bis zum Jahresende in Kraft, entschied der Bundesrat.

Die Kritik der Gewerkschaften fällt scharf aus. «Es ist schlicht paradox, wenn Bundespräsident Guy Parmelin vor einer Zunahme an Kurzarbeit warnt, der Bundesrat wenige Tage später aber beschliesst, den Firmen den Zugang zu eben diesem Hilfsmittel zu erschweren», sagt Adrian Wüthrich (41), Präsident des Gewerkschaftsdachverbandes Travailsuisse.

Das vereinfachte Verfahren habe sich in der Krise bewährt, nun ohne Not darauf zu verzichten, sei «aus unserer Sicht fahrlässig».

Wirtschaftsdepartement weist Kritik zurück

Wüthrich räumt ein, dass beim Antrag auf Kurzarbeitsgelder auch betrogen worden sei. «Aber wegen einiger fehlbarer Betriebe auf ein erprobtes Instrument zu verzichten, ist der falsche Ansatz. Es geht um den Erhalt von Arbeitsplätzen.»

Das Wirtschaftsdepartement lässt die Kritik nicht gelten. «Unternehmen, die über das Jahresende hinaus Kurzarbeitsentschädigung beziehen, erhalten ausreichend Zeit, um sich auf die Umstellung vorzubereiten», heisst es dort. Aufgrund der breiten wirtschaftlichen Erholung sei dies für die Unternehmen zumutbar. Durch den markanten Rückgang an Anträgen und Abrechnungen hätten die Vollzugsstellen zudem ausreichend Ressourcen, um ordentlich gestellte Anträge fristgerecht verarbeiten zu können.

Bleibt zu hoffen, das sich das im kommenden Jahr nicht ändert.

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