Hier wird der Angeklagte ins Gericht geführt
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Clan-Prozess in Luzern:Hier wird der Angeklagte ins Gericht geführt

Zweiter Prozess-Tag um tödlichen Clan-Krieg
Verteidiger des Messerstechers gibt dem Opfer die Schuld

Am zweiten von vier Prozesstagen rund um den tödlichen Clan-Krieg an der Avia-Tankstelle in Geuensee LU schockiert die Verteidigung des Haupttäters mit der Forderung nach einem Freispruch für den Täter. Das Opfer Ardit N. (†20) sei selbst schuld am tödlichen Stich.
Publiziert: 16.11.2023 um 21:34 Uhr
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Aktualisiert: 16.11.2023 um 22:09 Uhr
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Beat MichelReporter

Der Monster-Prozess rund um den tödlichen Clan-Krieg von Geuensee LU ging am Donnerstag in die zweite Runde. Alle acht Angeklagten kamen wieder pünktlich mit einer Schar von Anwälten und Angehörigen in den grossen Saal des Kirchgemeindehauses in Hochdorf LU. Ebenfalls anwesend waren wieder ein gutes Dutzend Polizisten, damit sich die beiden Clans nicht erneut angreifen.

Am 25. September 2021 bekämpften sich zwei Gruppen bei der Avia-Tankstelle in Geuensee LU. Die eine Seite schlug mit Hammer und Schlagring auf die Köpfe der Gegner, die Gegenseite hatte Messer, Holzstock, grosse Steine und einen Wasserschlauch. Am Schluss starb der 20-jährige Ardit N.* aus Luzern, mehrere Männer waren verletzt, zum Teil lebensgefährlich. Gegen 13 Personen eröffnete die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung, acht müssen sich diese Woche vor dem Kriminalgericht verantworten.

Opfer soll selber schuld sein

Die Verteidigung des Mannes, der den tödlichen Messerstich versetzte, schockierte am zweiten Prozesstag mit der Forderung nach einem Freispruch. Der Anwalt des Syrers wiederholte die Aussagen seines Klienten, dass er sich nur verteidigt habe: «Ardit N. rannte auf meinen Klienten zu, obwohl der ein Messer hatte. Er boxte ihn in den Kopf. Mein Klient musste sich verteidigen. Es war Notwehr. Ardit N. ist durch grobes eigenes Verschulden gestorben», sagt der Verteidiger. Darum habe niemand der Angehörigen Anspruch auf Genugtuung. Nach der Aussage verlässt ein Verwandter des Opfers frustriert und laut schimpfend den Gerichtssaal. Der Verteidiger fordert zudem für den Syrer 159'000 Franken Entschädigung für die zwei Jahre Untersuchungshaft.

Der Hauptangeklagte wird von Polizisten zum Gerichtssaal begleitet. Wegen der schieren Masse an Angeklagten musste der Prozess in das Kirchgemeindehaus in Hochdorf LU verschoben werden.
Foto: Blick
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Der Staatsanwalt hingegen änderte seine Forderungen nach oben. Der hauptangeklagte Messermann soll für 14,5 Jahre hinter Gitter, und danach die Schweiz für 15 Jahre verlassen. Der 30-jährige Syrer, der mit einem Stock dem gegnerischen Clan-Chef den Schädel zertrümmert hat, soll für fünf Jahre hinter Gitter, mit einer Landesverweisung von 10 Jahren. Für das Oberhaupt des syrischen Clans acht Monate bedingt, für seine Frau eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen. Für die Angehörigen fordert die Opferanwältin 52'000 Franken pro Elternteil, für die Schwester 12'000 Franken. Am Freitag geht der Prozess mit den restlichen Plädoyers weiter.

* Name bekannt

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