Rund die Hälfte der Teilnehmer fliegt raus
So hart ist das Swiss-Casting für Flugbegleiterinnen

Die Swiss sucht ihre zukünftigen Flugbegleiter über Massen-Castings – Tränen, Verzweiflung, Erleichterung und harte Konkurrenz. BLICK war dabei.
Publiziert: 20.10.2018 um 01:22 Uhr
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Aktualisiert: 03.11.2018 um 01:06 Uhr
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Rund die Hälfte fliegt raus:So hart ist das Swiss-Casting für Flugbegleiterinnen
Helena Schmid

Die Hände von Sakda Sieumey (34) zittern, als sie die Schnallen ihrer silbrigen Sandalen öffnet. Die Sohlen hätten ihr zwei Zentimeter geschenkt. Schuhe weg, Rücken zur Wand – Sieumey beisst auf die Lippen. Das Messband hinter sich sieht sie nicht. Eine Swiss-Mitarbeiterin im gemusterten Kleid liest die Zahl ab: 1,57 Meter. «Tut mir leid, das reicht nicht», sagt sie. Der gebürtigen Thailänderin schiessen die Tränen in die Augen.

Nur ein Zentimeter trennt Sakda Sieumey von ihrem Traum. Seit Jahren arbeitet sie am Schalter im Flughafen Zürich, sieht jeden Tag, wie die Swiss-Stewardessen in schicken Uniformen an ihr vorbeistöckeln. «So wollte ich auch sein.» Sie spricht fünf Sprachen, Swiss-Flugbegleiterin wird sie trotzdem nie werden.

Gewicht, Piercings, Tattoos – Swiss will alles wissen

Denn wenn es um die Grösse geht, macht die Airline keine Kompromisse. Es ist ein Samstag, acht Uhr früh, am Hauptsitz der Swiss in Kloten ZH. Sieumey und ihre 39 Mitstreiter und Mitstreiterinnen unterziehen sich dem Optiktest, der ersten von vier Runden im heutigen Casting der Fluggesellschaft. Grösse, Gewicht, Tattoos und Piercings mussten sie auflisten. Im Zweifelsfall wird nachgemessen wie bei Sieumey.

Da lächelt sie noch: Sakda Sieumey (34) darf wegen ihrer Grösse nicht Flugbegleiterin werden.
Foto: Siggi Bucher
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Nach jeder Runde entscheidet das anwesende Swiss-Komitee, wer weiterkommt und wer gehen muss. Frédéric Waldvogel (36) hat den Optik-Check zwar bestanden, sollte er aber einen Job in der Luft haben wollen, muss er zuerst die Haare schneiden.

Männer dürfen keine langen Haare haben

Für männliche Flugbegleiter bei der Swiss gilt: Die Haare dürfen nicht über den Kragenrand reichen. Zusammenbinden gilt nicht. «Das entspricht nicht unserem Uniformreglement», erklärt der Leiter der Rekrutierungsabteilung, Fabrice Wisler.

«Schon ein bisschen sexistisch», findet Waldvogel. «Die Frauen dürfen das ja auch.» Die Mähne für den Job opfern? «Klar», sagt der Westschweizer und fügt an: «Aber schon mit einer Träne im Auge.»

Bei der zweiten Castingrunde geht es nicht mehr um Äusserlichkeiten. Auf Englisch müssen die Teilnehmer von ihren letzten Ferien erzählen. Es folgen Berichte aus Singapur, Bali oder Mexiko. Obwohl die meisten nicht älter als 20 sind, haben viele schon reichlich Flugmeilen hinter sich.

Bewerber müssen Crew spielen

Dann folgt ein Rollenspiel: Die Gruppe agiert als Crew, muss den Service für einen elfstündigen Flug von Zürich nach Rio de Janeiro planen.

In dieser Castingrunde fliegt rund die Hälfte der Teilnehmer raus. «Aufgrund der hohen Anzahl an Casting-Teilnehmern können wir nur denjenigen Kandidaten ein detailliertes Feedback geben, die es bis in die Endrunde schaffen», so Wisler. Heute sind es nur 13 Glückliche. Vor der Endrunde mussten sie noch einen schriftlichen Englischtest bestehen.

Kurz vor dem Ziel steigt die Nervosität. Laura Hantke (26) ist für das Casting extra aus Frankfurt angereist. Die Deutsche sagt: «Ich will diesen Job unbedingt.» Bei einer deutschen Airline möchte sie nicht arbeiten – diese seien nicht mit der Swiss vergleichbar. Die übrigen Kandidaten stimmen ihr zu.

Acht Kandidaten erhalten einen Vertrag

Die Auserwählten müssen sich jetzt noch einmal beweisen und die Jury einzeln von ihrer Jobmotivation überzeugen. 30 Minuten dauert das Kreuzverhör.

Um 14 Uhr ist das Casting beendet, die Überflieger stehen fest: Für acht Kandidaten wird sich der Traum erfüllen. Sie erhalten drei Tage nach dem Casting eine definitive Zusage. 

Laura Hantke gehört leider nicht dazu. Ihre Performance in der Endrunde genügte nicht ganz. In einem Jahr kann sie es nochmals probieren – bis dahin muss sie den Traum vom Fliegen für die Swiss vertagen.

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