Mädchen (6) musste das eigene Erbrochene essen
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Horror-Eltern von Zürich:Mädchen (6) musste das eigene Erbrochene essen

Prozess wegen Kindsmisshandlung // Staatsanwalt fordert 15 und 13 Jahre Knast
Die Horror-Eltern schieben sich gegenseitig die Schuld zu!

Eine Schweizerin und ihr Mann mit kosovarischen Wurzeln quälten ihre Kinder jahrelang. Am Mittwoch stehen die Eltern vor Gericht.
Publiziert: 12.08.2020 um 15:33 Uhr
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Aktualisiert: 12.08.2020 um 18:43 Uhr
Michael Sahli

Fünf Kinder aus Zürich wurde jahrelang gequält, vernachlässigt und sexuell missbraucht. Die Täter: Die eigenen Eltern! Am Mittwoch stand die Schweizerin* (48) und ihr Ex-Mann* (49) aus dem Kosovo vor Bezirksgericht Zürich. Die Vorwürfe sind massiv: Ein Kind wurde laut Anklage gezwungen, den eigenen Kot zu essen. Ein anderes wurde mit dem Gesicht in Erbrochenes gedrückt. Die beiden Eltern schoben sich vor dem Richter die Schuld gegenseitig in die Schuhe.

Laut Anklage begannen die beiden im Jahr 2003 zweien ihrer insgesamt sieben gemeinsamen Kinder kein Essen mehr zu geben. Im Alter von sechs und sieben sollen die Eltern dann begonnen haben, die beiden Kinder einzusperren. So lange, dass diese ihr Geschäft auf dem Boden verrichten mussten.

Vollgesogene Windel auf dem Kopf

Auch von sadistischen Bestrafungsmethoden ist in der Anklage die Rede: So sollen die Kinder mit Stöcken, Fäusten und einem Gürtel fast täglich verprügelt worden sein. Oder sie mussten mit einer vollgesogenen Windel auf dem Kopf stundenlang an der Wand stehen.

Am Mittwoch steht ein Paar, das die eigenen Kinder jahrelang gequält haben soll, vor dem Bezirksgericht Zürich.
Foto: Beat Michel
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Eine andere Tochter soll vom Vater über Jahre hinweg immer wieder sexuell missbraucht worden sein. Und: Einmal habe er seine Ehefrau bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt. Die Anklageschrift ist eine 22-seitige Aneinanderreihung von Quälereien. Erst 2018, als die Horror-Eltern verhaftet wurden, endete das Martyrium.

Vater und Mutter beschuldigen sich gegenseitig

Dass all diese Dinge tatsächlich passierten, wurde vor Gericht von keinem der mittlerweile geschiedenen Eheleute grundsätzlich bestritten. Aber: Mutter und Vater beschuldigten sich gegenseitig.

Mit Tränen in den Augen wehrte sich der Vater in einem Statement, das er schriftlich vorbereitet hatte: «Ich werde mir nie verzeihen, nicht bemerkt zu haben, was meine Frau den Kindern angetan hat. Ich könnte mir die Augen ausreissen, dass ich das nicht gesehen habe.» Er habe zu dieser Zeit aber von früh bis spät als Maler und Gipser gearbeitet, um die sieben Kinder durchzubringen. Deshalb habe er nicht bemerkt, was seine damalige Frau den Kindern antut. Sexuell habe er sich nie an seinen Kindern vergangen: «So einer bin ich nicht.»

Dass seine eigenen Kinder ihn bei der Polizei schwer belastet haben, ist für den Angeklagten das Werk seiner Ex. «Sie hat die Kinder manipuliert, das zu sagen.» Und: «Lassen Sie sich nicht blenden, nur weil ich der Mann bin.» Zugegeben hat er, den Opfern ab und zu «eins auf die Finger» gegeben zu haben.

Gewalttätige Ehe

Eine komplett andere Geschichte hat seine Exfrau erzählt. Sie beschrieb eine gewalttätige Ehe. «Er hat von Anfang an zugeschlagen», sagte sie über den Mitangeklagten. Bei einer Gelegenheit habe er sie so lange gewürgt, bis sie ohnmächtig wurde. «Aber ich war von ihm abhängig.» Es sei auch ihr Mann gewesen, der die Kinder eingesperrt und gequält hat. «Er wollte immer, dass ich das mache, aber ich habe mich geweigert. Dann hat er jeweils mich geschlagen.»

Warum eines der Kinder die eigene Mutter falsch belasten sollte, blieb offen. Die Erklärung der angeklagten Mutter: «Sie hat schon immer gelogen und Seich gemacht.»

Für die Staatsanwaltschaft sind beide Elternteile verantwortlich. Beide hätten zugeschlagen. Und beide hätten gewusst – und seien damit einverstanden gewesen – was der jeweils andere Partner den Kindern antut. Deshalb sitzen beide auf der Anklagebank, unter anderem wegen schwerer Körperverletzung und Freiheitsberaubung. Für den Vater fordert die Staatsanwältin eine Gefängnisstrafe von 15 Jahren. Die Mutter soll 13 Jahre hinter Gitter.

Wie es den Kindern – heute junge Erwachsene – geht, ist in der Anklageschrift angetönt: Die beiden, die am stärksten gequält wurden, seien heute auf eine Invalidenrente angewiesen. Ein Anwalt der Opfer sagte vor Gericht: Die Kinder seien zu «seelischen Krüppeln» gemacht worden.

Das Urteil folgt Anfang September.

*Namen bekannt

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