ETH-Forschern gelingt Coup
Neues Gel macht Alkohol im Körper unschädlich

Ist das die Lösung gegen Alkohol-Missbrauch? Forschende der ETH Zürich haben ein Gel an Mäusen getestet, das die negativen Folgen von Alkohol eindämmen soll. Die Ergebnisse sind vielversprechend.
Publiziert: 13.05.2024 um 19:14 Uhr
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Aktualisiert: 14.05.2024 um 08:06 Uhr
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SDASchweizerische Depeschenagentur

Ein neues Gel lässt Mäuse ohne Schäden Alkohol trinken. Das von Forschenden der ETH Zürich entwickelte Mittel baut Alkohol im Magen-Darm-Trakt ab, bevor es ins Blut gelangt, wie eine am Montag im Fachblatt «Nature Nanotechnology» veröffentlichten Studie zeigt.

In Zukunft soll das Gel auch bei Menschen die gesundheitsschädigende und berauschende Wirkung von Alkohol reduzieren, wie Studienleiter Raffaele Mezzenga von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETH Zürich) der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte. «Unsere Technologie könnte eine neuartige Lösung im Kampf gegen das weltweite Problem des Alkoholmissbrauchs bieten», sagte der Forscher.

Wenn Alkohol konsumiert wird, gelangt er in den Magen und den Darm, wo er in den Blutkreislauf aufgenommen wird und dann zur Leber transportiert wird. Dort wird der grösste Teil des Alkohols abgebaut. Die Leber enthält Enzyme, die Alkohol in verschiedene Substanzen umwandeln, insbesondere in sogenanntes Acetaldehyd und dann weiter in Essigsäure. Dieses Zwischenprodukt ist giftig und zerstört die Leber.

Feiernde leiden künftig vielleicht nicht mehr unter einem Kater.
Foto: Getty Images
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Können Todesfälle verringert werden?

«Das Gel wandelt Alkohol in Essigsäure um, ohne Acetaldehyd zu produzieren», erklärte Mezzenga. Wird es also vor oder während dem Alkoholkonsum eingenommen, wandelt es dieses um, bevor es in den Blutkreislauf gelangt. «Wenn der Alkohol jedoch bereits im Blut ist, ist es zu spät», so der Wissenschaftler.

Die Forschenden sehen verschiedene Anwendungsbereiche für das Gel. Interessant ist es laut Mezzenga etwa für Menschen, die nicht auf Alkohol verzichten wollen, ihren Körper aber nicht belasten möchten und auch nicht an der berauschenden Wirkung des Alkohols interessiert sind. So könnte man damit beispielsweise ein paar Gläser Alkohol trinken und trotzdem sicher mit dem Auto nach Hause fahren.

«Wir haben in Tierversuchen nachgewiesen, dass die Verwendung unseres Gels in Kombination mit Alkohol Mäusen ein Verhalten verleiht, das dem von nüchternen Mäusen ähnelt: Sie sind wacher und aufmerksamer», sagte Mezzenga. «Wir erwarten daher auch, dass das Gel positive Auswirkungen auf die Linderung von Katererscheinungen hat.» Vor allem soll das Gel aber dabei helfen, die mit Alkohol in Verbindung stehenden Todesfälle zu minimieren. «Es soll keinesfalls zu erhöhtem Alkoholkonsum anregen», stellte Mezzenga klar. Es wird geschätzt, dass übermässiger Alkoholkonsum jedes Jahr mehr als 3 Millionen Menschen tötet.

Weniger Leberschäden

«Wir haben eindeutige Beweise dafür, dass unsere Technologie die negativen Auswirkungen von Alkohol in allen Organen wie Leber, Darm usw. verringert», sagte Mezzenga. Denn neben einem niedrigeren Blutalkoholspiegel wiesen die Mäuse, denen während zehn Tagen regelmässig Alkohol verabreicht wurde, dank des Gels auch einen geringeren Gewichtsverlust, weniger Leberschäden und bessere Blutwerte auf. Auch andere Organe wie Milz oder Darm sowie das Gewebe der Mäuse wiesen deutlich weniger alkoholbedingte Schäden.

Das Gel besteht aus einem Molkenprotein, das bei der Käseherstellung als Nebenprodukt anfällt. Dieses wurde mehrere Stunden gekocht, sodass sich daraus lange, dünne Fasern bildeten, wie die ETH in einer Mitteilung zur Studie erklärte. Fügt man anschliessend Salz und Wasser als Lösungsmittel hinzu, vernetzen sich die Fasern zu einem Gel.

Klinische Studien geplant

Daraufhin statteten die Forschenden das Gel mit Eisen, Glukose und Gold aus. So wird eine mehrstufige Kaskade von Reaktionen ausgelöst, die am Ende Alkohol in Essigsäure verwandelt.

Bevor es für Menschen zugelassen wird, sind aber noch einige klinische Tests notwendig. «Wir planen, bald klinische Studien durchzuführen», sagte Mezzenga. Ein Patent haben die Forschenden für ihr neues Gel aber bereits beantragt.

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