Barry-Callebaut-CEO verspricht Schokoladen-Innovation
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Nur halb so viel Zucker:Barry-Callebaut-CEO verspricht Schokoladen-Innovation

Nur noch «cleane» Zutaten
Schoggi-Essen wird gesünder

Nur noch natürliche Zutaten: Corona, Gen Z und Zuckerregulationen machen Druck auf die Schokoladenbranche.
Publiziert: 30.10.2022 um 10:52 Uhr
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Aktualisiert: 31.10.2022 um 14:09 Uhr
Camille Kündig

Die Konsumenten von heute wollen ihre Produkte immer öfter ohne Fleisch, ohne Zucker, ohne Zusatzstoffe. «Heute ist ‹ohne› das bessere Verkaufsargument als ‹mit›», sagt Karin Frick (61), Trend- und Zukunftsforscherin am Gottlieb Duttweiler Institut. «Die Konsumenten suchen Authentizität und haben ein zunehmendes Bewusstsein für Gesundheitsprobleme – Covid hat dieses noch mehr verstärkt.»

Schokoladenindustrie muss umdenken

Zum Wandel trage zudem die Gen Z bei, so Frick: «Die unter 30-Jährigen sind die erste Generation, die mit Eltern gross geworden sind, die sich bewusst waren, wie wichtig die richtige Ernährung ist. Junge Konsumenten achten daher kompromisslos auf möglichst naturbelassene und gesunde Lebensmittel.»

Diese Entwicklung bringt die Schokoladenindustrie in die Bredouille – als Paradebeispiel für einen gesunden Lifestyle gilt sie nicht. Jetzt wird die Branche kreativ. Soeben analysierte der finnische Milchverarbeiter Valio mittels künstlicher Intelligenz in den sozialen Medien 1,5 Millionen öffentliche Diskussionen über Milchschokolade. Ergebnis: Die ultimative Schokolade von heute beinhalte 30 Prozent weniger Zucker und sei laktosefrei. Bereits im September heizte Nestlé das Rennen um vegane Schokolade an und lancierte europaweit ein Kitkat auf Reisbasis.

«Heute ist ‹ohne› das bessere Verkaufsargument als ‹mit›», sagt Karin Frick, Trend- und Zukunftsforscherin am Gottlieb Duttweiler Institut. Die Konsumenten wollen ihre Produkte immer öfters ohne Fleisch, ohne Zucker, ohne Zusatzstoffe – möglichst unberührt.
Foto: Sandra Blaser
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Schokolade aus zwei Zutaten

Diese Woche nun ging das Ringen um die Schoggi von morgen in die nächste Runde. Der Schokoladenriese Barry Callebaut mit Hauptsitz in Zürich stellte seinen neuen Coup vor: eine Schokolade aus nur zwei Zutaten. Die dunkle Variante enthält Kakao und Zucker, der Milchschokolade ist noch Milchpulver beigemischt. Die Schoggi kommt also ohne Emulgatoren wie etwa Lecithin und Aromen aus – und im Vergleich zu herkömmlicher Schokolade mit halb so viel Zucker.

«Unser Herstellungsprozess arbeitet erstmals dezidiert die besonderen Nuancen des Geschmacks jeder Kakaobohne heraus, dadurch brauchen wir keine zusätzlichen Zutaten», sagt der CEO von Barry Callebaut, Peter Boone (52), zu SonntagsBlick. Barry Callebaut ist in Supermärkten nicht zu finden. Aber in jedem vierten industriellen Schokoladeprodukt auf der Welt steckt Barry Callebaut. Die Firma beliefert Konzerne wie Nestlé oder Mondelēz. Ihre Schoggimasse umschliesst etwa die Magnum-Glacen.

Kunden müssen erst noch überzeugt werden

Lanciert die Firma eine «Schokolade der zweiten Generation», kann das den Markt aufrütteln. «Wir möchten die Bemühungen der Branche beschleunigen, auf den Wunsch der Konsumenten nach einem bewussteren Genuss einzugehen», sagt CEO Boone. Doch dafür muss er erst noch seine Kunden überzeugen, auf die puristische Zwei-Zutaten-Schokolade umzusteigen und ihre Rezepte, Verpackungen und Etiketten zu ändern.

Bis die Schoggi in den Regalen liegt, dürfte deshalb noch mindestens ein Jahr vergehen. Die Branche wird aber nicht umhinkommen, sich auf eine Art oder eine andere anzupassen. Laut dem UK-Forschungsinstitut Foresight Factory ist Schokolade, die auf bewussten Genuss setzt, zwischen 2016 und 2021 mit sechs Prozent deutlich stärker gewachsen als der Gesamtmarkt. Regierungen weltweit regulieren bereits den Konsum von Zucker, in einigen Westschweizer Kantonen wird über eine Zuckersteuer diskutiert. «Ausserdem schauen die jungen Konsumenten den Firmen heutzutage genau auf die Finger, sei es in Bezug auf Inhalt oder eine nachhaltige Herstellung der Produkte», sagt Trendforscherin Frick. «Ist etwas nicht in Ordnung, bedienen sie sich der sozialen Medien und lösen einen Shitstorm aus.»

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