Wegen Quäl-Vorwürfen gegen Hof-Chef
Pferde-Lehrtochter (21) bekommt lebenslanges Stallverbot

Während ihrer Ausbildung zur Pferdefachfrau beobachtet Michelle Kindler (21), wie Tiere geschlagen und schlecht behandelt werden. Die angeblichen Missstände im Stall spricht sie an. Jetzt hat die 21-Jährige Hausverbot.
Publiziert: 04.02.2021 um 11:43 Uhr
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Aktualisiert: 07.04.2021 um 15:46 Uhr
Johannes Hillig

Seit sie denken kann, sitzt Michelle Kindler (21) aus Aesch bei Neftenbach ZH im Sattel. Der Hof, der Stall, die Pferde. Für die 21-Jährige nicht nur eine Leidenschaft, sondern eine Berufung. «Nach der Matura war für mich klar, dass ich Pferdefachfrau werden möchte», sagt die gebürtige Baslerin zu BLICK.

Die Ausbildung begann im August 2020 unter ihrem Stiefvater, dem 12 separate Boxen auf dem Gelände von Jonas T.* gehören. Das Pferde-Glück schien perfekt. Doch jetzt droht der Traum zu zerplatzen. Michelle Kindler hat Stall- und Anlageverbot. Lebenslänglich!

«Ich kann nur noch zu unseren eigenen Pferden im separaten Stall, darf diese jedoch nicht auf den Sandplätzen oder in der Reithalle reiten oder besuchen. Wie soll ich da meine Ausbildung weitermachen?», sagt die verzweifelte Lehrtochter zu BLICK. Dabei habe sie sich doch nur für die Tiere eingesetzt.

Michelle Kindler aus Aesch bei Neftenbach ZH ist seit ihrer Kindheit fasziniert von Pferden.
Foto: Zvg
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«Habe gesehen, wie Tiere ausgepeitscht wurden»

Während ihrer Ausbildung beobachtet die Lehrtochter immer wieder, dass Jonas T. offenbar sehr grob mit den Pferden umgeht, die er verkaufen will. «Ich habe gesehen, wie er die Tiere ausgepeitscht hat. Die Hiebe der Gerte waren bis in den Stallgang zu hören», erklärt Michelle Kindler.

Und nicht nur das: Mehrheitlich werde mit Schlaufzügel geritten – ein Zügel, der den Kopf des Pferdes nach unten statt nach hinten zieht. Und oft nicht gerade zimperlich. So käme es oft zur «Rollkur». Die Trainingsmethode ist höchst umstritten, viele sehen in ihr ein Folterinstrument für das Tier. Zudem hätte sie beobachtet, wie zwei junge Pferde in einer Box auf ihrem eigenen Mist stehen würden.

«Er war wütend und beschimpfte mich»

Die Pferde so leiden zu sehen, kann die junge Frau nicht ertragen. Sie stellt Jonas T. zu Rede. Ohne Erfolg. Und so wendet sich die Baslerin am 1. Februar an das Veterinäramt Zürich und erstattet Anzeige wegen Tierquälerei.

Michelle Kindler zu BLICK: «Kurz darauf stand er vor meiner Tür. Er war wütend und beschimpfte mich. Wegen mir könnte er den Hof verlieren. Und was ich mir dabei gedacht hätte. Dann erteilte mir sein Vater, der Eigentümer der Anlage, lebenslanges Stallverbot.» Ein Schock für Kindler.

Verdachtssituation wird fachlich beurteilt

Immerhin: Das Veterinäramt handelt schnell. «Am Montag wurde der Betrieb bereits kontrolliert. Mir wurde gesagt, dass es nicht die erste Anzeige gegen Herr T. ist», so die Pferde-Stiftin.

Zum konkreten Fall äussert sich das Veterinäramt Zürich auf Anfrage nicht. Nur so viel: «Ganz allgemein gehen wir beim Tierschutz so vor, dass wir eine Verdachtssituation fachlich beurteilen, gemäss dem Risiko einer Tierwohl-Missachtung die Detailabklärung zeitlich auch vor Ort durchführen und – sind die Mindestanforderungen gemäss Tierschutzgesetzgebung nicht erfüllt – Mangelbehebung verlangen», sagt die Kantonstierärztin Regula Vogel zu BLICK.

Anwalt von T. weist Anschuldigungen zurück

Jonas T. selbst äussert sich auf Anfrage von BLICK nicht zu den Vorwürfen. Dafür meldet sich David W. Frei, sein Anwalt. Alle Anschuldigungen seien haltlos. Er versichert, dass es den Tieren gut gehe. Zum Beweis schickt er einen aktuellen Befund einer Pferde-Klinik. Darin heisst es über eine Stute: «Die festgestellten Verletzungen sind oberflächliche Hautwunden. Bei der eingehenden Untersuchung konnte von mir kein Hinweis auf eine Misshandlung des Pferdes festgestellt werden.»

Sein Mandant werde nun rechtliche Schritte prüfen, um gegen Verleumdung vorzugehen. Fakt ist: Das Hausverbot wird nicht aufgehoben.

Wie es nun weitergeht mit der Ausbildung, weiss Michelle Kindler noch nicht. Klar ist nur: Sie gibt nicht auf. «Ich möchte einfach, dass die Tiere in diesem Stall gut behandelt werden.»

* Name geändert


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