So wild wurde während dem Lockdown gefeiert
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Blick TV zeigt Parallelwelt:So wild wurde während dem Lockdown gefeiert

Im Lockdown florierten illegale Partys – zwei Raverinnen packen aus
«Feiern war wichtiger als Corona»

Während die Clubs monatelang geschlossen waren, feierte die Zürcher Partyszene im Untergrund. Blick begleitete zwei Raverinnen in eine Parallelwelt, in der Corona nicht existiert.
Publiziert: 26.06.2021 um 12:29 Uhr
Helena Schmid

Die blauen Scheinwerfer wandern über die Tanzfläche, über Gesichter ohne Masken. Aus den Boxen dröhnt Techno. Eng gedrängt werfen Partygänger die Arme in die Luft, tanzen zum Beat. Kim T.* (29) entdeckt auf ihrem Handy eine Nachricht: «Draussen sind die Bullen.»

Es ist eine Szene, die nicht hätte stattfinden dürfen: Seit letztem Oktober sind die Clubs im ganzen Land dicht. Ab diesem Samstag dürfen sie unter Auflagen wieder Gäste empfangen: Wer ein Impfzertifikat oder einen negativen Corona-Test vorweisen kann, darf wieder feiern. Die Partyszene erwacht wieder zum Leben. Zum ersten Mal nach acht Monaten. Dabei war sie nicht ganz weg!

Jedes Wochenende illegale Partys

Während des zweiten Lockdowns wurde munter weitergefeiert – im Untergrund. Immer wieder löste die Polizei illegale Veranstaltungen in privaten Räumen oder Clubs auf.

Während des Lockdowns fanden in Zürich immer wieder illegale Partys statt.
Foto: Helena Schmid
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Am 30. Mai stürmen Polizisten die Base an der Langstrasse, in der die Zürcherin Kim T. gerade tanzt. Wochenlang fanden dort regelmässig illegale Partys statt, wie Blick-Recherchen zeigen. Kim T. war mehrmals da. «Dass es illegal war, hat die Veranstaltung erst recht attraktiv gemacht», sagt sie.

Die Base hat keine Website, wirbt nicht in den sozialen Medien. Feiern werden in der Szene kurzfristig angekündigt. Der Eingang zum Club liegt versteckt in einem Hinterhof. Als Eintritt verlangt der Türsteher den Namen eines Gasts, der sich schon im Lokal befindet.

«Völlig verrückte Parallelwelt»

Zwei Türen im Erdgeschoss, eine Treppe ins Untergeschoss, dann eine weitere Tür. Dahinter Musik, Neonlichter, Ausgelassenheit. Getränke bezahlen die Gäste bar. Videos in den sozialen Netzwerken sind verboten. «Diese Parallelwelt erschien mir völlig verrückt», sagt Kim T. über ihre Club-Abende im Mai.

Zu dieser Zeit melden die Behörden täglich schweizweit über 1000 Neuinfektionen. Bars und Restaurants sind drinnen noch geschlossen. Privat dürfen sich nur 10 Leute treffen.

Auch Laura S.* (29) geht an eine illegale Party in der Base. Mit etwa 100 weiteren Gästen. Wie Kim T. hat sie über einen Kollegen davon erfahren. Vor einer Ansteckung habe sie sich nicht gefürchtet, sagt S. «Mir war das Feiern wichtiger als Corona.»

«Ideale Bedingungen für Superspreader-Event»

Mit dem Besuch im Club gingen die jungen Frauen ein hohes Risiko ein. Aerosol-Forscher Michael Riediker hat die Aufnahmen aus dem Innern der Clubs für Blick analysiert. Sein Fazit: «Das waren ideale Bedingungen für einen Superspreader-Event!»

Eine infizierte Person könnte bei der ungefähren Grösse des Raums die übrigen Gäste innert Minuten anstecken, so Riediker. Und die Leitung der Base traf keinerlei Vorkehrungen, um zu vermeiden, dass sich das Virus schlechter verbreiten kann: Es herrschte weder Masken- noch Testpflicht.

Angesprochen auf das Risiko, beteuert der Betreiber des Clubs, man habe eigentlich nur kleine Geburtstagspartys veranstalten wollen. Um während des Lockdowns zumindest ein bisschen was zu verdienen. Die Feiern hätten sich rasch herumgesprochen. Das Ganze sei «aus dem Ruder» gelaufen.

Betreiber kassierte Anzeige

An jenem 30. Mai, als Kim T. die SMS erhält, haben sich Dutzende Partyfreudige im Hinterhof beim Eingang zum Lokal versammelt. Die Menschenmasse fällt der Polizei auf. Kim T. erzählt: «Der Betreiber schlug Alarm. Einige Partygäste sind über den Vorderausgang an die Langstrasse abgehauen. Wir haben uns hingesetzt, geschwiegen und abgewartet.»

Die Polizei entdeckt Kim T. rasch. «Sie hat sich aber nicht sonderlich für uns interessiert. Wir konnten ohne Busse rauslaufen.» Die Stadtpolizei Zürich bestätigt Blick den Einsatz. Der Betreiber der Base sei verzeigt worden.

Trotzdem liefen die Partys weiter. Auch im Juni. Die Polizei konnte das Lokal nicht schliessen, das sei Sache des Kantons, heisst es auf Anfrage. Der Betreiber muss mit einer hohen Busse rechnen. Jetzt will er die Schutzmassnahmen der Behörden umsetzen – damit seine Gäste legal weiter tanzen können.

* Namen geändert

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