VBZ-Kontrolleure und Prügel-Passagier wegen Schlägerei vor Gericht
Schwarzfahrer soll fast zwei Jahre ins Gefängnis

Im Sommer 2018 endete eine Ticketkontrolle in Zürich mit einer Gruppenschlägerei zwischen Kontrolleuren und einem Schwarzfahrer. Am Freitag standen drei VBZ-Leute und der Schwarzfahrer vor Gericht. Es drohen Haftstrafen!
Publiziert: 11.12.2020 um 21:42 Uhr
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Aktualisiert: 18.12.2020 um 20:37 Uhr
Michael Sahli

Eine eskalierte Ticketkontrolle der Zürcher Verkehrsbetriebe wurde am Freitag vor dem Bezirksgericht Zürich verhandelt. Auf der Anklagebank sassen Schwarzfahrer Samir* (23) und drei Kontrolleure, die ihn im Sommer 2018 grün und blau geprügelt haben sollen. Das 23-jährige «Opfer» ist aber alles andere als ein Unschuldslamm: Der Schwarzfahrer hat einem der Kontrolleure die Faust ins Gesicht geschlagen.

Der Schweiz-Ägypter geriet in Zürich-Wipkingen ohne Ticket in eine Kontrolle. «Ich fühlte mich von den Kontrolleuren schikaniert», erklärte Samir vor Gericht. Die Beleidigung «Scheiss-Kontrolleur» fiel, dann lief die Situation aus dem Ruder.

Trat er ins Gesicht des Schwarzfahrers?

Ein Kontrolleur (47) habe ihn geschubst, sagt Samir. Der Kontrolleur bestreitet das. Sicher ist: Der junge Mann schlug zu, traf den 47-jährigen VBZ-Mitarbeiter im Gesicht. «Ich habe heute noch Verdickungen an der Lippe», erklärte dieser.

Der damals 20-jährige Schwarzfahrer Samir* präsentierte ein paar Tage nach der Schlägerei im BLICK die teilweise schon verheilten Wunden, die er bei der Prügelei mit den VBZ-Kondukteuren erlitten hatte.
Foto: Anja Wurm
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Die anderen Kontrolleure packten den Schwarzfahrer, gehen mit ihm an der Busstation zu Boden. Er habe keine Luft bekommen, sagte Samir vor Gericht. Der getroffene Kontrolleur habe sich dann über ihn gestellt und gesagt: «Schau, was du getan hast.» Dann habe der VBZ-Mann den Schwarzfahrer mit Wucht ins Gesicht getreten. Zudem attackierte der Kontrolleur laut Anklage einen Passanten, der die wüsten Szenen filmte.

Vor dem Richter gaben sich alle Angeklagten als Opfer. Der Kick-Kontrolleur klagte: «Dieser Fall hat mein Leben schwieriger gemacht.» In seiner Erinnerung habe er den Schwarzfahrer zwar getreten, aber nur in den Arm. «Ich spürte nach dem Schlag mein Gesicht nicht mehr. Ich bin ein bisschen eitel, dachte, ich sei entstellt», so der VBZ-Mann. Alles sei voller Blut gewesen.

Schwarzfahrer soll hinter Gitter – unbedingt!

Der arbeitslose Schwarzfahrer hat schon einschlägige Vorstrafen gesammelt, muss sich auch für Ladendiebstahl und einen Streit mit Polizisten verantworten. «Das gehört zu meiner Vergangenheit», erklärte er und entschuldigte sich. Damals habe er Drogen genommen, heute sei er clean, mache in Ägypten eine Ausbildung zum Tauchlehrer.

Die Staatsanwältin nahm dem jungen Mann die Läuterung nicht ab. Wegen der Vorstrafen soll er ins Gefängnis: 21,5 Monate unbedingt! Dem Kick-Kontrolleur droht eine bedingte Haftstrafe von 20 Monaten wegen versuchter schwerer Körperverletzung. Die anderen zwei Kontrolleure haben den Schwarzfahrer nur am Boden festgehalten und sollen freigesprochen werden.

Ein Urteil ist noch nicht gefallen, die Verhandlung geht am 18. Dezember weiter.

*Name geändert

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