Propaganda für Putin
Schweizer Verschwörer-Portal macht Millionen Klicks

Corona verschaffte wilden Verschwörungstheorien ordentlich Aufwind. Davon profitierte auch die Internetseite Uncutnews.ch. Inzwischen generiert die Seite Millionen von Klicks. Ihr Betreiber: Ein Mann aus Winterthur, der sich im Krieg auf Putins Seite stellt.
Publiziert: 31.03.2022 um 09:53 Uhr
|
Aktualisiert: 31.03.2022 um 17:29 Uhr

Die Inszenierung ist klar: Hier steht die ungeschönte Wahrheit. Angeblich das, was die Medien verschweigen würden. Uncutnews.ch gibt sich aufklärerisch.

Allerdings ist es das genaue Gegenteil. Die Internetseite ist ein Sammelsurium an kruden Verschwörungstheorien. Hier ist für jeden etwas dabei. Corona ist eine Erfindung, die Impfung gefährlich oder gar tödlich und die Medien lügen sowieso. Unter den Autoren befindet sich zum Beispiel der Schweizer Verschwörungstheoretiker Daniele Ganser (49).

Besonders mit Corona hat Uncutnews.ch ordentlich an Reichweite gewonnen. Seit 2018 haben sich die täglichen Besucherzahlen verfünffacht, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Das bedeutet in Zahlen etwa 3,2 bis 3,6 Millionen Besuche pro Tag. Das ist eine Menge. Zum Vergleich: Die «Aargauer Zeitung» hat um die drei Millionen Visits.

Die Schweizer Seite Uncutnews.ch verbreitet Verschwörungstheorien.
Foto: Screenshot
1/6

«Das ist Kremlpropaganda»

Jetzt hat sich das Portal auf den Ukraine-Krieg gestürzt und bezieht Stellung für den russischen Präsidenten Wladimir Putin (69). Der Kremlchef wird hierbei nicht als Kriegstreiber dargestellt, sondern als kluger Stratege.

Zudem verbreitet das Portal die russische Propaganda, wonach die Ukraine nukleare oder biologische Waffen entwickle. Mitte März hatte das russische Verteidigungsministerium behauptet, in der Ukraine gebe es ein Netzwerk von Bio-Laboren, die im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums arbeiteten. Auch diese Theorie greift Uncutnews.ch auf.

«Das ist Kremlpropaganda, und zwar ziemlich fadengerade», sagt Sozialwissenschaftler und Experte für Verschwörungstheorien Marco Kovic zum «Tages-Anzeiger».

Was dabei auffällt: Der Betreiber der Seite tritt kaum als Autor auf, er übernimmt vielmehr von anderen Seiten. Manchmal werden Inhalte einfach nur übersetzt, direkt kopiert oder etwas daran verändert. So kommen pro Tag etwa 20 bis 30 neue Artikel dazu.

Einfluss vom Portal nicht zu unterschätzen

Auch wenn die Seite in der Schweiz gemeldet ist, der Grossteil der Besuche stammt aus Deutschland. Und der Einfluss ist nicht zu unterschätzen. So wurde im Rahmen der Bundestagswahlen letztes Jahr vom Center für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas) untersucht, inwiefern Verschwörungstheorien die Wahlen beeinflusst haben. Dafür wurde auch untersucht, wie die kruden Ideen verbreitet werden.

Neben Telegram, Youtube und Twitter taucht auch Uncutnews.ch auf. Besonders mit coronaskeptischen Inhalten erzielte das Portal Reichweite. Nun wird das Gleiche mit dem Ukraine-Krieg versucht.

Kein Impressum, dafür Spendenaufruf

Hinter der Seite steckt ein Mann (59) aus Winterthur. Der ehemalige Chef einer Videothek lebt laut seinem Sohn aber nicht mehr in der Schweiz, sondern sei nach Thailand ausgewandert, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Zu seiner Verschwörer-Seite im Internet will sich der Betreiber nicht äussern.

Ein korrektes Impressum auf der Seite gibt es nicht. Dafür findet sich eine Erklärung. Darin heisst es: «Leider bekommen wir immer wieder Pakete mit bedrohlichem und widerlichem Inhalt. Auch unsere Nachbarschaft wurde immer wieder belästigt und ausgefragt, sodass wir gezwungen waren, den Standort zu wechseln und diesen nun auch geheim halten.» Gleichzeitig wird um Spenden gebeten. (jmh)


Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?