Zürcherin verfiel einem Romance Scammer
Pro-Senectute-Mitarbeiterin klaut über 320'000 Franken von Betagten

In ihrem Liebeswahn überwies eine Zürcher Rentnerin all ihr Erspartes an einen Online-Betrüger. Als ihr das Geld ausging, machte sie sich an den Konten Betagter zu schaffen. Nun wurde sie verurteilt.
Publiziert: 07.09.2023 um 21:09 Uhr
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Aktualisiert: 09.09.2023 um 20:37 Uhr

Romance Scamming ist kein neues Phänomen. Und doch fallen immer wieder Menschen auf Online-Betrüger rein. Diese spielen die grosse Liebe vor, wollen aber nur eins: Geld. Dafür erzählen sie ihren Opfern teils absurde Geschichten. Nicht selten treiben die Betrüger ihre Opfer in den sozialen, psychologischen und finanziellen Abgrund. So auch der vermeintliche Amerikaner Robert Hudson.

Wie die Neue Zürcher Zeitung berichtet, kontaktierte er per Facebook eine Zürcher Rentnerin. «Er schenkte mir Zuneigung, ich war empfänglich dafür», sagt die 76-Jährige. Diese Zuneigung suchte sie bei ihrem Ehemann vergeblich. Er soll nach der Pensionierung ein Alkoholproblem entwickelt und sie «kaputtgemacht» haben. 

Also tauschte die Frau Bilder und Nachrichten mit dem Amerikaner aus. Typisch für Romance Scammer ist, dass sie sich zu Beginn liebevoll darstellen. Sie versprechen ihren Opfern die Welt und reden von der grossen Liebe. Manipulativ wickeln sie ihre Opfer um den Finger. Und dann verlangen sie Geld. 

Eine 76-Jährige Zürcherin dachte, sie habe online die grosse Liebe gefunden. Doch sie fiel einem Betrüger zum Opfer. (Symbolbild)
Foto: IMAGO/Zoonar
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Rentnerin besorgt sich das Geld illegal

So war es auch bei Hudson. Erst brauchte er 20'000 US-Dollar für die Uno, um eine Freilassung zu fordern. Dann brauchte er Geld für Anwälte. Und so ging es immer weiter. Die Zürcherin zahlte brav, bis ihr gesamtes Erspartes in Höhe von rund 60'000 Franken aufgebraucht war. Auch ihr Auto machte sie zu Geld. Doch Hudson brauchte immer mehr. Er versprach, das Geld zurückzuzahlen, sobald er von der Uno eine Abfindung in Höhe von 1,4 Millionen Franken erhalten würde. Von dem vermeintlichen Scheck schickte er der Rentnerin sogar ein Bild. 

Als der Frau schliesslich das Geld ausging, griff sie zu härteren Massnahmen. Seit ihrer Pensionierung war sie bei Pro Senectute als freiwillige Mitarbeiterin des Treuhanddienstes angestellt. Um Zahlungen zu erledigen, hatte sie die Vollmacht über die Bankkonten von Betagten. Darunter Blinde, Taube und Demente. In ihrem Liebeswahn bediente sie sich an deren Konten. Innert eines Jahres soll sie 323'771 Franken von fünf Opfern entwendet haben.

«Wie kann man nur so blöd sein?»

Als der Jahresabschluss nahte, wusste die Rentnerin, dass sie bald auffliegen würde. Aus Verzweiflung machte sie einen Ordner mit allen Informationen für die Polizei parat. Daneben legte sie ihr Handy, ihren Computer sowie Abschiedsbriefe. Dann beging sie einen Suizidversuch, bei dem ihr Mann sie rechtzeitig auffinden konnte. Seither ist sie in psychiatrischer Behandlung. 

«Ich dachte immer, ich bekomme ja das Geld wieder, ich kann es zurückgeben», erklärte sie schliesslich vor Gericht. Dort wurde sie zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 21 Monaten bei einer zweijährigen Probezeit verurteilt, wegen mehrfacher Veruntreuung. Zudem wurde den Opfern und Angehörigen verstorbener Opfer die Schadensumme zugesprochen.

Der Richter sprach von einem «krassen Vertrauensmissbrauch». Doch auch die Frau sei Opfer – selbst wenn sich laut dem Richter jeder fragt: «Wie kann man nur so blöd sein?». Für Aussenstehende – sowie inzwischen auch für die Frau selbst – sei das Geschehene unbegreiflich. (mrs)

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