Sammler Thierry Garzotto (52) verrät sein Geheimnis
«Meine Trüffeln finde ich nahe am Friedhof»

Die meisten Sammler schweigen über ihre Fundorte für die gutschmeckenden Trüffel. Der Zürcher Thierry Garzotto (52) verrät immerhin: Er findet seine rund um Friedhöfe.
Publiziert: 21.09.2019 um 18:09 Uhr
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Aktualisiert: 23.09.2019 um 13:23 Uhr
Rachel Hämmerli

Zu Hause bei Thierry Garzotto ist der Stadtplan von Zürich ausgebreitet. Markierungen umkreisen den Friedhof Sihlfeld in Zürich. Es ist seine Schatzkarte: Bei jedem roten Kreuz schlummern schwarze Diamanten im Boden.

Jeder Trüffelsammler hat seine eigenen geheimen Plätze, um nach Trüffeln zu buddeln; Garzotto gräbt bevorzugt beim Friedhof Sihl­feld in Zürich-Wiedikon. Die begehrten Pilze wachsen auch in der Stadt, in Parks und häufig auf Friedhöfen. «Friedhöfe wurden auf lehmigen und kalkhaltigen Böden angelegt, auch die Kieselsteine spenden der Erde Kalk», sagt Garzotto. Im Umkreis vom Friedhof Sihlfeld sind viele Buchen und ­Eichen verpflanzt. Sie bilden mit dem Pilzgeflecht eine Symbiose; ohne Baum keine Trüffel.

Auch in der Stadt wachsen Trüffel

Garzotto ist Trüffelhändler, die schwarzen Knollen sucht er bei seinem Wohnort in der Stadt Zürich. Die Saison für Herbsttrüffel begann Anfang September – die Schatzsuche an diesem Tag beginnt auf dem Gehweg vor dem Friedhof Sihlfeld. Sein liebstes Bijou hat Garzotto schon mitgebracht – Trüffelhündin Emma (4), eine Lagotto-Romagnolo-Dame. Ohne die feine Nase von Emma landet keine Trüffel auf ­Garzottos Frühstücksrührei. Auch Schweine oder Ziegen wären geeignete Trüffelschnüffler, aber weniger geeignete Haustiere.

Thierry Garzotto (52) und seine Trüffelhündin Emma (4) jagen jede Woche gemeinsam nach Trüffeln.
Foto: Anja Wurm
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Das erste Kreuz auf dem Stadtplan führt zu einer Blutbuche; der Boden unter dem Baum sieht aus wie verbrannte Erde. «Die kahlen Stellen nennt man Brûlée – das ist ein Anhaltspunkt, um Trüffeln zu finden», erklärt Garzotto. Ein aufmunterndes «Wo ist das Trüffelchen?» von Thierry genügt, und Emma fegt mit der Nase den Boden. Keine Minute vergeht, und die Schnüfflerin markiert mit ihrer Pfote den Schatzplatz.

So findet man die kostbare Knolle

Hündin Emma weiss genau, wie weit sie buddeln darf, damit die Trüffeln heil bleiben. Ganz selten geht es mit ihr durch, und sie verschlingt einen, die Leckerli in Gazottos Jackensack verhindern das. Aber vor der Belohnung wird der Schatz ausgehoben. Er schlummert ungefähr fünf Zentimeter unter dem Boden. Garzotto gräbt mit dem Spaten ein kleines Loch an der markierten Stelle und zieht eine kinderfaustdicken Trüffel aus der Erde.

Garzotto nimmt den Pilz unter die Lupe wie ein Goldstück – «erste Klasse», sagt er. Eine gute Trüffel erkennt man daran, dass man sie auf den Boden werfen kann und sie aufspringt wie ein Gummiball, erklärt er. Er schneidet dem Pilz eine Ecke weg und es offenbart sich eine hirnähnliche Musterung. «Dunkel wie diese hier soll sie zu dieser Jahreszeit sein.»

Die Schweiz – das nächste Trüffelland?

In der Schweiz gibt es nur schwarze Trüffeln. Die wertvolleren weissen Alba- und die schwarzen Perigord-Trüffeln wachsen in Italien und Frankreich. Garzotto aber vermutet, dass auch in der Schweiz Perigord-Trüffeln wachsen. Er hofft, sie im Jura zu finden. «Dort suche ich zuerst die Friedhöfen ab.» Ihm gefällt der Gedanke, dass «wir zu Erde werden und da­raus feine Trüffeln wachsen».

An der Blutbuche beim Zürcher Sihlfeld-Friedhof findet Emma drei weitere Prachtstücke. Der Pilz ist auch für Stadttiere ein Leckerbissen; sie fressen ihn und verbreiten durch den Kot die Trüffelsporen.

Nach zwei Stunden endet die Schatzsuche. Die Beute ist mit 400 Gramm Trüffeln mager, normalerweise sammelt Garzotto ein Kilo. Das kann er dann für 1190 Franken verkaufen. Die 400 Gramm landen ratenweise auf den Rühreiern der ganzen Woche. Länger als sieben Tage sollte man sie auch nicht aufbewahren – sie trocknen aus und verlieren das Aroma. Für Nachschub ist gesorgt; die schwarzen Knollen wachsen innerhalb einer Woche nach und lassen dem Friedhof keine Ruhe.

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