Zürcher Auktionshaus macht mit Bild Kasse
Auf 7000 Fr geschätzt, für 6,4 Mio verkauft

Obschon umstritten ist, ob es sich um einen echten Botticelli handelt, kauft ein internationaler Kunsthändler das Bild für einen Rekordpreis.
Publiziert: 01.07.2019 um 23:30 Uhr
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Aktualisiert: 01.04.2021 um 16:22 Uhr
Jonas Dreyfus

Ein holder Jüngling mit voluminöser Frisur und kantigen Lippen. In der rechten Hand hält er einen Zweig. Stammt das Gemälde von Renaissance-Maler Sandro Botticelli (1445–1510), dem Lieblingskünstler der einflussreichen italienischen Familiendynastie Medici? Seine Bilder kommen extrem selten auf den Markt.

Die Sache ist umstritten. Das Zürcher Auktionshaus Schuler, das die Versteigerung organisierte, hatte den Wert des Ölgemäldes auf gerade einmal 5000 bis 7000 Franken geschätzt. Doch als am 28. Juni der Hammer fiel, war das «Bildnis eines jungen Mannes» für 6,4 Millionen verkauft!

Es sei mit Abstand der höchste Zuschlag in der 35-jährigen Firmengeschichte, sagt man bei Schuler. Kurz vor Ende der Auktion, die über eine halbe Stunde dauerte, seien noch drei Bieter im Rennen gewesen. Als der Preis auf vier Millionen kletterte, durfte nur noch in Schritten von 200'000 Franken geboten werden. Am Ende blieb ein internationaler Kunstsammler übrig. Vermutlich gibt der Käufer mit allen Spesen und den Gebühren 7,5 Millionen Franken aus, von denen schätzungsweise eine Million ans Auktionshaus geht.

Für das «Bildnis eines jungen Mannes» gab ein anonymer Käufer bei einem Zürcher Auktionshaus 6,4 Millionen Franken aus.
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Das Risiko wird der Käuferschaft überlassen

Dabei hat Schuler gar nie bestätigt, wer das 53 mal 33,5 cm grosse Bild aus einer Privatsammlung wirklich angefertigt hat. Auktionshäuser wollen keine Risiken eingehen. Das überlassen sie lieber der Käuferschaft.

Schuler liess die Herkunft des Werks durch das Schweizerische Institut für Kunstwissenschaft (SIK) technisch untersuchen. Dieses liess sich nicht auf die Äste hinaus und bestätigte im Bericht einzig, dass es sich im Kern um ein spätmittelalterliches respektive frühneuzeitliches Tafelgemälde handelt.

Und weiter: «Die umfangreichen Manipulationen in massgeblichen Partien des Porträtierten und eine jüngere Restaurierung nach 1961 führten jedoch zu eklatanten Veränderungen, die die historische Authentizität fundamental stören.»

Kurz: Verschiedene Leute haben das Bild immer wieder übermalt, sodass nicht mehr sicher ist, wie viel vom Original sich noch darunter verbirgt.

Zumindest aus der Werkstatt von Botticelli?

Wer bezahlt unter diesen Umständen 1280-mal den Schätzpreis? Jemand, der hoffe, das ursprüngliche Bild unter den zahlreichen Übermalungen in gutem Zustand vorzufinden, sagt Klaus Lanker (57) aus St. Gallen.

Der renommierte Händler von Alten Meistern hat das Bild vor Ort ebenfalls untersucht. «Für mich handelt es sich klar um ein Bild aus der Werkstatt Botticellis.» Eine Ansicht, die andere Grössen der Branche teilen.

Lanker hat an der Auktion selbst mitgeboten. Der Betrag, bei dem er ausstieg, ist Geschäftsgeheimnis. «Dazu nur so viel: Ich habe an Auktionen bereits Zehntausende Bilder beobachtet, eine solche Preisexplosion aber noch nie erlebt. Ich halte das Risiko für viel zu hoch.»

Wenn der Käufer riesiges Glück habe, sagt Lanker, sei nach Abnahme der Übermalungen noch so viel vom Original übrig, dass man definitiv sagen kann, ob der grosse Meister es gemalt hat oder nur Mitarbeiter seiner Werkstatt. «Ob es dann 6,4 Millionen Franken wert ist, bleibt trotzdem unsicher.»

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